Vom Studium in Bielefeld bis zur Bundesrichterin


Autor*in: Jan Henning Rogge

Studium in Bielefeld, wissenschaftliche Mitarbeiterin in Erfurt, Richterin in Paderborn und jetzt Bundesrichterin am Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt: Ihr Studium der Rechtswissenschaft hat sie im Jahr 2011 an der Universität erfolgreich abgeschlossen. Fragen an Alumna Dr. Sandra Wullenkord.

Dr. Sandra Wullenkord
Dr. Sandra Wullenkord hat an der Uni Bielefeld ihr Rechtswissenschaftstudium erfolgreich abgeschlossen und anschließend promoviert. Heute ist sie Bundesrichterin am Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt.

Sie sind nun Richterin am höchsten Arbeitsgericht Deutschlands – wie fühlt sich das für Sie an?

Gar nicht so ungewöhnlich, wie man es vielleicht erwarten könnte, denn ich war ja schon einmal als wissenschaftliche Mitarbeiterin ans Bundesarbeitsgericht abgeordnet. Das würde ich zwar nicht als ein „nach Hause kommen“ bezeichnen, aber es war ein Zurückkommen an einen vertrauten Ort – mit ein paar neuen Aufgaben und natürlich in einer anderen Rolle. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin habe ich meine Voten abgegeben und das war es dann mehr oder weniger. Jetzt als Bundesrichterin muss ich alles, was rausgeht, mitunterschreiben und trage damit auch die Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen. Das ist wohl der größte Unterschied: Dass ich auch nach außen hin in Erscheinung trete und nicht nur diejenige bin, die im stillen Kämmerlein die Sachen vorbereitet.

Inwieweit hat Sie das Studium in Bielefeld auf Ihre Arbeit als Richterin vorbereitet?

Beim Jurastudium wird ja oft gesagt, dass es trocken sei und mit der Praxis nicht viel zu tun habe – was auf der einen Seite stimmt. Viele Fähigkeiten, die man im Beruf braucht, lernt man weder im Studium noch im Referendariat. Allerdings habe ich gerade in der Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am BAG und auch während meiner erstinstanzlichen Tätigkeit gelernt: Was wir Jurist*innen als Handwerkszeug bezeichnen – also beispielweise wie man mit Gesetzen umgeht, wie man sie auslegt, wie man sie anwendet – das braucht man. Wer seinen Job gut machen will, greift darauf in der Praxis immer wieder zurück und genau diese grundlegenden Fähigkeiten.

Die Universität Bielefeld bekommt eine deutlich stärkere europäische Ausrichtung, zum Beispiel als Europäische Hochschule im NEOLAiA-Verbund. Welche Rolle spielt Europa für Sie am Bundesarbeitsgericht?

Im Vergleich zu meiner Arbeit in Paderborn ändert sich diesbezüglich für mich am Bundesarbeitsgericht einiges. Gerade im Arbeitsrecht ist es in vielen Bereichen so, dass europäisches Recht unser nationales Recht überformt. In der ersten Instanz hatte ich damit weniger zu tun, aber jetzt in der dritten Instanz wird das deutlich mehr werden. Je nachdem in welchen Bereichen des Arbeitsrechts man sich tummelt, gibt es viele Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem europäischen Recht stellen – und alle Rechtsfragen, die sich zur Auslegung von europäischem Recht stellen, sind dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen, da deren Beantwortung dem EuGH vorbehalten ist. Das europäische Recht wird für mich in Zukunft also eine sehr viel größere Rolle spielen.

Was ist ein Rat, den Sie heutigen Studierenden gern mitgeben würden?

Es ist immer leichter und es hilft einem auch häufiger mal über Durststrecken hinweg, wenn man immer ein konkretes Ziel vor Augen hat, das man mit seinem Studium verfolgt. Allerdings sollte einen das nicht davon abhalten, auch mal über den Tellerrand hinaus zu schauen.

Man kann nicht in Bielefeld studiert haben, ohne…

…ohne im Westend gesessen zu haben und ganz neidisch auf die Personen geblickt zu haben, die sich gerade im angrenzenden Hallenbad tummeln und gerne mit denen tauschen zu wollen.

Teile dieses Artikels wurden im NACHSCHLAG, der Zeitung des Absolventen-Netzwerks der Universität Bielefeld e.V. erstmals veröffentlicht. Er ist Teil der Reihe „Alumni im Interview“, die verschiedene Absolvent*innen und ihre Werdegänge vorstellt.