Institutionen wie die Verfassung, die Polizei oder die Justiz spielen in der Demokratie eine zentrale Rolle. Genau darum sind sie in der Strategie der AfD wichtige Ziele, um das von ihnen angestrebte autoritäre Gesellschaftsmodell zu etablieren. Wie die AfD versucht, in Institutionen Fuß zu fassen und diese zu verändern, untersuchen Forscher*innen bei dem hochkarätig besetzten Workshop „Die Gefahren der Delegitimierung und Destabilisierung von gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen durch den Autoritären Nationalradikalismus der AfD“, der vom 4. bis zum 6. Dezember am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld stattfindet.
„Für die Sicherung der Demokratie einer pluralistischen Gesellschaft und eines liberalen Staates im Sinne des Grundgesetzes spielen Institutionen eine herausragende Rolle“, erklärt der Bielefelder Soziologe Professor Dr. Wilhelm Heitmeyer, der die Tagung zusammen mit dem Juristen Professor Dr. Günter Frankenberg (Frankfurt a.M.) leitet. Institutionen definieren Rechte und Pflichten der Bürger*innen, bestimmen, welches Verhalten insbesondere von politischen Entscheidungsträger*innen erwartet werden kann und nach welchen Prinzipien sie sich zu richten haben. Institutionen stabilisieren Gesellschaften und machen Politik kontrollierbar. Verständlich, dass sie die ersten Angriffspunkte für Strömungen sind, die darauf zielen, Gesellschaften massiv zu verändern.
Identitätspolitik soll als Kulturkampf durchgesetzt werden
„Die Vielfalt ihrer Funktionen macht Institutionen zu neuralgischen Punkten insbesondere demokratischer Gesellschaften, die sozialen, kulturellen und politischen Wandlungsprozessen und sozio-ökonomischen wie politischen Krisen ausgesetzt sind, die Veränderungen mit sich bringen oder Anpassungsprozesse erfordern“, erklärt Günter Frankenberg. Das sei die Situation, in der die AfD versuche, in die bestehenden Institutionen einzuwandern und sie in ihrem Sinne zu verändern. „Die Strategie der AfD zielt erkennbar darauf ab, in die gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen einzudringen, nationalistische Positionierungen im sozio-ökonomischen Kontext des ‚Deutschland zuerst‘ zu etablieren, ‚Fremde‘ abzuwehren und im kulturellen Kontext eine Neudeutung deutscher Geschichte und eine Identitätspolitik als Kulturkampf durchzusetzen“, so Heitmeyer.
Um diese Prozesse zu analysieren, haben die Forscher Kolleg*innen aus Politik-, Rechts-, Kultur-, und Sozialwissenschaft, aus Konflikt- und Gewaltforschung und aus dem Journalismus eingeladen. Sie werden sich mit der Verfassung ebenso beschäftigen wir mit der Polizei, der Bundeswehr, der Justiz, den Gewerkschaften, den Bauernverbänden, den Medien und der politischen Bildung. „Wir möchten untersuchen, inwiefern es der AfD und ihrem intellektuellen Umfeld bereits gelungen ist, in Institutionen Wirkung zu erzielen und ihre politischen Positionen ins Werk zu setzen, zu vertiefen und zu normalisieren“, so Frankenberg. „Es geht dem autoritären Nationalradikalismus darum, seine Positionen zu normalisieren und Akzeptanz zu schaffen, um darauf Macht aufzubauen. Das ist gefährlich. Deshalb werden wir untersuchen, wie ihre Strategien der Delegitimierung und Destabilisierung von Institutionen aussehen.“