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Luhmann-Nachlass: Frühe Vorlesungen veröffentlicht


Autor*in: Universität Bielefeld

Die wissenschaftliche Erschließung und die Edition des Nachlasses von Niklas Luhmann hat einen weiteren Projektteil abgeschlossen: Die Originalskripte der frühen Vorlesungen Luhmanns werden jetzt auf dem Forschungsportal des Niklas Luhmann-Archivs der Universität Bielefeld in einer digitalen Edition verfügbar gemacht. Parallel dazu werden sie in einer Lesefassung als Printausgabe unter dem Titel „Soziologie unter Anwesenden: Systemtheoretische Vorlesungen 1966-1970“ im Suhrkamp Verlag publiziert.

Niklas Luhmann (1927-1998) forschte und lehrte von 1968 bis 1993 an der Universität Bielefeld. Er gilt neben Max Weber als berühmtester und wirkmächtigster deutscher Soziologe des 20. Jahrhunderts. Der umfangreiche wissenschaftliche Nachlass Luhmanns, den die Universität Bielefeld mit Unterstützung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung sowie des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft erwerben konnte, wird seit 2015 erschlossen und ediert. Der Nachlass umfasst neben dem 90.000 Zettel umfassendem „Zettelkasten“ 600 Vorlesungs- und Vortragsskripte sowie eine Vielzahl weiterer Manuskripte.

Aufstieg zum führenden Soziologen

Im Jahr 1966 fiel der Startschuss für eine einzigartige Karriere in der deutschsprachigen Soziologie: Niklas Luhmann, studierter Jurist und langjähriger Ministerialbeamter, wurde nach einer Zwischenstation an der Verwaltungshochschule Speyer an der Universität Münster innerhalb von sechs Monaten promoviert und habilitiert. Im Wintersemester begann er dann umstandslos mit der Präsentation seines Programms einer Soziologie als Wissenschaft von den Sozialen Systemen. In den folgenden vier Jahren entwarf er in seinen Vorlesungen die Grundlagen seines Forschungsprogramms der nächsten Jahrzehnte.

Vorlesungen geben Einblicke in Luhmanns Denkwelt

Zu den jetzt veröffentlichten Texten gehören neben der Antrittsvorlesung „Soziologische Aufklärung“ vom Januar 1967 die Skripte der Vorlesungen „Politische Soziologie“, „Theorie sozialer Systeme“, „Organisationssoziologie“, „Theorie der Gesellschaft“, „Rechtssoziologie“, „Hauptprobleme politischer Theorie“ sowie „Einfache Sozialsysteme“, der ersten Vorlesung an der neu gegründeten Universität Bielefeld im Wintersemester 1969/70.

Johannes Schmidt im Büro vor dem Zettelkasten
Johannes Schmidt, wissenschaftlicher Projektkoordinator, stellt fest, dass die Skripte der frühen Vorlesungen von Luhmann bereits die Tiefe und Struktur seiner Theorie erkennen lassen.


Luhmanns Lehrtätigkeit verknüpfte vielfältige Themen

Um einen Gesamteindruck von der Lehrtätigkeit Luhmanns in den Anfangsjahren seiner Tätigkeit als Hochschullehrer zu vermitteln, werden weitere Dokumente zu Lehrveranstaltungen aus den Jahren 1966 bis 1970 online gestellt. Außerdem wird die digitale Edition der Notizen der Abteilung „536 Interaction“ aus dem Zettelkasten II, die in weiten Teilen im Zusammenhang mit der Vorlesung „Einfache Sozialsysteme“ entstanden sind, publiziert. „Die Materialien machen deutlich, wie eng aufeinander abgestimmt die Lehrtätigkeit Luhmanns trotz ihrer Themenpluralität bereits war. Die Basis dafür bildeten eine Systemtheorie des Sozialen und der Gesellschaft, die Luhmann bereits in diesen Jahren skizziert“, erläutert Johannes Schmidt, der wissenschaftliche Koordinator des Projekts, der zusammen mit Projektleiter Prof. Dr. André Kieserling und Christoph Gesigora auch Herausgeber des Suhrkamp-Bandes ist.

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