Das Double Degree Programme (DDP) der Universitäten Bielefeld und Osaka in Japan eröffnet neue Wege für Doktoranden. Die Kooperation ermöglicht es Studierenden, von den Ressourcen und der Expertise beider Hochschulen zu profitieren. Einer von ihnen ist Satoshi Horino.
„Ausschlaggebend für die Teilnahme am Programm war für mich die Zusammenarbeit in der Forschung“, sagt Horino. „Ich hatte schon während meiner Zeit in Japan an der Forschung von Professor Dr. Harald Gröger in Bielefeld mitgewirkt“, sagt er. „Mein Doktorvater in Japan, Professor Dr. Shuji Akai, hat mich dann ermutigt, mich als erster Kandidat für dieses Programm zu bewerben.“
Das Doppelabschluss-Programm ermöglicht es Doktoranden, einen von beiden Universitäten gemeinsam verliehenen Abschluss zu erwerben, indem sie an beiden Einrichtungen unter gemeinsamer Betreuung forschen. Es stärkt die ohnehin bestehende akademische Partnerschaft: „Das Programm ist das Ergebnis einer fast zehnjährigen intensiven Zusammenarbeit unseres Lehrstuhls für Industrielle Organische Chemie und Biotechnologie hier an der Fakultät für Chemie der Universität Bielefeld mit der Graduate School of Pharmaceutical Sciences der Universität Osaka“, sagt Prof. Gröger. „Und ich freue mich, dass wir nun der nächsten Generation unserer jungen Chemiker*innen eine so spannende Möglichkeit zur gemeinsamen Promotion an beiden Universitäten bieten können.“
Zeit zwischen Japan und Deutschland
Horino befindet sich in der Endphase seiner dreijährigen Promotion. Die Zeit hat er zwischen Osaka und Bielefeld aufgeteilt: „In den ersten Semestern habe ich von Japan aus gearbeitet. In dieser Zeit hatten wir mit Bielefeld viele gemeinsame Online-Meetings.“ Im zweiten Jahr verbrachte er zwei Monate an der Universität Bielefeld, und in diesem Sommer nochmals einen längeren Zeitraum. Bei Abschluss seiner Doktorarbeit, wird er insgesamt sechs Monate in Ostwestfalen geforscht haben. „Es war eine großartige Gelegenheit und von großem Vorteil für meine Arbeit.“
© Mike-Dennis Müller
Horinos Forschung konzentriert sich auf die Entwicklung einer enantioselektiven chemischen Reaktion auf dem Gebiet der organischen Synthese, insbesondere unter Verwendung von Biokatalysatoren. „Diese Synthesemethode ist umweltfreundlicher und kostengünstiger als die Kombination von herkömmlichen Metallkatalysatoren und sogenannten chiralen Liganden für eine solche Umwandlung“, sagt Horino. Ziel ist es, mit dieser gemeinsam entwickelten Synthesemethode Arzneimittel herstellen zu können. Die Forschungsgruppen von Horinos Doktorvätern arbeiten seit vielen Jahren zusammen und haben neuartige Ansätze entwickelt, um die Herstellung anspruchsvoller und wichtiger Klassen von pharmazeutischen Verbindungen zu verbessern. Diese chiralen tertiären Alkohole und Derivate sind bedeutende Bausteine für die Synthese von Arzneimitteln wie etwa Anti-HIV-Medikamenten.
Synergien durch Kollaboration
Gleichzeitig in Bielefeld und Osaka forschen zu können, hat klare Vorteile, vor allem, was das Equipment angeht. „Ein Unterschied der Universitäten ist die Ausstattung der Labore“, sagt Horino. „In meinem Labor in Japan haben wir nicht so viele Instrumente für Enzympräparationen, weil sich fast alle Studenten auf die synthetische organische Chemie konzentrieren. In Bielefeld habe ich Zugang zu modernen biochemischen Geräten. Das ist ein großer Vorteil. Außerdem gefällt mir das Arbeitsklima hier sehr gut. Es gibt viele kompetente Student*innen, die immer hilfsbereit sind.“
Die Zusammenarbeit mit den Professoren beider Universitäten ist der Schlüssel zum Erfolg des Programms. „Wenn ich meine Ergebnisse präsentiere, bekomme ich ausführliches Feedback und Anregungen. Beide Professoren lassen mir aber auch viel Freiraum für eigenständiges Arbeiten“, sagt Horino. „Professor Gröger und ich haben etwas unterschiedliche Forschungsschwerpunkte“, sagt Akai. „Dieser Umstand erweitert die Forschungsperspektive und macht die Doktorarbeit substanzieller.“
© Universität Bielefeld
Wenn Horino mit einem Problem konfrontiert war, hätten ihm die Ratschläge seiner beiden Doktorväter geholfen, das Problem aus einer anderen Perspektive zu betrachten und mehrere Lösungen zu finden, ist Akai überzeugt. „Selbst wenn zwei Forscher*innen auf demselben oder einem ähnlichen Gebiet tätig sind, unterscheiden sich doch ihre Ansätze, Vorgehensweisen und Problemlösungsstrategien.“ So könnten die Studierenden zusätzlich davon profitieren, von zwei Betreuern gleichzeitig beraten zu werden. „Ich habe das Gefühl, dass Satoshi Horino sich mit der Teilnahme am DDP sehr weiterentwickelt hat.“
Kulturelle Überraschungen
Trotz der vielen Vorteile gibt es für Horino auch Herausforderungen, vor allem in sprachlicher Hinsicht. „Es fällt mir schwer, die täglichen Gespräche zwischen Studierenden und Professor*innen zu verstehen, da mein Alltags-Englisch nicht perfekt ist. Ich würde auch gerne noch Deutsch lernen, weil ich gute Beziehungen zu meinen Doktorandenkolleg*innen aufbauen möchte.“
Beim Vergleich des Uni-Lebens in Japan und Deutschland fand Horino einen Unterschied besonders bemerkenswert: „In Japan arbeiten die Student*innen oft von neun Uhr morgens bis sieben oder sogar neun Uhr abends. Der Tag ist sehr lang“, sagt Horino. „In Bielefeld kommen sie gegen 9 oder 10 Uhr ins Labor, erledigen ihre Arbeit und gehen dann nach Hause, um ihre Freizeit zu genießen. Ich war überrascht, wie hoch die Lebensqualität hier im Vergleich zum Student*innenleben in Osaka ist.“ In seiner Zeit in Bielefeld hat sich der japanische Doktorand an seine Umgebung angepasst, wie er lachend sagt: „Hier gehe ich auch nachmittags um 17 Uhr nach Hause.“
Für die Zeit nach seiner Promotion hat Horino bereits eine Stelle bei einem Pharmaunternehmen in Tokio. Rückblickend ermutigt er andere Studierende aus Bielefeld und Osaka, am Programm teilzunehmen: „Wenn man sich für eine andere Kultur und ein anderes Arbeitsleben interessiert, ist dies eine großartige Gelegenheit. Außerdem ist ein von zwei Universitäten vergebener Abschluss wertvoll auf dem Arbeitsmarkt.“