Das Verhalten von Tieren, dessen Veränderungen und Hintergründe, standen im Fokus der Behaviour 2023, die vom 14. bis 20. August an der Universität Bielefeld stattfand. Über 800 registrierte Teilnehmende, darunter Spitzenwissenschaftler*innen aus den unterschiedlichsten Bereichen – von der Ethologie über die Verhaltensgenetik bis hin zur Anthropologie – tauschten sich über ihre Forschung und Fachgebiete aus. Der multidisziplinäre und internationale Kongress ist die alle zwei Jahre stattfindende Hauptkonferenz des International Councils of Ethologists (IEC).
Kann Individualisierung Tierarten helfen mit klimatischen Veränderungen umzugehen? Und welche Arten von Selektionsdruck sorgen sogar für die Verbesserung der kognitiven Fähigkeit einer Spezies? Vielfältige aktuelle Problemfelder wurden während des Kongresses in den 38 angesetzten Symposien und 56 Sessions behandelt: Klassische Themen wie Plastizität, Sozialverhalten und Kommunikation aber auch aufkommende Themen wie Mikrobiomforschung, Emotionen bei Tieren und Meta-Analysen mit großen Datensätzen. „Wir freuen uns sehr, so viele herausragende Wissenschaftler*innen mit ihren spannenden Forschungsthemen hier in Bielefeld bei der Behaviour 2023 zusammen bringen zu können und sind gespannt auf den wissenschaftlichen Austausch“, sagte Professor Dr. Oliver Krüger, Leiter des Lehrstuhls Verhaltensforschung an der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld. Krüger war gemeinsam mit Professorin Dr. Barbara Caspers Sprecher des Organisationsteams der Konferenz.
© Nele Elson
Caspers partizipierte selbst auch als eine der Plenarredner*innen. In ihrem Vortrag ging es unter anderem um die Fähigkeit von Zebrafinken, ihnen verwandte Vögel am Geruch zu erkennen. Weitere Plenarredner*innen waren unter anderem die Direktorin der Abteilung für die Ökologie von Tiergesellschaften am Max-Planck-Institut für Tierverhalten und Alexander von Humboldt-Professorin an der Universität Konstanz Dr. Meg Crofoot, der Verhaltensökologe und Naturschutzbiologe Professor Stotra Chakrabarti PhD vom Macalester College, Saint Paul (USA), Die Professorin für Biowissenschaften Julia Saltz PhD von der Rice University, Huston (USA), Biologieprofessor Michael Kasumovic PhD von der University of New South Wales in Sydney (Australien) und die Professorin für Ethologie Dr. Melissa Bateson vom Zentrum für Verhalten und Evolution der Universität Newcastle (UK). Die internationalen Expert*innen gaben Einblicke in ihre Forschung.
It’s like a sickness of scientists.
I can’t stop to be curious and motivated in finding out new things.
And it’s really like observing animals and finding out
why are they doing what we see them doing.
It is actually a historic building, although it doesn’t look like it.
It is the first department of animal behavior at any university in Germany.
It was founded on the 1st of November 1973,
and the first chair, Klaus Immelmann, made the department quite famous.
And hence, I believe this is indeed a historic place
and it is a wonderful place to work in because of the people who actually work here.
We study different facets of animal behavior
and we use different techniques, for example, machine learning,
but also molecular techniques to understand certain aspects of behavior.
And of course, in the long run, we hope to understand better
what is causing individual differences in behavior.
But we are also open
to all the new aspects that are hopefully coming in the future.
Behavior of animals is quite diverse,
and that’s why the research on this topic is also quite diverse.
We work with milligram heavy insects
and we see elephants that almost weigh a ton.
And as different as those animals are, are the behaviors we look at.
We do have such a variety of model systems.
In the lab we work with zebra finches and other estrildid finches.
Outside the university building,
There are the birds of prey.
So we work with goshawks, buzzards, eagle owls.
Even further afield we have long term field studies on Galapagos sea lions.
There is a long term project on Madagascar on different species of plovers.
So I think it’s the breadth and variety of model system
that really characterizes our approach to animal behavior.
For example, in the fire salamander research, where we are actually
currently looking at how much are these individuals moving in
their habitat and is there a difference between males and females?
Is there a difference between different individuals?
And in the long run, we really hope to understand
what is causing these differences.
In our department there is over 50 people.
So it’s a quite big department.
And in conjunction with Barbara Caspers and Klaus Reinhold,
there’s almost 90 people here studying all kinds of aspects
of the behavior ecology and evolutionary ecology
of a whole range of organisms, from insects to mammals and birds.
And I think that also makes this department unique,
that we have such a kind of big force of people interested in let’s say:
The over realm of animal behavior.
Whenever I tell anybody else that we help each other with money,
with space, with instruments, they usually have never heard of that.
And this is really perfectly done here in this building.
So there are many possibilities that people meet, chat often about science
or even work together from different groups,
and it doesn’t matter from which group they are.
We have an international team of scientists here
that have very different questions and that focus on different
animal species as well as different questions.
And that is something that is so inspiring on a daily routine
that I think there is no better place to work.
38 Nationen waren beim Kongress vertreten
Die Organisator*innen, eingeladene Redner*innen und Teilnehmenden kamen aus 38 verschiedenen Ländern. Es fanden mehr als 600 Talks und über 150 Posterpräsentationen statt. Neben den 38 Symposien standen zudem noch sechs Workshops im Zeitplan. Darunter Workshops zu Themen wie Inclusivity, Diversity und Equality in der Biologie. Diesen Diversitäts- und Gleichstellungsgedanken förderten die Organisator*innen aktiv durch Kinderbetreuung während der Konferenz und einen Verhaltenskodex, zu dessen Umsetzung einige Mitglieder des Teams geschult wurden, um die Konferenz zu einem Safe Space für alle zu machen. Das Thema Nachhaltigkeit wurde bei der Organisation in allen Aspekten berücksichtigt – unter anderem beim Catering, bei der Mobilität und bei der Müllvermeidung durch nachhaltige Produkte.
Abgerundet wurde das Programm des Kongresses für die Teilnehmenden mit Exkursionen, beispielsweise in umliegende Naturschutzgebiete. Außerdem wurden verschiedene Networking- und Socialevents für die Konferenzteilnehmenden geplant, beispielwese zum Thema Klimawandel und Bioakustik. Mit vergleichsweise niedrigen Konferenzgebühren wollten die Organisator*innen möglichst vielen Wissenschaftler*innen aller Karrierestufen wie auch Studierenden ermöglichen, an dem Kongress teilzunehmen.
© Nele Elson
Öffentlicher und kostenfreier Teil des Kongresses
Am Samstag, 19. August, hatten auch Interessierte, die nicht an dem gesamten Kongress teilnahmen, die Möglichkeit bei einer public session mehr zur Verhaltensforschung zu erfahren. Ab 19 Uhr fand die deutschsprachige Veranstaltung im großen Hörsaal Y-O-111 im Y-Gebäude der Universität statt. Gesprochen haben Dr. Isabelle Szott, Verhaltensforscherin bei apopo innovation, aus Tansania, zum Thema „Unerwartete Superhelden: wie Ratten Leben retten!“ und Professor Dr. Fritz Trillmich, Verhaltensforscher an der Universität Bielefeld, zum Thema „Immer Ärger mit der Familie?“ Eine Anmeldung zu diesem öffentlichen und kostenfreien Teil des Kongresses war nicht erforderlich.
© Kiên Ho
In den Vorjahren fand die Großkonferenz unter anderem in Newcastle (Großbritannien), Cairns (Australien), Estroil (Portugal) und in Chicago (USA) statt. Bielefeld hatte den Internationalen Ethologischen Kongress, wie er zu dieser Zeit noch hieß, bereits 1977 ausgerichtet und ist damit eine der ersten Universitäten in der Geschichte des IEC, die es geschafft hat, die Konferenz ein zweites Mal ausrichten zu dürfen. Der Behaviour-Kongress wird alle zwei Jahre ausgerichtet und ist die Hauptkonferenz des International Council of Ethologists. Die Tagung wird von verschiedenen Seiten unterstützt unter anderem von der Association for the Study of Animal Behaviour (Gesellschaft zur Erforschung von Tierverhalten, ASAB), der Ethologischen Gesellschaft und der ESEB (Europäische Gesellschaft für Evolutionsbiologie. Diese Organisationen veranstalten Konferenzen und vergeben Stipendien an Wissenschaftler*innen und Studierende.
© Universität Bielefeld/M. Adamski
Die Verhaltensforschung an der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld
Der Lehrstuhl Verhaltensforschung umfasst an der Fakultät für Biologie ein Team von mehr als 50 Wissenschaftler*innen. Untersucht wird das Verhalten von Tieren im Rahmen der vier Fragen-Theorie nach Nikolaas Tinbergen. Bekannt ist die Bielefelder Verhaltensforschung aktuell für ihre Laborstudien an Zebrafinken und Wildmeerschweinchen sowie ihre Langzeit-Feldstudien an Greifvögeln wie dem Mäusebussard und dem Habicht, oder der Forschung an Robbenarten wie dem Galapagos-Seelöwen und der antarktischen Pelzrobbe. Geleitet von Professor Dr. Klaus Immelmann entwickelte sich der am 1. November 1973 gegründete Lehrstuhl zu einem international führenden Zentrum der Verhaltensforschung. Seit 2013 leitet Professor Dr. Oliver Krüger den Lehrstuhl. Im Jahr 2020 wurde der Bereich Verhaltensökologie unter der Leitung von Professorin Dr. Barbara Caspers gegründet, der die Diversität der Forschungsthemen an der Universität Bielefeld weiter stärkt. Ein aktuelles Großprojekt sind der Sonderforschungsbereich/Transregio „Eine neue Synthese zur Individualisation für die Verhaltensforschung, Ökologie und Evolution: Nischenwahl, Nischenkonformität, Nischenkonstruktion (NC³)“ (SFB/TRR 212), der 2018 von den Universitäten Bielefeld und Münster gegründet wurde und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. Seit 2021 läuft der Forschungsverbund „Individualisierung in sich ändernden UmWelten“ (InChangE) in Kooperation mit der Universität Münster. Gefördert wird er vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.
© Universität Bielefeld/M. Adamski