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Deutscher Preis für Philosophie geht an Benjamin Kiesewetter


Autor*in: Universität Bielefeld

Die Max Uwe Redler Stiftung hat den Deutschen Preis für Philosophie 2024 am 8. November an Professor Dr. Benjamin Kiesewetter, Universität Bielefeld, für seine herausragenden Arbeiten zur normativen Dimension der menschlichen Vernunft übergeben. Für die Jury erfüllen Kiesewetters Arbeiten „in glänzender Weise den Anspruch der Philosophie, durch gründliches Nachdenken und sorgfältige Argumentation belastbare Antworten auf Grundfragen zu finden.“

In der Begründung der Jury heißt es: „In seiner international weithin beachteten Monographie “The Normativity of Rationality” entwickelt Kiesewetter eine umsichtig begründete Antwort auf die Frage, ob es immer gut ist, vernünftig zu sein. Er verwirft ‚strukturell‘ begründete Antworten, die darauf abstellen, dass ein irrationaler Akteur miteinander unvereinbare Einstellungen hätte, und bindet die Vermeidung von Irrationalität an die Fähigkeit, angemessen auf die verfügbaren Gründe zu reagieren.“

Professorin Dr. Christiane Fuchs, Prorektorin für Forschung und Forschungsvernetzung der Universität Bielefeld, gratuliert und sagt: „Forschung und Wissenschaft brauchen Menschen, die für ihre Ideen brennen und sie zielgerichtet verfolgen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Benjamin Kiesewetter sucht Antworten auf die Grundfragen unserer Zeit und scheut sich nicht, auch aktuelle Themen aufzugreifen, die in der Gesellschaft sehr kritisch diskutiert werden.“

Portrait von Philosoph Prof. Dr. Benjamin Kiesewetter
Philosoph Prof. Dr. Benjamin Kiesewetter erforscht die Struktur von Normativität.

Benjamin Kiesewetter ist seit März 2023 Professor für Praktische Philosophie an der Universität Bielefeld. Zuvor war er in verschiedenen akademischen Positionen tätig, darunter als Gastprofessor an der Universität Hamburg und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Universität zu Berlin, in Canberra und Buenos Aires. Er hat Philosophie, Deutsche Literatur und Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert und wurde dort 2014 mit einer Arbeit über das Thema „The Normativity of Rationality“ promoviert. 2017 wurde dieses Buch bei Oxford University Press mit großer internationaler Resonanz veröffentlicht. Benjamin Kiesewetters Forschungsschwerpunkte liegen in der Metaethik, der normativen Ethik und der angewandten Ethik. Insbesondere beschäftigt er sich mit der Struktur der Normativität, moralischen Rechten und ethischem Pluralismus sowie mit Fragen der politischen Philosophie wie Kinderrechten, Demokratietheorie und Klimaethik. Prof. Kiesewetter leitet zudem das ERC-Forschungsprojekt „REASONS F1RST – The Structure of Normativity“, das sich mit der grundlegenden Frage beschäftigt, wie normative Urteile über Gründe formuliert werden können.

Interesse an seinem späteren Forschungsgebiet hat Benjamin Kiesewetter nach eigenen Aussagen schon als Kind entwickelt, indem er für sich den Zusammenhang von Normen und Vernunft entdeckte: „Normen müssen begründet sein“. Er wurde Aktivist für Kinderrechte und war 1995 mit 16 Jahren einer von zwei Schülern, die in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde einreichten, um ein Wahlrecht für Kinder zu erzwingen.

Mit seinem Ansatz zur Normativität von Rationalität hat er einen weiteren Gegenentwurf zum Rationalitätsprinzip des Homo oeconomicus vorgelegt. Rationalität bedeutet für Kiesewetter, auf gute Gründe zu reagieren, sodass zum Beispiel sowohl moralisches als auch emotional motiviertes Handeln durchaus rational sein kann. Strukturelle Rationalitätsnormen und „Kohärenz um ihrer selbst willen“ bezeichnet er als Mythen. In der politischen Philosophie hat sich Kiesewetter 2022 in seinem Aufsatz „Klimaaktivismus als ziviler Ungehorsam“ mit den Aktionen von Fridays for Future und Extinction Rebellion auseinandergesetzt und dabei auch relevante Gesetzesübertretungen als eine Form moralisch gerechtfertigten zivilen Ungehorsams verteidigt. Zudem forderte er darin erneut die Gleichberechtigung der jungen Generation, die es auch verbiete, Kindern das Wahlrecht vorzuenthalten.

Die Max Uwe Redler-Stiftung vergibt den Deutschen Preis für Philosophie seit 2014. Prämiert werden herausragende Beiträge zeitgenössischer Philosophinnen und Philosophen. Die Zuerkennung des Preises durch die Jury beruht auf Nominierungen durch internationale, renommierte Vertreter*innen der Philosophie. Mitglieder der Jury sind Peter Strohschneider (Vorsitz), Monika Betzler (Ludwig-Maximilians-Universität München), Christoph Möllers (Humboldt-Universität Berlin), Geert Keil (Humboldt-Universität Berlin) und Birgit Recki (Universität Hamburg).

Mit einer Dotierung von 75.000 Euro ist der Preis der nach ihrem Stifter, dem Hamburger Kaufmann Max Uwe Redler (1937-2006) benannten Stiftung die bedeutendste Auszeichnung einer privaten Institution auf dem Gebiet der Philosophie. Die bisherigen Preisträger waren Michael Quante (2014), Susanne Hahn (2017), Lisa Herzog (2019) und Erasmus Mayr (2021).

Mehr Informationen auf der Internetseite der Stiftung.