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Integrationsperspektiven von Resettlement-Flüchtlingen


Autor*in: Universität Bielefeld

Die Arbeitsgruppe des Sozialforschers Professor Dr. Martin Kroh von der Universität Bielefeld und das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) untersuchen gemeinsam die Aufnahme und gesellschaftliche Teilhabe von Resettlement-Flüchtlingen – Menschen, die aus Drittstaaten nach Deutschland umgesiedelt werden, um ihnen Schutz zu gewähren. Die neue Studie analysiert die Lebenssituation von Menschen, die über das Resettlementprogramm (RST) und das humanitäre Aufnahmeprogramm des Bundes aus der Türkei (HAP Türkei) nach Deutschland gekommen sind. Das Projekt mit Gesamtmitteln von 4,2 Millionen Euro wird durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) gefördert und läuft vom 1. Mai 2024 bis 30. April 2027.

Im Erstzufluchtsstaat leben Geflüchtete oft längere Zeit in prekären Verhältnissen und haben häufig keine Perspektive oder Rückkehrmöglichkeit in ihre Herkunftsländer. Resettlement hat das Ziel, besonders schutzbedürftige Geflüchtete aus dem Land ihrer ersten Zuflucht in aufnahmebereite Staaten umzusiedeln und ihnen dort nachhaltigen Schutz und eine Lebensperspektive zu ermöglichen.

Collage mit Fotos von Professor Dr. Martin Kroh und, Tatjana Baraulina.
Prof. Dr. Martin Kroh (li.), Tatjana Baraulina (re.) und ihre Kolleg*innen im Projekt befassen sich mit der Wirksamkeit von Aufnahmeprogrammen für Resettlement-Flüchtlinge.

Das deutsche Resettlementprogramm besteht seit 2012 und wurde 2015 im Rahmen des EU-Resettlementprogramms verstetigt. Für die Jahre 2024 und 2025 stehen jeweils bis zu 3.240 Resettlement-Plätze zur Verfügung. Ebenfalls im Rahmen des EU-Resettlementprogramms wird seit 2017 das Aufnahmeprogramm für syrische und staatenlose Schutzsuchende aus der Türkei (HAP Türkei) mit jährlichen Aufnahmen von bis zu 3.000 Personen umgesetzt. Bisher liegen nur wenige Erkenntnisse zum deutschen Resettlementprogramm vor. Dieses Forschungsvorhaben beleuchtet nun erstmals den gesamten Aufnahmeprozess von der Ausgangssituation im Erstzufluchtsstaat bis hin zu längerfristigen Integrationsprozessen in Deutschland.

Kernfrage: Wie gelingt die Integration der Resettlement-Flüchtlinge?

„Wir wollen untersuchen, inwiefern die beiden Programme ihr zentrales Ziel erfüllen, besonders vulnerablen Geflüchteten Schutz und eine langanhaltende Lebensperspektive in Deutschland zu eröffnen“, erklärt Tatjana Baraulina, Leiterin des Forschungsfeldes Internationale Migration und Migrationssteuerung am BAMF-Forschungszentrum.

Damit geht das Forschungsprojekt der Frage nach, welche nachhaltigen Teilhabeperspektiven durch Resettlement und humanitäre Aufnahmeprogramme geschaffen werden. Wie verändert sich die Lebenssituation der Geflüchteten durch die Aufnahme in Deutschland im Vergleich zum Erstzufluchtsstaat? Und wo bestehen Integrationshürden nach der Aufnahme?

Durch eine Befragung werden erstmals repräsentative Daten zur Lebenssituation von Resettlement-Flüchtlingen in Deutschland erhoben und behördliche Daten ausgewertet. Weiterhin analysiert das Projekt die humanitären Aufnahmeprozesse aus der Perspektive der Geflüchteten. Als Vergleichsgruppe werden Geflüchtete befragt, die noch in den Erstzufluchtsstaaten aufhältig sind. „Wir erhoffen uns Erkenntnisse darüber, wie sich die Lebenssituation von vulnerablen Geflüchteten in den Erstzufluchtsstaaten darstellt und welche Verbesserungen sich mit der Aufnahme in Deutschland einstellen“, so der Soziologe Marvin Bürmann, der das Projekt an der Universität Bielefeld koordiniert.

Valide und tiefgehende Erkenntnisse: Mixed-Method-Ansatz

„Bisher liegen nur wenige belastbare Daten und Forschungsergebnisse zu Personen in Deutschland vor, die über Resettlement und humanitäre Aufnahmeprogramme eingereist sind“, berichtet Professor Dr. Martin Kroh. Das Forschungsvorhaben kombiniert daher quantitative und qualitative Methoden der Datengewinnung (Mixed-Method-Design). Im Rahmen der neuen Studie werden alle volljährigen Resettlement-Flüchtlinge zu einer Befragung eingeladen, die seit 2014 nach Deutschland gekommen sind.

Für die Befragung der Geflüchteten in den Erstzufluchtsstaaten nutzen die Forschenden eine Erhebung nach einer Schneeballmethode, bei der die in Deutschland befragten Geflüchteten weitere Studienteilnehmende über ihre sozialen Kontakte rekrutieren können. Für die Analyse der Aufnahmeprozesse werden die Forschenden die Auswahlverfahren für Resettlement-Flüchtlinge in zwei Erstzufluchtsstaaten begleiten und in Deutschland leitfadenbasierte Interviews mit Geflüchteten sowie mit Expert*innen durchführen.
Die Kombination unterschiedlicher methodischer Zugänge sowie Vergleiche zu Geflüchteten außerhalb der EU ermöglichen tiefgehende Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Aufnahmeprogramme. Die Befragungsdaten werden der Forschung nach Abschluss des durch das Forschungsdatenzentrum des BAMF zur Verfügung gestellt.

Erkenntnisse für Politik und Wissenschaft

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts sollen politische Entscheidungsträger*innen sowie beteiligte Institutionen bei einer evidenzbasierten Weiterentwicklung und künftigen Ausgestaltung der humanitären Aufnahmeprogramme unterstützen. Darüber hinaus können die Erfahrungen aus dem Forschungsprozess einen wichtigen Beitrag zur Forschung über die legalen Zugänge zum Flüchtlingsschutz in Deutschland und Europa leisten.

„Wir möchten unter anderem auch Erkenntnisse dazu gewinnen, wie transparent und nachvollziehbar sich das gesamte Aufnahmeverfahren aus Sicht der Geflüchteten darstellt. Darauf aufbauend kann die behördliche Kommunikation mit den Geflüchteten verbessert werden, um sie frühzeitig auf das Leben in Deutschland vorzubereiten“, resümiert Dr. Christian Kothe vom BAMF-FZ.

Ein Mann und eine Frau auf der Gangway eines Passagierflugzeugs
“Resettlement: Lebenssituation im Erstzufluchtsstaat und in Deutschland” (RED): Unter diesem Titel steht das neue Projekt.