In einem Restaurant stehen Kunden an der Kasse. Sie hören, wie sich vor ihnen jemand über das Essen beschwert, und wie das Problem gelöst wird. Später erzählen sie Freunden davon. Und die bilden sich eine Meinung. Beschwert sich jedoch eine Kundin oder ein Kunde über Social Media, bekommen das noch viel mehr Menschen mit. Juniorprofessorin Dr. Nicola Bilstein von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften hat in einer Studie untersucht, wie Unternehmen mit Social Media Beschwerden umgehen sollten.
Frau Bilstein, wieso müssen sich Unternehmen überhaupt damit auseinandersetzen, was Kundinnen und Kunden in sozialen Netzwerken schreiben?
Unternehmen müssen wissen, dass in Social Media andere Prozesse und Beziehungen als bislang gewohnt stattfinden. Beschwerden erreichen viel mehr Leute. Und selbst wenn jemand das Unternehmen gar nicht kennt, bei Facebook aber mitbekommt, dass das Unternehmen schlecht mit einer Beschwerde umgeht, dann hat das einen negativen Einfluss auf die Meinung dieser Person. Diese öffentlichen Beschwerden können somit eine wichtige Informationsquelle sein. Oft ist die Hemmschwelle, sich zu beschweren, in sozialen Netzwerken geringer.
Was müssen Unternehmen tun, damit andere Kundinnen und Kunden einen guten Eindruck bekommen?
Wir haben herausgefunden, dass es sich positiv auswirkt, wenn Beschwerdegespräche öffentlich geführt werden und nicht in private Chats verlagert werden. Wenn andere sehen, wie das Unternehmen mit einem Kunden oder einer Kundin über eine Rückerstattung oder Entschädigung verhandelt, sind sie eher geneigt, dieses Unternehmen weiterzuempfehlen oder selbst dort zu kaufen. Manchmal ist es aber auch unangebracht oder den Unternehmen einfach nicht erlaubt, das gesamte Beschwerdegespräch transparent und damit öffentlich auf Social Media zu führen. Dies kann der Fall sein, wenn Beschwerdegespräche sensible Daten enthalten. Unsere Studie zeigt, dass in solchen Situationen auch eine bedingte Transparenz, die entweder den Prozess oder das Ergebnis des Beschwerdegesprächs öffentlich auf Social Media zeigt, einen positiven Einfluss auf Dritte hat. Die Bedeutung von Transparenz gilt auch für bekannte Marken. Hier haben die Kundinnen und Kunden besonders hohe Erwartungen an den Umgang mit Beschwerden. Insgesamt müssen Unternehmen sich bewusst sein, dass eben auch Dritte durch den Umgang mit Beschwerden via Social Media beeinflusst werden. Unternehmen sollten also nicht an Ressourcen in diesem Bereich sparen.
Sie sind seit einem halben Jahr als Juniorprofessorin an der Universität Bielefeld und befassen sich mit intelligenten Produkte. Wieso hat Sie das gereizt?
Für mich sind Dienstleistungen, also mein bisheriges Forschungsfeld, und intelligente Produkte nicht zu trennen. Smart Homes zum Beispiel – hier sind nicht nur die technischen Produkte wie der intelligente Kühlschrank wichtig, auch der Supermarkt als Dienstleister muss mit integriert werden, damit Einkäufe automatisiert erfolgen können. Doch bei Innovationen muss man immer die Kundinnen und Kunden im Blick haben – eine Erfindung kann noch so ausgeklügelt sein, wenn sie am Ende nicht genutzt wird. An der Universität Bielefeld schätze ich die Interdisziplinarität und die Offenheit unter den Kolleginnen und Kollegen. Beides ermöglicht es, Hand in Hand an komplexen Fragestellungen zu arbeiten.
Die Studie zum Beschwerdemanagement in sozialen Medien hat Nicola Bilstein mit zwei Forschenden der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt publiziert. An der KU Eichstätt-Ingolstadt promovierte sie 2012. Seit November 2018 ist die 36-Jährige wieder in ihrer Heimat Ostwestfalen-Lippe tätig und forscht als Juniorprofessorin der Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Management von intelligenten Produkten an der Universität Bielefeld. Ihren Bachelor und Master machte Nicola Bilstein in International Business Studies in Paderborn.