Forschende an der Universität Bielefeld befassen sich mit der Lohnverteilung zwischen den Geschlechtern. Sie untersuchen, was im Detail die Ursachen für die schlechtere Bezahlung von Frauen sind – und an welchen Stellen es Möglichkeiten gibt, die Situation zu verbessern.
Frauen verdienen für ihre Arbeit im Schnitt weniger als Männer. Der sogenannte Gender Pay Gap beträgt in Deutschland ganze 18 Prozent. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Frauen arbeiten beispielsweise eher in schlechter bezahlten Berufen und haben seltener Führungspositionen inne als Männer.
Doch das ist nicht alles: Selbst wenn sich Tätigkeit und Bildungsweg ähneln, werden Frauen im Schnitt schlechter für die gleiche Arbeit bezahlt als Männer. Forschende an der Universität Bielefeld befassen sich mit den Gründen dafür – und auch damit, an welchen Stellen es Möglichkeiten gibt, die Situation zu verbessern.
Eine Quotenregelung hätte viele Vorteile
© Universität Bielefeld
„Auch in Deutschland haben wir doppelte Standards, wenn es darum geht, für wie gerecht wir Einkommen halten. Wir neigen unterbewusst dazu, für Männer ein höheres Gehalt als gerecht anzusehen als für Frauen – bei den gleichen berufsrelevanten Qualifikationen. Dieses Phänomen, das man Gender Bias, also geschlechtsbezogene Verzerrung nennt, deutet darauf hin, dass solche Einstellungen nach wie vor tief verankert sind.
Es zeigt sich in Studien aber auch, dass dieser Effekt schwindet, wenn Arbeitnehmende eine weibliche Vorgesetzte haben. Auch um diese etablierten Vorstellungen aufzubrechen, ist es wichtig, dass mehr Frauen in Führungspositionen arbeiten. Dies spricht eindeutig für eine Quotenregelung.
Zudem sind Frauen seltener in Jobs, in denen sie individuell über ihr Einkommen oder Teile davon verhandeln können. Wenn sie die Chance dazu haben, verhandeln sie dennoch seltener als Männer – und wenn sie verhandeln, dann auch weniger erfolgreich. Das liegt aber vor allem an strukturellen Faktoren und nicht an oft herangezogenen individuellen Faktoren wie geringerem Verhandlungsgeschick oder fehlendem Selbstbewusstsein. Entscheidender ist, dass Frauen in der Regel Lohnverhandlungen mit männlichen Vorgesetzten führen. Hier wirken doppelte Statusunterschiede: die Hierarchie in der Organisation und das Geschlecht als Statusmerkmal. Deshalb ist es wichtig, nicht nur mehr Transparenz bei Einkommensunterschieden zu schaffen, sondern auch standardisierte Verfahren für Lohnverhandlungen.“
Fehlende Transparenz als eine Ursache
© Markus Richter
„Im Gender Pay Gap verdichten sich zahlreiche Probleme und Benachteiligungen, mit denen Frauen im Arbeitsleben konfrontiert sind. Die Entgeltlücke entsteht, weil Männer und Frauen unterschiedliche Branchen, Berufe und Tätigkeiten wählen, auf betrieblichen Positionen ungleich verteilt sind, Frauen häufiger Teilzeit arbeiten und seltener in leitenden Funktionen tätig sind. Der Gender Pay Gap ist damit ein wichtiger Indikator für die Chancengleichheit von Frauen und Männern – besonders in Deutschland. Denn hier liegt er bei 18 Prozent und damit deutlich über dem EU-Schnitt von 13 Prozent. Nur in Lettland und Estland ist er größer.
Der Gender Pay Gap entsteht aber auch durch fehlende Transparenz bei der Entgeltfindung und nicht diskriminierungsfreie Tarifverträge – obwohl es seit 2017 das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen gibt. Dieses sieht auch betriebliche Prüfverfahren zur Entgeltgleichheit vor. Doch die haben nur wenige Betriebe bisher angewendet. Genau das haben wir erforscht.
Unser Projekt hat gezeigt, dass bei den betrieblichen Akteuren oft Wissen über geschlechtergerechte Entlohnung fehlt – und über Methoden der Prüfung. Der Rechtsgrundsatz, wonach nicht nur gleiche, sondern auch gleichwertige Arbeit von Frauen und Männern gleich entlohnt werden muss, wird in seinen praktischen Auswirkungen nicht ausreichend verstanden. Wichtig ist daher, nicht nur die individuellen Seiten – also unterschiedliche Berufswahl oder Arbeitszeiten – zu betrachten, sondern auch Tarifverträge und Eingruppierungen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.“