Ausgezeichnet: Die besten Doktorarbeiten aus 2023


Autor*in: Universität Bielefeld

Die Universitätsgesellschaft Bielefeld (UGBi) hat am Dienstag, 23. April, die Preise für die besten Doktorarbeiten der Universität Bielefeld verliehen. Die Themen reichen von der Sitzzeitreduzierung in der Schule über den fortschreitendem Verlust von Herzmuskelzellen bis hin zu Enzymen für eine nachhaltige Produktion. Verliehen wird der Preis für die im Jahr 2023 abgeschlossenen besten Doktorarbeiten aus 14 Fakultäten und der Bielefeld School of Education. Die 16 Arbeiten wurden alle mit der Bestnote „summa cum laude“ (hervorragende Leistung) bewertet.

Vor der Preisverleihung kamen die Preisträger*innen des Dissertationspreises 2023 und die Vertreter*innen der UGBi für ein Erinnerungsfoto zusammen: (v.l. stehend:) Dr. Marco Stojanovic, Dr. Rainer Wend (Geschäftsführer und Schatzmeister der UGBi), Dr. Björn Stövesand, Dr. Hannah Gohres, Dr. Jeanne Friedrichs, Dr. André Hottung, Dr. Tobias Heinks, Julia Engelschalt, Dr. Hendrik Scholten, Herbert Vogel (Vorsitzender des Vorstands der UGBi), Dr. Marvin Weidner, Dr. Florian Heimann, Dr. Manuel Göz, Mona Stets, Maria Unger (stellv. Vorsitzende des UGBi Kuratoriums), (v.l. sitzend:) Ulrike Schiefelbein, Dr. Aziz Mensah, Dr. Jan Pöppel. Auf dem Bild fehlt: Dr. André Koller

Das sind die Preisträger*innen und ihre Doktorarbeiten aus dem Jahr 2023.

Dr. Jeanne Friedrichs (Fakultät für Biologie)

„In meiner Dissertation bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass der Meerrettichblattkäfer und der Rainfarnblattkäfer Aminosäuren nutzen, um die toxischen Produkte der biochemischen Pflanzenabwehr ihrer Wirte, den Kreuzblütengewächsen, zu entgiften. Die verwendeten Aminosäuren sind unterschiedlich je nach Käferart und gefüttertem Substrat. Aktuell arbeite ich als Postdoc auf der Metabolomics-Plattform eines Sonderforschungsbereiches und bin zusätzlich in der Lehre und Forschung in der chemischen Ökologie tätig.“

Titel der Dissertation: Detoxification of the glucosinolate-myrosinase system by generalist and specialist leaf beetle

Dr. Tobias Heinks (Fakultät für Chemie)

„Für die nachhaltige Produktion von chiralen Aminen habe ich Enzyme so kombiniert, dass günstigere Rohstoffe in geringeren Mengen eingesetzt werden konnten. Zusätzlich konnte ich durch Immobilisierung der Enzyme die Produktabtrennung vereinfachen und das Recycling der Katalysatoren ermöglichen. Aktuell arbeite ich als Postdoc an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg unter anderen an der biokatalytischen Hydrolyse von Plastik.“

Titel der Dissertation: Kaskadierung und Immobilisierung von Amin-Transaminasen für die Biosynthese Enantiomerreiner Amine

Mona Stets (Fakultät für Erziehungswissenschaft)

„In meiner Dissertation bin ich der Frage nachgegangen, was es für Grundschüler*innen bedeutet, Fragen im Unterricht zu stellen. Die Ergebnisse zu ihren Perspektiven und Positionen geben Anlass, Fragen von Schüler*innen im Spannungsfeld zwischen Interessen, epistemischer Orientierung sowie schulischen Leistungserwartungen und Fragehemmungen zu diskutieren. Aktuell leite ich die Lernwerkstatt der Fakultät für Erziehungswissenschaft, lehre an der Uni Bielefeld und forsche weiterhin zu Fragen von Schüler*innen.“

Titel der Dissertation: Fragen über Fragen – Schüler*innenfragen im Unterricht der Grundschule aus Perspektiven und Positionen von Kindern vierter Klassen

Julia Engelschalt (Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie)

„In meiner Arbeit zeige ich, dass in den USA des frühen 20. Jahrhunderts die Idee der ‚Tropen‘ eine zentrale Rolle im medizinischen Denken spielte. Das liegt daran, dass sich in dieser Idee Klimadeterminismus und wissenschaftlicher Rassismus wie in einem Brennglas bündeln. Derzeit arbeite ich am Fachgebiet Neuere Geschichte der TU Darmstadt an meinem Habilitationsprojekt zu Hunger, Getreidewirtschaft und Versorgungsinfrastrukturen im Mittelmeerraum zwischen 1770 und 1920.“

Titel der Dissertation: The Great Obsession: Tropicality in U.S.-American Colonial Medicine and Domestic Public Health, 1898–1924

Dr. Hannah Gohres (Fakultät für Gesundheitswissenschaften)

„Meine Dissertation zeigt auf, dass Sitz-Steh-Tische bereits in der Grundschule hohe Sitzzeiten von Kindern unterbrechen können. Schüler*innen schätzen die selbstbestimmte Entscheidung. Damit entstehen Vorteile für die körperliche und mentale Gesundheit. Es müssen jedoch Präferenzen von Lehrkräften und strukturelle Gegebenheiten berücksichtigt werden. Als Postdoc an der Universität Bielefeld befasse ich mich mit Wirkungsorientierung in der Gesundheitsförderung zur Qualitätsentwicklung von Maßnahmen.

Titel der Dissertation: Sitzzeitenreduzierung in der Schule – Evaluation der Implementierung von Sitz-Steh-Tischen in der Grundschule hinsichtlich Akzeptanz, gesundheitsbezogenen Effekten und Einflussfaktoren auf die Nutzung

Dr. Florian Heimann (Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaften)

„In meiner Dissertation konnte ich zwei zentrale Ergebnisse erzielen: Zum einen, dass die anodale transkranielle Gleichstromstimulation, kurz: tDCS, in Kombination mit Wortfindungsaufgaben neben einer signifikanten Steigerung sprachlichen Leistungsfähigkeit zu einer signifikant höheren Durchblutungsgeschwindigkeit in der linken Hirnhemisphäre führt, die für die Sprachverarbeitung und -produktion zentral ist. Zum anderen, dass tDCS eine sinnvolle Ergänzung zur kognitiven Sprachtherapie darstellt, wenn die Stimulations- und Untersuchungsparameter an die Krankheitsdefizite angepasst werden. Aktuell arbeite ich als Sprachtherapeut in Bielefeld mit Fokus auf neurologisch bedingte Sprach- und Schluckstörungen. Parallel dazu lehre ich im Fach Klinische Linguistik an der Universität Bielefeld. Künftig möchte ich mich verstärkt der Forschung und Lehre in Therapiewissenschaften und Neurorehabilitation widmen, mit Fokus auf technischen Verfahren, die die konventionelle Sprachtherapie ergänzen und verbessern können.“

Titel der Dissertation: Ist der Abbau kognitiver Funktionen im Alter unveränderbar? Modulation von Wortflüssigkeitsleistung und Sprachlateralisation durch transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS)

Ulrike Schiefelbein (Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaften)

„Im Zentrum meiner Dissertation steht Wielands ‚Aristipp‘-Roman (1800/1801). Wielands späte Romane stellen die Frage, wie ein gutes Leben in prekären Zeiten gelingen kann. Der ‚Aristipp‘-Roman experimentiert dabei mit historischen Existenzweisen und erkundet vor allem die geschlechterspezifischen Bedingungen und literarischen Aktualisierungspotenziale der antiken Lebenskunst. Momentan bin ich Postdoc und lehre an der Universität Bielefeld.“

Titel der Dissertation: Literatur als Existenzweise? Lebenskunst und Selbstkonstitution in Christoph Martin Wielands „Aristipp und einige seiner Zeitgenossen

Dr. Marvin Weidner (Fakultät für Mathematik)

„In meiner Dissertation habe ich mich mit ‚nichtlokalen Gleichungen‘ beschäftigt, und in diesem Zusammenhang punktweise Abschätzungen für Lösungen bewiesen. Nichtlokale Gleichungen sind von großer Bedeutung in Anwendungen, wo sie Interaktionen mit langer Reichweite modellieren. Aktuell arbeite ich als Postdoc an der Universitat de Barcelona und forsche dort zu nichtlokalen freien Randwertproblemen.“

Titel der Dissertation: Energy methods for nonsymmetric nonlocal operators

Dr. Manuel Göz (Fakultät für Physik)

„Arrythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathien stellen schwere Erkrankungen des Herzmuskels dar, die insbesondere bei jungen Sportler*innen auftreten können. In dieser Dissertation wurden wildtypische und pathogene Protein-Varianten analysiert und gegenübergestellt. Momentan bin ich als Postdoc an der Universität Bielefeld beschäftigt und untersuche die Bindungskinetik mutierter SARS-CoV2-Viren.“

Titel der Dissertation: Molekulare Bindungsstudien herzmuskelspezifischer Protein-Varianten mittels Rasterkraftspektroskopie (AFM)

Dr. Marco Stojanovic (Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft)

„Ich konnte belegen, dass Gewohnheitsaufbau, der auf Langzeitziele ausgerichtet ist, Motivationsprobleme verringert. Durch eine zunehmende Automatizität konnte bei den Testpersonen nicht nur das spezifische produktive Verhalten müheloser abgespult werden, es zeigten sich auch generalisierende positive Effekte auf das Selbstkonzept. Heute bin ich selbstständiger Berater im Bereich Produktivität und Online-Marketing.“

Titel der Dissertation: Building Good Habits: Longitudinal Studies on Malleable Psychological Factors, Reduced Motivational Interference, and Facilitated Goal Attainment

Dr. Hendrik Scholten (Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft)

„In meiner Dissertation habe ich mich mit Leistungsdeterminanten und -bewertung im Expertenkontext befasst. Ich habe herausgefunden, dass die Leistungsfähigkeit in Drucksituationen trotz langjähriger Erfahrung stark variiert und sich die Folgeleistung nach selbst- und fremdverschuldetem Misserfolg nicht signifikant unterscheidet. Bezogen auf Leistungsbewertung konnte ich zeigen, dass Skisprung-Punktrichter eine vorteilhafte Bewertung an Menschen mit der gleichen Nationalität verteilen und sich dabei ein stärkerer Effekt unter den älteren Bewertenden zu erkennen ist. Aktuell arbeite ich beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen in der Kriminalstatistik und möchte in der Zukunft weiterhin Datenanalysen nutzen, um Entscheidungen zu verbessern.“

Titel der Dissertation: Performance determination and evaluation in professional environments

Dr. André Koller (Fakultät für Rechtswissenschaft)

„Ich habe mich in meiner Dissertation mit den erstmalig in der bundesdeutschen Geschichte geschaffenen gesetzlichen Regelungen für den Einsatz von Vertrauenspersonen nach dem Bundesverfassungsschutzgesetz und den dort enthaltenen Rechtfertigungsgründen sowie der bereichsspezifischen Opportunitätsvorschrift der Staatsanwaltschaften befasst. In diesem Kontext habe ich untersucht, ob die neuen Regelungen die durch das Rechtsstaatsprinzip gesetzten Grenzen überschreiten und die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege konterkariert. Meine Arbeit weist Regelungsdefizite nach und zeigt gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Sinne einer Novellierung des Gesetzes auf. Im Moment beschäftige ich mich mit Fragen des Strafvollstreckungsrechts.“

Titel der Dissertation: Primat der Verfassungsschutzeffektivität? Eine Untersuchung zum Spannungsverhältnis zwischen rechtsstaatlicher Strafrechtspflege und den §§ 9a, 9b Bundesverfas-sungsschutzgesetz

Dr. Aziz Mensah (Fakultät für Soziologie)

„In meiner Dissertation habe ich gezeigt, dass sich arbeitsbezogene und lebensbezogene soziale Faktoren auf die Gesundheit von Arbeitnehmer*innen auswirken, und dass dieser Effekt bei Männern und Frauen und in verschiedenen europäischen Ländern unterschiedlich ist. Derzeit arbeite ich als Postdoktorandin an der Universität Mälardalen in Schweden, wo ich den schädlichen Alkoholkonsum von Arbeitnehmern in geschlechtsspezifischen Branchen untersuche. Mein Plan ist es, in einigen Jahren Professor zu werden und weiterhin zu lehren und zu forschen.“

Titel der Dissertation: Work- and life -related social determinants of health and health differences among workers across Europe

Dr. Jan Pöppel (Technische Fakultät)

„Meine Dissertation beschäftigt sich mit der effizienten Mentalisierung von Agenten. In Studien konnte ich zeigen, dass Menschen dynamisch zwischen verschiedenen Methoden und Heuristiken für die Mentalisierung wechseln. Darauf aufbauend habe ich entsprechend adaptive Methoden für künstliche Systeme entwickelt und evaluiert. Aktuell arbeite ich in der Wirtschaft an verschiedenen Themen des Maschinellen Lernens und der Künstlichen Intelligenz.“

Titel der Dissertation: Models for Satisficing Mentalizing

Dr. André Hottung (Fakultät für Wirtschaftswissenschaften)

„Ich habe gezeigt, dass Methoden der künstlichen Intelligenz genutzt werden können, um Optimierungsprobleme, zum Beispiel Planungsprobleme in der Logistik, zu lösen. Selbstlernende Methoden passen sich automatisiert an spezifische Anwendungsfälle an und könnten in Zukunft einfacher und kostengünstiger einsetzbar sein als etablierte Verfahren. Derzeit setze ich meine Forschung an der Uni Bielefeld fort.“

Titel der Dissertation: Learning Heuristics for Combinatorial Optimization Problems with Deep Neural Networks

Dr. Björn Stövesand (Bielefeld School of Education)

„Mithilfe der linguistischen Gesprächsforschung konnte ich in meiner Arbeit herausarbeiten, dass eine wissenschaftliche Perspektive auf Unterricht für angehende Lehrkräfte kontraintuitiv ist – ein Problem, an welchem die universitäre Lehrer*innenbildung einen Anteil hat, den es zu reflektieren gilt. Dieser Reflexion gehe ich nun als Postdoc in der Bielefelder Sprachdidaktik nach.“

Titel der Dissertation: Professional Vision und Fallarbeit in der Lehramtsausbildung. Gesprächs-analytische Perspektiven auf das Forschende Lernen

Die Universitätsgesellschaft verleiht die Dissertationspreise seit 1983. Sie werden mit jeweils 1.000 Euro honoriert, gefördert von namhaften Unternehmen aus der Region Ostwestfalen-Lippe sowie Einzelpersonen. In diesem Jahr wird aus 14 Fakultäten je mindestens ein*e Doktorand*in ausgezeichnet, außerdem geht ein Preis an einen Doktoranden der Bielefeld School of Education (BiSEd). Die vollständige Liste der 15 Preisträger*innen und ihrer Themen folgt unten.