Seit einem halben Jahrhundert prägen innovative Lernansätze, eine starke Forschungsorientierung und ein ganzheitlicher Bildungsanspruch die Laborschule und das Oberstufen-Kolleg in Bielefeld. Am 9. September 1974 wurden sie als Versuchsschulen des Landes Nordrhein-Westfalen eröffnet. Konzeptionell werden sie von den Wissenschaftlichen Einrichtungen Laborschule und Oberstufen-Kolleg der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld begleitet. Unter dem Motto „50 Jahre neues Lernen“ wird das Jubiläum mit einer Festwoche vom 9. bis 14. September gefeiert – mit Angeboten auf dem Schulgelände und an verschiedenen Orten in der Stadt. Höhepunkt ist ein Open-Air-Konzert mit anschließender Party.
Höhepunkt ist ein Open-Air-Konzert mit anschließender Party. „Die Universität Bielefeld blickt stolz auf 50 Jahre Pionierarbeit in der Schulentwicklung zurück“, sagt Rektorin Professorin Dr. Angelika Epple. „Die Laborschule und das Oberstufen-Kolleg machen vor, wie sich Forschung und Schulpraxis gegenseitig bereichern können.“ Seit ihrer Gründung erproben und verwirklichen beide Schulen neue Bildungsideen und inspirieren damit Lehrkräfte in ganz Deutschland und darüber hinaus.
© Universität Bielefeld/Mike-Dennis Müller
Rainer Devantié, Leiter der Laborschule Bielefeld, betont die Bedeutung der individuellen Förderung: „In unserer Schule sind Lehrkräfte nicht nur Lehrende, sondern auch Forschende. Diese Doppelrolle erlaubt es uns, Unterrichtskonzepte ständig zu hinterfragen und anzupassen, um unsere Schüler*innen bestmöglich zu unterstützen. Insbesondere die Primusschulen, aber auch einige Regelschulen haben sich unseren Ansatz, Lehrkräfte in die Schulentwicklung einzubeziehen, zum Vorbild genommen und gezeigt, dass Schulen von diesem Ansatz profitieren können.“ Auch das Oberstufen-Kolleg (OS) setzt auf innovative Schulentwicklung und Lehr-Lern-Methoden.
Dr. Lutz van Spankeren, der das OS leitet, sagt: „Wir fördern forschendes Lernen als zentrales Prinzip und legen großen Wert auf die Verbindung von Theorie und Praxis. Außerdem haben wir Bedingungen geschaffen, die es unseren Schüler*innen ermöglichen, aktiv an Forschungsprojekten teilzunehmen. So bereiten wir sie umfassend auf die Anforderungen eines Studiums vor.“ Professorin Dr. Annette Textor, Leiterin der Wissenschaftlichen Einrichtung Laborschule, verweist auf die langjährige Praxis der Inklusion, die an der Schule gelebt wird: „Die Laborschule Bielefeld zeigt seit 50 Jahren, wie inklusive Bildung und Demokratie-Förderung gelingen können. Die intensive Kooperation von Lehrkräften und Wissenschaftler*innen in gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten sichert, dass sie eine zeitgemäße ,Schule für alle‘ bleibt, in der Kinder und Jugendliche zu mündigen Bürger*innen heranwachsen können.“
„Unsere Versuchsschulen sollen Labore für die notwendige Transformation des Bildungssystems sein“, sagt Professor Dr. Martin Heinrich, Leiter der Wissenschaftlichen Einrichtung Oberstufen-Kolleg. „Der Rückblick zeigt: Vieles, was wir entgegen schulischer Alltagspraxis erprobt haben – wie Projektarbeit und fächerübergreifender Unterricht – ist inzwischen Standard. Und der Blick in Richtung Zukunft zeigt, dass Wissenschaftspropädeutik, die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichem Arbeiten, auch über die Einbindung in Forschungsprojekte, die Reflexionsfähigkeit der Schüler*innen fördern kann – und das ist zentral für ein selbstbestimmtes Leben in unserer sich transformierenden Gesellschaft.“
Gemeinsamer Festakt der beiden Versuchsschulen
Die Festwoche startet am Montag, 9. September 2024, mit einer Bildungsmeile von 13 bis 15 Uhr, auf der Laborschule und Oberstufen-Kolleg Produkte und Ergebnisse ihrer Arbeit präsentieren – in den Räumen der Schulen und auf dem Weg von der Stadtbahnhaltestelle Kurt-Schumacher-Straße zu den Schulen. Der offizielle Festakt folgt von 15 bis 18 Uhr auf Feld 2 des Oberstufen-Kollegs. Eingeladen sind Gäste aus Politik, Bildung und Wissenschaft sowie aktuelle und ehemalige Mitglieder beider Schulen. Der Festakt wird gemeinsam von beiden Versuchsschulen und den Wissenschaftlichen Einrichtungen vorbereitet.
Ein Open-Air-Konzert als Finale der Festwoche
Das Programm der Festwoche ist umfangreich. So finden von 10. bis 12. September Aktionen in der Stadt statt. Am 11. September gibt es Führungen durch die Laborschule. Am 13. September folgen eine Geburtstagsparty nur für die Schüler*innen und ein öffentliches Ästhetik-Festival im Oberstufen-Kolleg. Zeitzeug*innen organisieren am 14. September eine Veranstaltung am Oberstufen-Kolleg. Krönender Abschluss der Festwoche ist ein Open-Air-Konzert mit Hundreds und Girlwoman am Samstag, gefolgt von einer Party in der Schulmensa. Das Festival beginnt um 16 Uhr. Eintrittskarten sind online verfügbar.
Ein Buch und vier Konferenzen
Über die Festwoche hinaus kommen weitere Beiträge von den beiden wissenschaftlichen Einrichtungen der Versuchsschulen. Die Wissenschaftliche Einrichtung Laborschule hat Ende August im Verlag Julius Klinkhardt einen Sammelband mit 16 Gesprächen zur Schulgeschichte unter dem Titel „Im Alltag der Reform“ veröffentlicht. Als Teil des Jubiläumsjahres haben die Wissenschaftlichen Einrichtungen Laborschule und Oberstufen-Kolleg im Februar eine Tagung des Collaborative Action Research Network Deutschland, Österreich, Schweiz (CARN D.A.CH.) ausgerichtet. Die Wissenschaftliche Einrichtung Oberstufen-Kolleg begleitet das Jubiläum außerdem mit drei Konferenzen in Präsenz sowie der Online-Reihe „Zukunft der Oberstufe gestalten – Digitale Impulse“.
© Universität Bielefeld/Mike-Dennis Müller
Das Erfolgsrezept: Schule und Wissenschaft arbeiten zusammen
Die Laborschule und das Oberstufen-Kolleg haben das traditionelle Schulkonzept auf den Kopf gestellt. Als Professor Dr. Hartmut von Hentig 1968 an die Universität Bielefeld berufen wurde, brachte er den Plan mit, auf dem Campus zwei Schulen zu errichten, die eng mit der Universität verbunden sein sollten. Damals wie heute setzen die beiden Versuchsschulen auf offene Lernlandschaften und fächerübergreifende Projekte statt Frontalunterricht und starrer Fächertrennung. Als inklusive Schulen fördern sie jede Schülerin und jeden Schüler individuell. Beide Schulen integrieren regelmäßig neue Lernmethoden in ihren Unterricht, aufbauend auf bewährten Konzepten. Um eigene Unterrichts- und Schulentwicklungsvorhaben zu untersuchen, kooperieren die Lehrkräfte eng mit den wissenschaftlichen Einrichtungen der Schulen, die an der Fakultät für Erziehungswissenschaften der Universität angesiedelt sind. Ein jährlich aktualisierter Forschungs- und Entwicklungsplan dient der Weiterentwicklung von Lernstrukturen und -inhalten. So passen die Versuchsschulen das Lernen und Lehren dem gesellschaftlichen Wandel an und geben Impulse für Regelschulen.