Der Europäische Forschungsrat (ERC) würdigt die Forschungsleistungen des Mathematik-Professors Dr. Benjamin Gess mit dem Consolidator Grant. Die Förderung liegt bei zwei Millionen Euro für einen Zeitraum von fünf Jahren. Gess setzt sie ein, um mit seinem Team Methoden zu entwickeln und zu verfeinern, mit denen sich Fluktuationen berechnen lassen. Fluktuationen müssen etwa im Maschinellen Lernen oder Klimaanalysen berücksichtigt werden. Der ERC Consolidator Grant ist begehrt – diesmal waren nur 14 Prozent der Anträge erfolgreich.
„Fluktuationen sind in der realen Welt und bei wichtigen technologischen Herausforderungen allgegenwärtig“, erklärt Benjamin Gess. Beim alltäglichen Erwärmen und Abkühlen von Flüssigkeiten kommt es zu minimalen Schwankungen, die zufällig ablaufen. „Gleichzeitig sind wir, beispielsweise in der Klimaforschung und künstlichen Intelligenz, mit komplexen Systemen konfrontiert, die vielen Freiheitsgraden und Wechselwirkungen unterliegen.“ Dieses komplexe Verhalten kann zufällige Effekte verstärken, die somit wesentliche Auswirkungen haben können. „Wir untersuchen mathematische Strukturen, die dieses Zusammenspiel von Fluktuation und Komplexität in Systemen verschiedenster Anwendungsfelder fassen“, so Gess.
© Foto: Universität Bielefeld/M. Adamski
Gleichungen, um von Zufall beeinflusste Systeme zu modellieren
„Die Methoden, an denen wir in dem neuen vom ERC geförderten Projekt arbeiten, sollen einerseits dazu dienen, die Regelmäßigkeit hinter einem komplexen dynamischen Verhalten eines Systems zu erfassen“, sagt Benjamin Gess. „Andererseits geht es darum, die Aspekte zu berücksichtigen, die vom Zufall beeinflusst sind. Erst dann werden Vorhersagen möglich, die zu einem hohen Grad zuverlässig sind.“ Ein zentrales Ziel ist, aufzudecken, welche universelle Eigenschaften stochastische Systeme verbinden.
Gess ist Spezialist für stochastische partielle Differenzialgleichungen (SPDG). Die Stochastik befasst sich vor allem mit dem Zufall, seinen Gesetzmäßigkeiten und Wahrscheinlichkeiten. Die SPDG sind zentral, um vom Zufall beeinflusste Systeme in der Fluid-, Kontinuums- und Quantenmechanik und in technischen Anwendungen zu modellieren.
Außer an Universität Bielefeld auch an Max-Planck-Institut tätig
Benjamin Gess ist 2016 an die Fakultät für Mathematik der Universität Bielefeld berufen worden. Seit 2015 leitet er ebenfalls eine Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften (MPI MIS) in Leipzig. Benjamin Gess hat Mathematik und Informatik in Bonn und Warwick (Großbritannien) studiert. Er promovierte an der Universität Bielefeld. Als Postdoc arbeitete der Mathematiker an den Universitäten Bielefeld, der Technischen Universität Berlin, der Humboldt-Universität Berlin und der University of Chicago (USA).
Bislang drei Bielefelder Wissenschaftler*innen mit Consolidator Grants
Die ERC Consolidator Grants (CoG) richten sich an herausragende Nachwuchswissenschaftler*innen aller Fachbereiche, deren eigene unabhängige Arbeitsgruppe sich in der Konsolidierungsphase befindet. Zur Universität Bielefeld gehören mit Gess drei Wissenschaftler*innen, die die Förderung erhalten haben: Der Kognitionswissenschaftler Professor Dr. Christoph Kayser kam 2017, ausgezeichnet mit einem CoG, an die Universität Bielefeld. Die Physikerin Professorin Dr. Gabi Schierning wechselte 2019 nach Bielefeld, ebenfalls, nachdem sie einen CoG erhalten hatte.
Der Europäische Forschungsrat, 2007 von der Europäischen Union gegründet, ist die wichtigste europäische Förderorganisation für exzellente Pionierforschung. Er fördert herausragende Forschende aller Nationalitäten und jeden Alters, die Projekte in ganz Europa umsetzen.
Weitere Informationen:
- Pressemitteilung des Europäischen Forschungsrats (ERC)
- Website von Prof. Dr. Benjamin Gess