Studie: Mehrheit in Bielefeld schätzt kulturelle Vielfalt


Autor*in: Universität Bielefeld

In Kooperation mit Forschenden der Universität Bielefeld hat das Kommunale Integrationszentrum (KI) Bielefeld im Sommer 2023 erstmalig eine repräsentative Umfrage zum Thema Integration erhoben. Ausgewertet wurden die Daten gemeinsam mit Wissenschaftler*innen des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) am Standort Universität Bielefeld. Ein Ergebnis der Studie: Vielfalt wird in Bielefeld gelebt. So schätzen nahezu zwei Drittel der Befragten die Vielfalt von Kulturen, Lebensstilen und Religionen in der Stadt. Es wird jedoch auch deutlich, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt kritisch gesehen wird. Gefördert wurde die Studie durch das Landesprogramm „Kommunales Integrationsmanagement NRW“ (KIM).

Die Stadt Bielefeld ist geprägt durch das Zusammenleben unterschiedlichster Menschen – mit unterschiedlichen Einstellungen, kulturellen Hintergründen und Lebenserfahrungen. Doch wie empfinden Bielefelder*innen dieses Zusammenleben? Wo sehen sie Chancen und Konfliktpotenzial im Zusammentreffen ganz unterschiedlicher Menschen in ihrem Alltag, auf der Arbeit oder beim Kontakt mit Behörden?

Neben Integration auch Zusammenhalt einbezogen

Mehr als 1.500 Menschen aus Bielefeld haben sich die Zeit genommen, solche und andere Fragen zu beantworten und haben so zum ersten Integrationsmonitoring der Stadt beigetragen. Das Bielefelder Monitoring ist einerseits darauf ausgelegt, Chancen und Hürden der Integration zu ermitteln. Anders als die Integrationsmonitorings anderer Städte fokussiert es zudem auf den städtischen Zusammenhalt. Entsprechend haben die Teilnehmenden berichtet, was sie über den Zusammenhalt und das Zusammenleben in der Stadt denken oder was ihr Verständnis von Integration ist. Die Umfrage lief von Juni bis August 2023.

Präsentator:innen der Studie mit einem Plakat zur Studie
Sie stellten die Ergebnisse des Integrationsmonitorings vor (v.li.) Pauline Junker (KI Bielefeld), Sozialdezernent Ingo Nürnberger, Norbert Wörmann (Leiter des KI Bielefeld), Wilhelm Berghan (KI Bielefeld), sowie Prof. Dr. Jonas Rees und Yann Rees (beide Universität Bielefeld). Foto: Stadt Bielefeld

Zentrale Ergebnisse der Studie

  • Überwiegend fühlen sich die Einwohner Bielefelds wohl und zu Hause (80%). Dabei gibt es zwar statistisch signifikante, aber nur geringe Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Einwanderungsgeschichte.
  • Vielfalt wird geschätzt, sowohl in Einstellungen (62%) als auch in gemeinsamen Lebensräumen (61%). Bei Orten, die als ausgrenzend wahrgenommen werden, wird am häufigsten zurückgemeldet, dass mehr Kontakt, Toleranz und weniger Parallelgesellschaften dazu führen würden, dass das Zusammenleben besser klappt.
  • Jedoch wird der gesellschaftliche Zusammenhalt kritisch betrachtet, nur 28% sehen ihn nicht gefährdet. Ein Drittel meint, kulturelle Unterschiede beeinträchtigen den Zusammenhalt in Bielefeld.
  • Menschen mit Einwanderungsgeschichte erleben öfter Diskriminierung (45% gegenüber 26%). Diskriminierungserfahrungen hat fast ein Drittel der Bielefelder*innen gemacht, wobei der Unterschied zwischen Menschen mit und ohne Einwanderungsgeschichte signifikant ist.

Für die Befragung wurde eine Zufallsstichprobe von zwei Prozent der Gesamtbevölkerung ab 18 Jahren aus dem Melderegister gezogen. Von den 6.900 angeschrieben Menschen haben 1.559 an der Studie teilgenommen, darunter 36,4 Prozent Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Die Befragten kamen aus allen Bielefelder Stadtbezirken. Die Ergebnisse der Studie sind im Bericht zum Bielefelder Integrationsmonitoring nachzulesen.

Umfrage soll regelmäßig wiederholt werden

„Der Monitor zeigt Potenziale für die Entwicklung einer vielfältigen Stadtgesellschaft. Ob wir diese Potenziale alle heben, hängt davon ab, was nun mit den Ergebnissen getan wird“, sagt Professor Dr. Andreas Zick, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung, das das Integrationsmonitoring von Seiten der Universität Bielefeld wissenschaftlich begleitete. „Der Grundstein ist gelegt. Wir haben auf einer Fachveranstaltung die Ergebnisse mit Vereinen, Gruppen und Initiativen diskutiert. Da kamen vielen gute neue Ideen auf. Weitere Veranstaltungen und Aussprachen in der Stadt sind geplant“, so Zick.

Das Monitoring sei in diesem Sinne nur eine von mehreren Bausteinen der städtischen Weiterentwicklung zu einer vielfältigen und inklusiven Stadt Gesellschaft, sagt Professor Dr. Jonas Rees, Sprecher des FGZ Bielefeld, der ebenfalls an der Studie mitgearbeitet hat. Ein zentraler Ansatzpunkt ergibt sich aus Sicht von Rees schon jetzt: „Auf die Frage, wie häufig sie sich in den letzten zwölf Monaten in ihrem Alltag in Bielefeld diskriminiert gefühlt haben, antworteten insgesamt 32,5 Prozent der Befragten mit einmal, mehrmals oder regelmäßig. Auch wenn Bielefeld eine bunte und weltoffene Stadt ist, in der wir gern leben, müssen wir über Rassismus, Sexismus und andere Formen der Ausgrenzung sprechen: Diskriminierung ist für viele Bielefelder*innen Alltag.“

Das Bielefelder Integrationsmonitoring ist als langfristiges Projekt angelegt, das Meinungen von Expert*innen und darüber hinaus generierte Daten einbezieht, um aktuelle Herausforderungen zu identifizieren. Die Umfragestudie soll zudem in regelmäßigen Abständen wiederholt werden, um Entwicklungen darstellen zu können.

Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt – FGZ

Die bundesweite Einrichtung führt an bundesweit elf Standorten – darunter die Universität Bielefeld – unterschiedliche Perspektiven zusammen und bündelt wissenschaftliche Expertise. Bielefelder FGZ-Wissenschaftler*innen kooperierten für die Datenerhebung und -analyse des Bielefelder Integrationsmonitorings mit dem Kommunalen Integrationszentrum Bielefeld. Gegründet wurde das FGZ im Juni 2020, in der vierjährigen Hauptphase wird es mit 40 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die Themen des standortübergreifenden Forschungsinstituts reichen von neuen sozialen Konflikten über das Auseinanderdriften von Stadt und Land bis hin zu Populismus und zunehmendem Antisemitismus.