Rund 2.500 Wissenschaftler*innen werden vom 26. bis 30. September auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) an der Universität Bielefeld erwartet. Die Forschenden werden in etwa 200 Veranstaltungen zum Thema „Polarisierte Welten“ diskutieren. Ein Höhepunkt des Kongresses wird die Verleihung des DGS-Preises an den Soziologen und Sozialphilosophen Professor Dr. Hans Joas für sein wissenschaftliches Lebenswerk sein. Anschließend hält er den Abschlussvortrag der ältesten und größten Soziologiekonferenz im deutschsprachigen Raum.
Wie entstehen Polarisierungen, was begünstigt sie und was hebt sie auf? Wie stark oder schwach sind sie tatsächlich und welche Konsequenzen haben sie für eine Gesellschaft? Das sind zwei zentrale Fragen, mit denen sich die Teilnehmenden des 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie beschäftigen werden. Thematisiert wird auch, was Polarisierungen mit Blick auf Krieg und Konflikt, Arbeitsmärkte und Bildung, soziale Bewegungen sowie Geschlechtsidentität und Gender bedeuten.
„Wir wollen diese Aspekte auf dem Kongress aus vielfältigen Perspektiven und multiparadigmatisch betrachten und gemeinsam nach Antworten suchen“, sagt Professorin Dr. Diana Lengersdorf von der Universität Bielefeld, Sprecherin des Organisationsteams. Außer an Soziolog*innen richtet sich der Kongress an Wissenschaftler*innen weiterer Disziplinen wie Erziehungswissenschaft, Geschichtswissenschaft, Medizin, Psychologie, Rechtswissenschaft, Data Science oder Digital Humanities (Digitale Geisteswissenschaften). „Nach zwei Kongressen im digitalen Format freuen wir uns nun auf den persönlichen Austausch und die Begegnungen“, sagt Lengersdorf.
Auf dem Programm steht unter anderem die Verleihung des Preises für ein hervorragendes wissenschaftliches Lebenswerk. Dieses Jahr verleiht die Deutsche Gesellschaft für Soziologie dem Wissenschaftler Hans Joas die Auszeichnung. Im Lauf seiner wissenschaftlichen Karriere beschäftigte er sich insbesondere mit dem US-amerikanischen Pragmatismus. Zusätzlich befasste er sich mit Werteforschung, Religionssoziologie, der Soziologie von Krieg und Gewalt sowie den Menschenrechten. Für seine Forschung wurde er vielfach ausgezeichnet, etwa mit dem Max-Planck-Forschungspreis.
Aus aktuellem Anlass gibt es am 28. September eine Podiumsdiskussion zum Ukrainekrieg. Zusätzlich möchte die DGS ukrainischen Wissenschaftler*innen den Einstieg erleichtern: Ein offenes Netzwerktreffen am 27. September soll ihnen dabei helfen, auch im akademischen Umfeld Kontakte aufzubauen und sich zu vernetzen. Die Vorsitzende des DGS, Professorin Dr. Paula-Irene Villa Braslavsky, wird das Treffen eröffnen.
Öffentliches Programm mit Exkursion und Science-Show
Zum Kongress gehört ein öffentliches Rahmenprogramm, an dem Interessierte teilnehmen können. Vorgesehen sind beispielsweise eine Exkursion zur Gedenkstätte Stalag 326 in Schloß Holte-Stukenbrock, ein Vortrag zu sozialem Protest und sozialen Bewegungen wie auch ein Museumsrundgang zur Bielefelder Stadtgeschichte im Historischen Museum der Stadt Bielefeld. Ebenfalls steht eine neue Ausgabe der Science-Show „Brainstorm: Wissenschaft trifft Improtheater“ auf dem Programm. Am Rahmenprogramm beteiligt sind unter anderem die Universitätsgesellschaft, das Zentrum für Ästhetik der Universität Bielefeld, die Volkshochschule Bielefeld und das Wissenschaftsbüro der Stadt Bielefeld.
Gesellschaft richtet Kongresse seit mehr als hundert Jahren aus
Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Zielsetzungen vor allem darin bestehen, sozialwissenschaftliche Probleme zu erörtern, die wissenschaftliche Kommunikation der Mitglieder zu fördern und an der Verbreitung und Vertiefung soziologischer Kenntnisse mitzuwirken. Er wurde bereits 1909 gegründet. Die Kongresse der Deutschen Gesellschaft für Soziologie richtet die DGS in zweijährigem Abstand aus. Die auf den Kongressen gehaltenen Vorträge aus mehr als hundert Jahren liegen in Sammelbänden publiziert vor.
Fakultät für Soziologie ist mit für Ausrichtung des Kongresses verantwortlich
Mitausrichterin des Kongresses ist die Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld. Mit insgesamt elf Arbeitsbereichen und mehreren interdisziplinären Forschungsinstituten zählt sie zu den größten sozialwissenschaftlichen Forschungs- und Lehreinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa. Erster Professor der Gründungsfakultät war Niklas Luhmann, einer der bedeutendsten deutschen Soziologen und Vertreter der soziologischen Systemtheorie. Die Fakultät ist mit einer Reihe von interdisziplinären Forschungsinstituten verbunden: dem Institut für Weltgesellschaft (IW), dem Interdisziplinäres Zentrum für Geschlechterforschung (IZG), dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG), dem Centre for German and European Studies und dem Sonderforschungsbereich 1288 „Praktiken des Vergleichens“.