Das Hochschulprogramm für Geflüchtete feiert Geburtstag: Seit fünf Jahren, also seit dem Wintersemester 2016/17, begleitet die Universität Bielefeld Geflüchtete auf ihrem Weg in das Studium. Das Angebot ist vielfältig: Deutschkurse, Beratungen, Orientierungs- und Vorbereitungskurse erleichtern den Studieninteressierten den Einstieg. Seit dem Start des Programms 2016 wurden mehr als 1.000 Geflüchtete unterstützt. Das Programm wurde in den fünf Jahren mit rund 3,5 Millionen Euro gefördert.
Für Geflüchtete, die gern in Deutschland studieren möchten, gibt es viele Fragen zu klären: Reicht das Schulzeugnis aus der Heimat, um ein Studium in Deutschland aufzunehmen? Werden im Ausland erbrachte Leistungen anerkannt? Welches Sprachniveau ist notwendig, um in einer fremden Sprache studieren zu können? Wie bereitet man sich auf die Deutschprüfung vor?
Das Hochschulprogramm für Geflüchtete bietet bei diesen Fragen und Herausforderungen Orientierung und Unterstützung: „Uns ist wichtig, dass Schutzsuchende ihren Bildungsweg abschließen können“ sagt Professorin Dr. Angelika Epple, Prorektorin für Forschung und Internationales. „Mit dem umfangreichen Programm wollen wir sie auf diesem Weg unterstützen. Wir hoffen, dass so langfristig auch die Integration Geflüchteter in die Wissenschaft gelingt. Wissenschaft, Studium und Lehre leben von der Vielfalt der Perspektiven und den Menschen, die darüber in einen Austausch kommen. So kann Innovation entstehen. Das Programm ist daher auch eine Chance für die Universität.“
Insgesamt konnten seit Beginn des Projekts über 1.000 Geflüchtete durch das Hochschulprogramm auf ein Studium gefördert werden. Dazu zählen vier Personen-Gruppen: Geflüchtete, die an den Vorbereitungskursen teilgenommen haben oder momentan teilnehmen, 144 Geflüchtete, die die Vorbereitungskurse mit dem TestDaf Deutschprüfung zum Hochschulzugang abgeschlossen haben, Geflüchtete, die eine Zulassung an einer Universität oder Hochschule in Deutschland erhalten haben und schließlich rund 50 von ihnen sind für ihr Studium an der Universität Bielefeld geblieben.
Vorbereitung auf den Deutschtest
Die erste Säule des Hochschulprogramms ist der Sprachkurs: Erst der Test Deutsch als Fremdsprache (TestDaF) berechtigt zum Studium an einer Hochschule in Deutschland. Die Studierenden weisen damit nach, dass sie die Fremdsprache auf dem Niveau C1 beherrschen. Bei PunktUm, dem hochschuleigenen Deutschlernzentrum der Universität Bielefeld, werden sie darauf vorbereitet. Das Besondere: Parallel zu den Deutschkursen können Teilnehmende Workshops belegen, die sich an ihren praktischen Alltagsfragen orientieren. Sie können unter anderem lernen, sich für einen Studienplatz sowie ein Stipendium zu bewerben und ein Motivationsschreiben für den Master zu formulieren.
„Ich hatte Sorge, ob meine Deutschkenntnisse ausreichen werden, um an der Universität studieren zu können“, sagt eine Teilnehmerin des Hochschulprogramms für Geflüchtete. Aufgrund der Corona-Pandemie mussten auch die Kurse des Hochschulprogramms für Geflüchtete seit April 2020 online stattfinden. „Die wissenschaftliche Sprache in so kurzer Zeit und ohne direkten Kontakt zu lernen, das war schon eine Herausforderung.“ Mittlerweile hat die Teilnehmerin den TestDaF erfolgreich abgeschlossen. Insgesamt hat sie sich zweieinhalb Jahre auf den Test vorbereitet.
Orientierungsstudium
Eine weitere Säule des Hochschulprogramms für Geflüchtete ist das Naturwissenschaftliche Orientierungsstudium (NaWiOs). Internationale Studieninteressierte mit und ohne Fluchthintergrund können sich damit auf ihr Studium vorbereiten. Das Programm umfasst verschiedene Punkte: fachspezifische Deutschkurse, Vorbereitungskurse und die Möglichkeit, an ausgewählten Erstsemester-Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Dadurch erhalten Interessierte bereits vor der Bewerbung einen Einblick in das Studium.
„Als ich nach Deutschland kam, war ich orientierungslos“, sagt die Teilnehmerin. „Ich wusste nicht, welche Schritte ich gehen muss, um hier studieren zu können. In meiner Heimat hatte ich bereits ein Semester Medizin studiert. Für mich war klar, dass ich auch in Deutschland Medizin studieren möchte.“ Nach der Orientierungsphase im NaWiOS hat sich die Studienentscheidung jedoch geändert. „Letztlich habe ich mich für den Bachelor in Molekularbiologie entschieden. Das war für mich eine wichtige und prägende Entscheidung, die Beratung hat mir dabei sehr geholfen.“
NRWege-Stipendium
Eine dritte Säule ist die finanzielle Förderung der Geflüchteten. Die Universität Bielefeld unterstützt Personen mit Fluchthintergrund durch das NRWege-Stipendium. Je nach Bedarf können sie während der einzelnen Phasen ihres Studiums gefördert werden: Studieneinstieg, Studium und Abschluss.
„Das NRWege Stipendium hat mir die Chance gegeben, meinen Traum zu verwirklichen. Dank des Stipendiums kann ich mich ausschließlich meinem Studium widmen und mich darauf konzentrieren“, sagt die Teilnehmerin.
Sie hat zum Wintersemester 2021/22 ihr Studium der Molekularbiologie begonnen. Nach dem Bachelor möchte sie den Master in Interdisziplinärer Biomedizin an der Universität Bielefeld abschließen. Langfristig möchte sie in die Forschung gehen.
Das Hochschulprogramm für Geflüchtete wurde in den vergangenen fünf Jahren mit rund 3,5 Millionen Euro finanziert. Unter anderem durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), die Stiftung Mercator, das Ministerium für Kultur sowie Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und das Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Eine Bewerbung für das nächste Semester ist für alle drei Säulen wieder ab Dezember 2021 möglich.