Ein wissenschaftliches Thema, in Kürze erklärt, nur mit den Hilfsmitteln, die man selbst auf die Bühne tragen kann: Das ist das FameLab-Konzept. Wie ist es für Forschende, sich so stark eingrenzen zu müssen? Was für Erfahrungen haben sie bei der Teilnahme gemacht? Zwei Finalteilnehmer aus Bielefeld berichten.
Junge Forscherinnen und Forscher können sich noch bis zum 21. März für den FameLab-Vorentscheid in Bielefeld am 4. April 2019 anmelden. Wer teilnimmt, bekommt drei Minuten. Nicht mehr. Drei Minuten für Forschende, die bei Konferenzen mindestens eine Viertelstunde, oder für Forschungsartikel 40 Seiten Platz zugesprochen bekommen. Und dann ist auch schon der Nächste dran. „Darin liegt ein großer Teil des Reizes für die Zuschauer“, erklärt Gesa Fischer von Bielefeld Marketing, die das FameLab in Bielefeld organisieren. „Über einen Abend werden so viele kleine Eindrücke in verschiedene Forschungsfelder ermöglicht.“ Weitere Regeln des FameLabs sind, dass die Forschenden naturwissenschaftliche Themen präsentieren, und dass – anders als etwa beim Poetry Slam – nicht das Publikum, sondern eine fachlich versierte Jury entscheidet, wer weiterkommt oder gewonnen hat. „Wobei aber auch ein Publikumssieger gekürt wird“, fügt Fischer hinzu. „Das Interessante ist, der deckt sich oft mit den von der Jury gewählten Gewinnern.“
Das Konzept stammt ursprünglich aus Großbritannien und wurde 2011 vom British Council in Zusammenarbeit mit Bielefeld Marketing nach Deutschland geholt.
Aber damit das FameLab funktioniert, muss es auch die Forschenden geben, die bereit sind, sich in so ein strenges Format zu fügen. Der Kosmologe Dr. Matthias Schmidt-Rubart ist einer von denen, die beim ersten Mal 2011 mit dabei waren. Sein Professor hatte ihn auf das Format aufmerksam gemacht – neben ihm nahmen dann sogar noch zwei weitere Kosmologen aus der Arbeitsgruppe teil. „Ich war einfach neugierig, ob ich das kann, mit Bühne, und Publikum“, sagt er über seine Motivation. „Und weil wir zu dritt waren konnten wir uns auch gut zusammen vorbereiten.“
Die Vorbereitung: Aufs Wesentliche reduzieren
Mit der Begrenzung auf drei Minuten und der Aussicht auf ein Publikum, das höchstwahrscheinlich mit dem eigenen Fach bisher wenig zu tun hatte, ist der wichtigste Teil der Vorbereitung: Die eigene Arbeit auf wenige, ausgewählte Punkte zu reduzieren. „Ich wollte eine Idee vermitteln“, erklärt Schmidt-Rubart seine Vorgehensweise. In seiner Forschung, die unter anderem über Positionsbestimmung von Galaxien geht, setzt er sich auch mit den Eigenheiten von schwarzen Löchern auseinander. In seinem Vortrag wollte er unter anderem verdeutlichen, dass schwarze Löcher als das Gegenteil ihres Namens funktionieren: Und zwar als Orte geballter Materie mitten im leeren Raum.
Einen anderen Weg wählte Anja Friedrich, die an der Universität Bielefeld in Psychologie promoviert und 2017 am FameLab teilnahm. Unsicher darüber, was aus ihrer Forschung auch für Außenstehende interessant ist, griff sie erst auf ein ihr bekanntes Publikum zurück: „Ich habe einfach alles, was ich in meiner Forschung mache, meinen Großeltern erzählt“, erklärt sie lachend. „Und die Themen, die sie spannend fanden, habe ich dann fürs FameLab vorbereitet.“ Das waren im Einzelnen, wie verschiedene Disziplinen auf das Phänomen Schlaf schauen, dass Studierende anfällig für Schlafstörungen sind, und wie sich Elektrogeräte auf Schlaf auswirken.
Der Auftritt: „Ab dem dritten Satz macht es Spaß“
Anja Friedrich choreografiert ihren Auftritt im Vorhinein durch: Sie weiß, wann sie welchen Satz sagen und mit welchen Gesten sie ihre Argumente verdeutlichen will. Matthias Schmidt-Rubart gestaltet seinen Vortrag offener, mit mehr Platz für Veränderung. Beim ersten FameLab hat er einen Auftritt sogar weitgehend improvisiert. „Damals war noch die Regel, dass die drei Besten des Vorentscheids am selben Abend nochmal auftreten. Ich bin nie davon ausgegangen, dazu zu gehören – aber als mein Auftritt durch war, und ich gemerkt hab, dass das beim Publikum gut ankam, war klar, vielleicht muss ich nochmal raus. Dann habe ich mir schnell was überlegt.“
„Das Publikum ist insgesamt sehr herzlich, das trägt einen richtig“, sagt auch Anja Friedrich. „Ich war wahnsinnig nervös vor meinem Auftritt im Vorentscheid, noch nervöser natürlich dann in der riesigen Oetker-Halle im Finale. Aber wenn man die ersten Sätze hinter sich hat, und die Leute lachen, wird alles gut. Ab dem dritten Satz macht es dann Spaß.“
Danach: Was das FameLab beibringt
Nach dem FameLab sind beide Forschende zu weiteren Auftritten eingeladen worden und haben Science Slams in ganz Deutschland bestritten. Doch auch darüber hinaus sind sie sich sicher, dass die Erfahrung sie verändert hat. Anja Friedrich hat die Prinzipien, was gut für einen Auftritt ist, in ihre wissenschaftliche Arbeit überführt: „Ich versuche jetzt, wenn ich Artikel über meine Forschung schreibe, mich auf das Wesentliche zu beschränken, das was wirklich interessant ist, anstatt ausschweifend alles zu erklären.“ Für Matthias Schmidt-Rubart war das FameLab der erste Schritt in Richtung Lehre. Er ist heute an der Universität im Programm „Richtig einsteigen!“ tätig und vermittelt Erstsemestern mathematische Kompetenzen. „Ich weiß nicht, ob ich mir Lehre überhaupt zugetraut hätte, wenn ich nicht beim FameLab gewesen wäre“, sagt er. „Jetzt kann ich mir sogar vorstellen, als Lehrer an eine Schule zu gehen.“
Beide sind sich sicher, dass eine Teilnahme am FameLab für alle jungen Forschenden eine lohnende Erfahrung wäre. „Ganz egal ob man weiterkommt“, versichert Anja Friedrich, „denn alleine auf die eigene Arbeit nochmal drauf zugucken und sich zu fragen, ‚was davon ist auch für Außenstehende interessant‘, bringt einen weiter. Und es ist nicht wirklich ein Wettbewerb gegen die anderen Teilnehmer – sondern eine tolle Gemeinschaftserfahrung.“
Das Wissenschaftsbüro von Bielefeld Marketing ist bundesweiter Partner des FameLab-Wettbewerbs, der inzwischen in rund 35 Ländern weltweit ausgetragen wird. Die Schirmherrschaft übernimmt der British Council. Das FameLab in Bielefeld wird unterstützt durch Goldbeck GmbH und Volksbank Bielefeld/Gütersloh als Corporate Partner des Wissenschaftsbüros sowie durch die regionalen Partner: Universität Bielefeld, Radio Hertz 87.9 und Kulturamt Bielefeld.