Politische Entscheidungen sollen auch auf der Basis anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse gefällt werden. Sie sollen „evidenzbasiert“ sein. Wissenschaftler*innen, Politiker*innen und Politikberatungsorganisationen schätzen evidenzbasierte Politik gleichermaßen als wichtiges Instrument, um gesellschaftliche Krisen und Herausforderungen, wie etwa die COVID-19-Pandemie, die sich ausbreitende Antibiotikaresistenz oder die Zerstörung von Ökosystemen zu bewältigen. Doch Kommunikation und Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Politik sind nicht immer einfach. Die internationale Forschungsgruppe „The Epistemology of Evidence-Based Policy: How Philosophy can Facilitate the Science-Policy Interface“ („Die Epistemologie der evidenzbasierten Politik: Wie Philosophie helfen kann, den Austausch zwischen Wissenschaft und Politik zu verbessern“) hat für fünf Monaten am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld an diesem Thema gearbeitet, stellt nun ihre Ergebnisse vor und entwickelt gemeinsam mit Expert*innen und Praktiker*innen Vorschläge für die Zukunft der evidenzbasierten Politik.
Auf ihrer Abschlusskonferenz „Forum on the Future of Evidence-Based Policy“ („Forum zur Zukunft der evidenzbasierten Politik“) vom 14. bis 16. Dezember wird die Forschungsgruppe die Herausforderungen und Chancen einer evidenzbasierten Politikgestaltung in den Bereichen öffentliche Gesundheit, Biosicherheit und Umweltpolitik diskutieren. Gemeinsam mit Wissenschaftler*innen, NGO-Expert*innen und Politiker*innen will die Gruppe Zielvorstellungen und Maßnahmen formulieren, wie wissenschaftliche Evidenz durch die Politik nachgefragt und genutzt werden kann. Darüber hinaus möchten die Forscher*innen Strategien und Pläne entwickeln, wie Wissenschaftler*innen bei der Vermittlung wissenschaftlicher Forschung angemessen auf die Bedürfnisse der politischen Entscheidungsträger*innen eingehen können.
© Universität Bielefeld
Wie die Öffentlichkeit Evidenz nutzen kann, um Politikgestaltung kritisch zu begleiten, soll ebenfalls Thema sein. „Das Forum wird eine Reihe von Akteur*innen der evidenzbasierten Politikgestaltung zusammenbringen, darunter Wissenschaftler*innen, politische Entscheidungsträger*innen, Wissenschaftskommunikator*innen und Wissensvermittler*innen, von der lokalen bis zur globalen Ebene”, erklärt die Philosophin Professorin Anne Schwenkenbecher (Murdoch University, Australien), die die Forschungsgruppe zusammen mit dem Philosophen Professor Remco Heesen (London School of Economics and Political Science, Großbritannien) und dem Biosicherheitsforscher Professor Chad Hewitt (Lincoln University, Neuseeland) geleitet hat: „Gemeinsam werden wir in einer Reihe moderierter Gespräche eine kurze Projektbeschreibung und ein ausführlicheres Weißbuch über die Zukunft der evidenzbasierten Politik erarbeiten.“
Jeder Konferenztag steht unter einem Leitthema
Für jeden Tag der Konferenz gibt es ein Leitthema: Vorurteile, Anreize und Macht in der evidenzbasierten Politik; Wissensvermittlung und Wissenschaftskommunikation; Ethik und soziale Gerechtigkeit in der evidenzbasierten Politik. „Wir werden Themen wie einseitigen Umgang mit Evidenz, die mangelnde Berücksichtigung marginalisierter Gruppen, die mögliche Fehlinterpretation wissenschaftlicher Methoden und ungleiche Machtverhältnisse im Prozess der Erkenntnisgewinnung diskutieren“, sagt Remco Heesen.
„Es ist bekannt, dass es im Prozess der evidenzbasierten Politikgestaltung eine Lücke zwischen Wissenschaftler*innen und politischen Entscheidungsträger*innen gibt. Und oft wird diese Lücke von Wissensvermittler*innen, Wissenschaftsjournalist*innen und anderen Personen und Gruppen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik gefüllt. Sie ermöglichen erst die Kommunikation zwischen den Bereichen“, berichtet Chad Hewitt: „Es ist wichtig, die Rolle dieser Gruppen und Einzelpersonen, ihre Interaktionen und die epistemischen Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, zu verstehen. Wir werden uns gerade angesichts der zunehmenden politischen und gesellschaftlichen Unsicherheit und des wachsenden gegenseitigen Misstrauens mit der Zukunft der Wissensvermittlung und der Wissenschaftskommunikation beschäftigen.“
Präsentationen und Podiumsdiskussionen
Darüber hinaus wird es auf der Konferenz eine Reihe von Präsentationen zu den wichtigsten Herausforderungen und möglichen Lösungen für eine evidenzbasierte Politikgestaltung geben, dazu Podiumsdiskussionen zu verschiedenen verwandten Themen und ein Seminar über ethische Politikgestaltung. Der Politikwissenschaftler Paul Cairney (Universität Stirling), der ehemalige Vorsitzende der Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, Tan Sri Zakri Abdul Hamid, und der Philosoph Stephen D. John (Universität Cambridge) werden Inputs beisteuern.