Vom Chatbot, der KI-Modelle erklärt, bis zur Frage, ob wir uns von Robotern ausgegrenzt fühlen: Der Fokusbereich FAITH erforscht an der Universität Bielefeld, wie die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Künstlicher Intelligenz funktioniert – interdisziplinär, praxisnah und mit gesellschaftlicher Perspektive. Aktuelle Projekte zeigen, warum hybride Teams mehr sind als ein technisches Experiment – sie verändern unser Verständnis von Arbeit.
Denn KI ist längst nicht mehr nur Werkzeug, sondern wird zunehmend zum Interaktionspartner: Sie erkennt Situationen, trifft Vorhersagen, schlägt Lösungen vor. Doch wie muss ein KI-System beschaffen sein, damit es im Team mit Menschen funktioniert – als vertrauenswürdiger, fairer und kompetenter Partner? FAITH bringt Forschende aus Psychologie, Soziologie, Linguistik und Informatik zusammen, um das zu ergründen.

© Stefan Sättele
„Wir erleben gerade eine Phase, in der KI-Systeme unsere Arbeitswelt tiefgreifend verändern und das nicht nur technisch, sondern auch sozial“, sagt Professor Dr. Philipp Cimiano, Sprecher des Fokusbereichs. „FAITH ist unsere Antwort auf diese Entwicklung. Wir wollen nicht, dass KI Menschen ersetzt. Wir wollen, dass sie sich sinnvoll ergänzen.“
Dabei geht FAITH über klassische Mensch-Maschine-Forschung hinaus. Im Zentrum steht das Team – mit all seinen Herausforderungen: Vertrauen, Fairness, Rollenverständnis, Autonomie. Die Forschenden untersuchen, wie solche hybriden Teams überhaupt entstehen, wie sie sich organisieren und welche gesellschaftlichen und organisationalen Folgen das hat.

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Können Roboter ausgrenzen?
Was passiert zum Beispiel, wenn Menschen von Robotern sozial ausgegrenzt werden? Diese ungewöhnliche Frage stellen sich die Wissenschaftler*innen im Rahmen des Verbundprojekts SAIL „Sustainable Life-Cycle of Intelligent Socio-Technical Systems“ – mit erstaunlichen Ergebnissen.
Studien der Psychologin Clarissa Sabrina Arlinghaus zeigen: Wenn Menschen von einer KI ignoriert oder ausgeschlossen werden, reagieren sie emotional, ähnlich wie bei zwischenmenschlicher Ausgrenzung. Das legt nahe, dass wir KI-Systeme zunehmend als soziale Wesen wahrnehmen, mit entsprechenden Erwartungen an Fairness und Respekt.
Das hat weitreichende Folgen für die Gestaltung von KI in der Arbeitswelt: „Wenn Roboter als soziale Akteure auftreten, müssen sie sich auch an soziale Spielregeln halten“, betont Cimiano.
Wenn Hybride Teams Arbeitsqualität verändern
Das Team um Professorin Dr. Anja Abendroth hat am „NRW Forschungskolleg Arbeit 4.0: Gestaltung von flexiblen Arbeitswelten“ untersucht, unter welchen betrieblichen Bedingungen diese Veränderungen ablaufen. Im Fokus stehen algorithmische Arbeitsanweisungen und deren Auswirkungen auf Arbeitsautonomie.
Eine Analyse von Beschäftigten in Großunternehmen zeigt: Inwiefern algorithmische Steuerung nicht intendierte Folgen für die Arbeitsqualität von Beschäftigten beinhaltet, hängt stark von ihrer Einbindung im Team ab und davon, ob sie weiterhin ihre Fähigkeiten einbringen können. „Es geht auch darum wie der Einsatz von KI in der Arbeitswelt sozial vorbereitet, ausgehandelt und reguliert wird“, so Abendroth.

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Was auf dem Spiel steht
Die Frage, wie wir mit KI zusammenarbeiten, betrifft weit mehr als technische Prozesse. Es geht um Verantwortung, Teilhabe, Bildung und Chancengleichheit in einer zunehmend automatisierten Welt. „Wir erleben eine Zeit, in der Stimmen laut werden, die sagen: Bald brauchen wir beispielsweise keine Programmierer mehr“, so Cimiano mit Blick auf Aussagen wie eben diese von Mark Zuckerberg. „Wir sehen das anders. Menschen haben einzigartige Fähigkeiten – wir wollen Systeme entwickeln, die das respektieren und ergänzen, nicht ersetzen.“