Warum lassen wir uns von bestimmten Erklärungen überzeugen und von anderen nicht? Ein Forschungsteam der Universität Bielefeld geht dieser Frage nach. Die Wirtschaftswissenschaftler Professor Dr. Manuel Förster und Dr. Gerrit Bauch vom Institut für Mathematische Wirtschaftsforschung (IMW) der Universität Bielefeld untersuchen, wann Menschen für geschickt eingesetzte Deutungsmuster anfällig sein können. In der neuen Ausgabe von research_tv stellen sie ihre laufende Studie vor.
Der Umgang mit Narrativen in Zeiten der Unsicherheit
Für uns ist das Narrativ tatsächlich alles, was die Welt verständlich macht. Genauer gesagt bedeutet das, dass alles, was eine Interpretation von gegebenen Daten oder Fakten liefert, als Narrativ gesehen werden kann. Wenn Sie also an einen Immobilienmakler denken, der versucht, Ihnen ein Haus zu einem sehr hohen Preis zu verkaufen, könnte er gute Argumente dafür finden: Es gibt vielleicht eine nette Nachbarschaft, es wurde kürzlich renoviert, und er kann die Art von Details auswählen, die er betonen möchte, warum das Haus diesen hohen Preis wert ist. Aber natürlich könnte es strategische Überlegungen geben, warum der Immobilienmakler genau diese Aspekte und nicht andere auswählt. Es könnte also sein, dass es nicht ganz so gut ist, wie der Makler es Ihnen verkaufen möchte.
Wenn die Themen komplex sind, helfen Narrative den Menschen, zu verstehen, wie die Welt funktioniert. Um zu verstehen, wie sie handeln sollten. Das ist natürlich eine wichtige Funktion von Narrativen. Sie helfen den Menschen, Dinge zu verstehen.
Der Schlüssel zum Erkennen falscher Narrative
Was Sie klar erkennen können, ist, wenn Menschen sich bewusst sind, dass Narrative strategisch eingesetzt werden könnten, dann ist es natürlich schwieriger, sie mit falschen Narrativen zu beeinflussen. Während, wenn sie sich dessen nicht bewusst sind und in gewisser Weise naiv sind, es viel einfacher ist, ihr Verhalten zu beeinflussen.
Wie beeinflussen Narrative das Verhalten? In unserer Studie möchten wir herausfinden, in welchem Maße die Menschen sich des strategischen Einsatzes von Unsicherheiten bewusst sind und welche Auswirkungen dieses Bewusstsein auf den möglichen Einfluss von Narrativen auf Menschen hat. Wie machen wir das? In einem ersten Schritt leiten wir derzeit Hypothesen für das Verhalten von Menschen ab, wenn sie sich bewusst sind, dass sie strategisch eingesetzt werden und wenn sie es nicht sind. Und dann im zweiten Schritt möchten wir diese Hypothesen empirisch testen.
Ausblick
Die nächsten Schritte bestehen im Wesentlichen darin, herauszufinden, inwieweit Menschen sich dessen tatsächlich bewusst sind. Und dann wollen wir versuchen, Lösungen zu entwickeln, wie man das Bewusstsein verbessern kann.
Anhand alltäglicher Beispiele erläutern die Forschenden, wie Narrative unser Denken und Handeln beeinflussen können. Dabei geht es auch darum, welche Rolle das eigene Bewusstsein für solche Beeinflussungsversuche spielt. Die Studie soll nicht nur neue wissenschaftliche Erkenntnisse liefern, sondern auch Lösungen für den Umgang mit Narrativen im Alltag.
Manuel Förster und Gerrit Bauch gehören zum Team des Center for Uncertainty Studies (CeUS) der Universität Bielefeld, einer Wissensplattform, die sich der inter- und transdisziplinären Erforschung von Unsicherheit widmet. Narrative haben den beiden Forschenden zufolge einen erheblichen Einfluss auf die Wahrnehmung und Bewältigung unsicherer Situationen.
Das Projekt verbindet wirtschaftswissenschaftliche Methoden mit Erkenntnissen aus Disziplinen wie der kognitiven Psychologie und der Statistik. Erste Ergebnisse hat das Forschungsteam als Arbeitspapier auf der Online-Plattform arXiv bereitgestellt, um sie mit der Fachöffentlichkeit zu diskutieren. Die Studie knüpft an das frühere Forschungsprojekt „Information, Fake News, and Social Networks“ an, das Manuel Förster leitet und das seit 2021 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. Bis Mai 2025 beschäftigt es sich mit den Auswirkungen von Fehlinformationen in sozialen Netzwerken.