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Gemeinsam für Europas Zukunft


Text: Dr. Kristina Nienhaus

Was kann die Universität zur Zukunft Europas beitragen? Und wie wird diese Vision ganz konkret in einer europäischen Hochschulallianz wie NEOLAiA gelebt? Anlässlich des Europatags am 9. Mai berichten Vertreter*innen von vier der insgesamt neun NEOLAiA-Universitäten, den Universitäten Bielefeld, Örebro, Jaén und Ostrava über Erfahrungen und Ziele. Im Interview zeigen sie, wie vielfältig und zugleich geeint sich europäische Zusammenarbeit an universitären Hochschulen gestalten lässt. Dabei geht es nicht nur um Forschung und Lehre, sondern auch um gemeinsame Werte, gesellschaftliche Verantwortung und den Aufbau eines inklusiven, zukunftsfähigen Hochschulraums.

Welchen Beitrag können Universitäten zur Zukunft Europas leisten?

Michaela Vogt, Prorektorin für Internationales, Diversität und Gesellschaft an der Universität Bielefeld: Die Universitäten sind wichtige Impulsgeber für die Gestaltung eines integrativen, innovativen und vernetzten Europas. Sie fördern die internationale Zusammenarbeit, setzen sich für soziale Gerechtigkeit ein und schaffen Wissen zur Bewältigung regionaler und globaler Herausforderungen. Durch Initiativen wie die Europäische Hochschulallianz NEOLAiA tragen die Universitäten zu einem stärkeren Zusammenhalt in Europa bei, indem sie gemeinsam an zentralen Werten wie Vielfalt, Gleichstellung, Inklusion und Partizipation arbeiten. Dieser grenzüberschreitende Austausch von bewährten Praktiken und gelebten Erfahrungen fördert das gegenseitige Verständnis und schafft nachhaltige Strukturen zur Stärkung der regionalen Entwicklung und des demokratischen Engagements. Auf diese Weise tragen die Universitäten zur Gestaltung einer widerstandsfähigen und zukunftsorientierten europäischen Bürgerschaft bei.

Johan Schnürer, Vizekanzler der Universität Örebro und Vorsitzender der NEOLAiA-Allianz: Unsere Studierenden sind die intellektuellen Brücken in die Zukunft. Eine intensivere Zusammenarbeit zwischen den Universitäten wird diese Brücken stärken und die Zukunft Europas heller machen.

Beatriz Valverde Jiménez, NEOLAiA-Gesamtkoordinatorin und Vizerektorin für Europäische Universitäten an der Universität von Jaén: Es ist weithin anerkannt, dass die Kernaufgaben jeder Hochschuleinrichtung Bildung, Forschung und gesellschaftliches Engagement sind – alles Grundpfeiler demokratischer Gesellschaften. In diesem Zusammenhang fördern die Universitäten eine internationalisierte, qualitativ hochwertige Ausbildung, die die Studierenden nicht nur für die Herausforderungen ihrer beruflichen Laufbahn rüstet, sondern ihnen auch – und das ist vielleicht noch wichtiger – die Werte vermittelt, die die Europäische Union ausmachen, und kritisches Denken anregt. Die Universitäten leisten einen weiteren Beitrag, indem sie Forschungsnetzwerke zwischen europäischen Wissenschaftler*innen aufbauen, die an Projekten zusammenarbeiten, die gemeinsame Herausforderungen in verschiedenen Regionen Europas angehen und gleichzeitig unsere globale Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Internationalisierte, qualitativ hochwertige Bildung und interdisziplinäre, kollaborative Forschung haben einen tiefgreifenden positiven Einfluss auf unsere Gesellschaften und stärken die Bindungen zwischen den Europäern.

Renáta Tomášková, Vizerektorin der Universität Ostrava: Universitäten sind dazu da, junge Menschen zu motivieren, sich auf eine lebenslange Reise des Lernens und Forschens zu begeben, sie zu ermutigen, über den Tellerrand hinauszuschauen und Verantwortung für ihr Handeln und die Gemeinschaft, der sie angehören, zu übernehmen. Die Universitäten helfen den Studierenden, sich Wissen anzueignen, das sie zu ihren eigenen Erkenntnissen führt, und lassen sie diese als kritische Denker*innen hinterfragen. Universitäten sollten bei allem, was sie in den Bereichen Bildung, Forschung und soziales Engagement tun, ein Vorbild an Integrität sein, ein Vorbild an Zusammenarbeit und nicht an Wettbewerb, und sie sollten beim Abhaken kurzfristiger Aufgaben immer auf die Vision verweisen. Indem sie ihre Kräfte in der Forschung bündeln und Synergien nutzen, können die Universitäten dazu beitragen, soziale, ökologische und andere Herausforderungen, vor denen Europa und die Welt stehen, zu erklären und zu bewältigen.

Wie setzten die Institutionen dies in der NEOLAiA-Allianz um und worauf liegt dabei der Fokus?

Michaela Vogt: Die Universität Bielefeld leitet innerhalb der NEOLAiA-Allianz das Arbeitspaket „Diversität und Inklusion“. Ziel ist es, ein gemeinsames europäisches Verständnis für inklusive Hochschulpraxis zu entwickeln. Dazu sammeln wir Best-Practice-Beispiele, führen Umfragen durch und binden gezielt die Stimmen von Studierenden und Mitarbeitenden ein. Ein zentrales Ergebnis ist die „NEOcharter“ – ein Rahmenpapier, das gemeinsame Werte und Selbstverpflichtungen der Allianz zu Diversität und Inklusion formuliert. Ergänzend entsteht beispielsweise eine Datenbank mit gelungenen Praxisbeispielen. Unser Fokus liegt darauf, Stärken sichtbar zu machen, Strukturen nachhaltig zu verändern und so die Vielfalt an europäischen Hochschulen aktiv zu fördern.

Ida Norrie Andersson, Referentin für internationale Strategie an der Universität Örebro: Wir beteiligen uns an einer Reihe von Aktivitäten, die darauf abzielen, den Studierenden Möglichkeiten zu bieten, sich über Kulturen, Sprachen und Grenzen hinweg zu verbinden und zu bewegen. Zu diesen Aktivitäten gehören gemeinsame Programme, Kurzmobilitäten, Online-Aktivitäten, Austauschsemester, Veranstaltungen und vieles mehr. Sie beziehen sich nicht nur auf die formale Bildung, sondern z. B. auch auf regionales Engagement und außerschulische Aktivitäten. So werden sie sowohl im Rahmen der Bildungsabschlüsse als auch als Microcredentials und digitale Abzeichen anerkannt, die eine Ergänzung zur traditionellen Bildung darstellen.

Renáta Tomášková: In erster Linie konzentrieren wir uns darauf, die Gemeinschaft der Universität Ostrava für die internationale Zusammenarbeit zu gewinnen und die Allianz aufzubauen. Praktische Erfahrungen mit verschiedenen Perspektiven, das Lernen voneinander und die Entwicklung von Flexibilität bei der Suche nach Wegen zur Umsetzung gemeinsamer Allianzbestrebungen an der Universität sind eine Herausforderung und inspirieren so zu Innovationen und zur Bildung neuer Teams auch innerhalb der Universität. Wir haben das Programm To Be NEO mit offenen Aufrufen entwickelt, die die Gemeinschaft unserer Universität einladen, die gemeinsamen Bildungs- und Forschungsmöglichkeiten zu nutzen, die NEOLAiA bietet. Wir öffnen die NEOLAiA-Aktivitäten und -Veranstaltungen, die wir ausrichten, für alle Interessierten zur Vernetzung. Unsere Studierendenvertreter*innen veranstalten NEOLAiA-Kaffees, um die Studierenden einzubinden, und viele von ihnen haben bereits viel in gemeinsamen NEOLAiA-Kursen gelernt. Es braucht Zeit und Energie, aber wir sehen, dass die Zusammenarbeit auf der Grundlage von Synergien wächst.

Beatriz Valverde Jiménez: In diesem Rahmen spielt die Europäische Hochschulinitiative – das Vorzeigeprogramm der Europäischen Kommission für Bildung – eine entscheidende Rolle. Universitäten in ganz Europa haben sich zu Allianzen europäischer Universitäten zusammengeschlossen, um ihr Engagement für die Erfüllung ihrer Kernaufgaben zu vertiefen. Indem wir zusammenarbeiten, werden wir stärker und wettbewerbsfähiger, insbesondere in der heutigen komplexen geopolitischen Umgebung.
NEOLAiA vereint neun junge und dynamische Universitäten aus ganz Europa, die alle in nicht-metropolitischen Regionen angesiedelt sind und ein starkes Engagement für die Entwicklung ihrer Territorien teilen. Wir arbeiten zusammen, um bewährte Verfahren auszutauschen und innovative Lösungen für gemeinsame Herausforderungen zu finden. Wie bereits erwähnt, konzentrieren sich unsere gemeinsamen Bemühungen auf die Förderung von Bildung, Forschung und gesellschaftlichem Engagement. Gleichzeitig bauen wir unsere Allianz auf drei Säulen auf, die auf die aktuellen Herausforderungen in Europa reagieren: Digitale Transformation, Inklusion und Vielfalt sowie verbesserte Mobilität. In diesem Sinne fasst das Motto von NEOLAiA – Transforming Regions for an Inclusive Europe – den Geist unserer Arbeit zusammen. Wenn es jedoch einen Aspekt gibt, den ich besonders hervorheben möchte, dann ist es die Art und Weise, wie NEOLAiA durch die Europäische Hochschulinitiative eine Zusammenarbeit fördert, die unser Verständnis sowohl für die Gemeinsamkeiten als auch für die Unterschiede, die uns als Europäer ausmachen, vertieft. Vor allem aber hilft sie uns, Gemeinsamkeiten zu finden, Herausforderungen zu bewältigen und unser Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. Durch die tägliche enge Zusammenarbeit bei Maßnahmen, die auf unseren Missionen und Pfeilern beruhen, erkennen unsere akademischen und regionalen Gemeinschaften, dass wir mit vereinten Kräften wirklich erfolgreich sein können – und so zum Aufbau eines stärkeren und geschlosseneren Europas beitragen.

Das NEOLAiA-Netzwerk

Die Universität Bielefeld ist Teil des NEOLAiA-Netzwerks, eines Zusammenschlusses von neun jungen, sich dynamisch entwickelnden Hochschuleinrichtungen in verschiedenen europäischen Regionen jenseits der Metropolen. Mit einem regionalen Fokus zielt NEOLAiA darauf ab, ein offenes und inklusives Bildungs- und Sozialumfeld zu schaffen, das Gerechtigkeit an der Universität und in der europäischen Gesellschaft insgesamt fördert.

Mehr Informationen zum NEOLAiA-Projekt an der Universität Bielefeld gibt es hier.

Im Rahmen der bundesweiten Europawochen im Mai veranstaltet der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) die „Wochen der Europäischen Hochschulen“ vom 30. April bis 30. Mai. Die Themenwochen bieten rund um den Europatag vielfältige Einblicke in die Arbeit der Europäischen Hochschulallianzen. 37 deutsche Hochschulen beteiligen sich mit rund 50 Angeboten in 20 Städten sowie online.