Jedes Jahr ziehen bis zu zehn Bielefelder Studierende nach Edmonton in die Region Alberta in Kanada für ein Auslandsemester. Vorlesungen besuchen, Lernen mit neuen Kommiliton*innen, Prüfungen an den Partneruniversitäten absolvieren ohne Studiengebühren zahlen zu müssen. In der Freizeit bleibt Zeit, um Kanada zu entdecken. Möglich macht’s die Kooperation zwischen den Regionen OWL und Alberta. Von welchen Erfahrungen profitieren die Bielefelder Studierenden? Wie können Bielefelder Studierende Teil der Alberta-OWL-Kooperation werden? Vier Bielefelder Studentinnen berichten.
Seit 2018 besteht die Kooperation zwischen der Universität Bielefeld, der Universität Paderborn, der Hochschule Bielefeld und der Technischen Hochschule OWL in der Region Ostwestfalen-Lippe mit den Partnerhochschulen in der kanadischen Stadt Edmonton: der University of Alberta, der MacEwan University, dem Northern Alberta Institute of Technology und der Concordia University of Edmonton. Teil der Kooperation ist ein Studierendenaustausch, an dem sich die Universität Bielefeld beteiligt. Das Prinzip: Studierende aus Kanada können über die Kooperation Praktika in OWL absolvieren und dabei internationale Praxiserfahrung während ihres Studiums sammeln. Studierende aus OWL können im Gegenzug ein Semester in Edmonton studieren – ohne die oft hohen Studiengebühren in Kanada zahlen zu müssen. Edmonton liegt mit seinen 1,3 Millionen Einwohner*innen im Herzen Albertas in Westkanada. Zurzeit gibt es Austauschmöglichkeiten für Studierende in den Fächern Biologie, Erziehungswissenschaft, Gender Studies, Lehramt und Rechtswissenschaft.
Praxisnahes Studium
Luisa Köllner ist Studentin der Rechtswissenschaft an der Universität Bielefeld. Ihr fünftes Semester absolvierte sie im Herbst 2023 an der University of Alberta in Edmonton und erzählt: „Ich habe dort eine ganz andere Rechtsordnung kennengelernt – im Gegensatz zum Civil Law-Rechtskreis gilt in Kanada das Common Law. Ich fand es spannend zu lernen, wie unterschiedlich Recht ausgelegt werden kann.“ Das Studium in Kanada hat sie aufgrund der vielen Präzedenzfälle als sehr praxisnah und spannend empfunden.
© Luisa Köllner
Inken Dirkwinkel studiert Grundschullehramt mit Integrierter Sonderpädagogik an der Universität Bielefeld. Das Wintersemester 2022/23 verbrachte sie an der Concordia University. „Ich durfte damals die Fächer belegen, die ich wollte“, erinnert sie sich. „Ich habe unter anderem Kurse in Englisch und Bildungswissenschaften besucht.“ Durch das Auslandssemester habe sie nicht nur ihre sprachlichen Fähigkeiten verbessert und einiges über kanadische Geschichte gelernt. Sie erhielt auch interessante Einblicke für ihren Studienschwerpunkt der Integrierten Sonderpädagogik in kanadischen Förderschulen. In der relativ kleinen Universität sei das Verhältnis zu Dozierenden persönlich und familiär gewesen.
© Inken Dirkwinkel
Moderner Campus, Tiere in der Bib und mentale Gesundheit
Lilli Sophie Kaimann studiert Biologie, Anglistik und Mathematik an der Universität Bielefeld. Ihr fünftes Semester absolvierte sie im Herbst 2023 an der MacEwan University. Besonders gut gefiel ihr, dass viel Wert auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Studierenden gelegt wurde. „Zu bestimmten Zeiten konnten wir Studierende Katzen oder Hunde zur Beruhigung und zum Stressabbau in der Bibliothek streicheln.“ Gerne denkt sie auch zurück an den Makers Space mit 3D-Drucker und einen Puzzle-Raum an ihrer Austauschuniversität. Sie erinnert sich: „Der Campus ist sehr modern und den kompletten Fitnessbereich konnten wir kostenlos nutzen.“
© Lilli Sophie Kaimann
Minus 35 Grad und internationale Freundschaften
Emelie Gottschling hat in Bielefeld ihr Bachelorstudium in Umweltwissenschaften absolviert. Im Wintersemester 2022/23 studierte sie ein Semester an der MacEwan University. Sie denkt gerne an ihre Zeit in Nordamerika zurück, in der einige Freundschaften entstanden sind, die bis heute anhalten. Eine Freundin aus Südkorea, die sie in Kanada kennenlernte, will sie bald wieder treffen. Auch mit anderen internationalen Studierenden hat sie viel unternommen, war campen, wandern und Ski-Fahren. „Es war sehr schön, einmal diesen kalten Winter mitzuerleben – mit viel Schnee und die meiste Zeit schön weiß“, sagt sie. Als sie im September ankam, waren es noch 25 Grad plus. Aber die Temperaturen sanken schnell auf minus 10 Grad und später sogar minus 35 Grad.
© Emelie Gottschling
Auch Inken Dirkwinkel ist begeistert von der kanadischen Natur: „Die Nationalparks sind traumhaft. Ich habe sogar Elche gesehen. Andere Erlebnisse waren auch ein kleiner Kulturschock für mich“, erinnert sie sich. Damit spielt die 24-Jährige auf die großen Distanzen an. „Ich konnte wenig zu Fuß erreichen und habe viel Zeit in Bussen verbracht.“ Luisa Köllner unternahm viel mit ihren Mitbewohner*innen aus ihrer internationalen 4er-WG direkt auf dem Campus der University of Alberta: Neben Edmonton erkundeten sie mehrere Nationalparks gemeinsam. Auch Besuche anderer kanadischer Städte wie Vancouver oder Toronto standen auf dem Programm. Lilli Sophie Kaimann unternahm sehr viel mit ihrer finnischen Mitbewohnerin: „Wir haben die Rocky Mountains besucht. Das war atemberaubend schön“, erinnert sie sich. Ein weiteres Highlight waren die Nordlichter, die sie damals aus ihrem Wohnungsfenster beobachten konnte.
Fazit der Studentinnen zum Auslandssemester
Während des Auslandssemester hat Lilli Kaimann nicht nur viel erlebt, sondern auch viel über sich selbst gelernt: „Ich hatte Zeit über mein Leben nachzudenken: Was will ich? Und in schwierigen Zeiten konnte ich über mich hinauswachsen“, sagt sie. Inken Dirkwinkel denkt wie die anderen Teilnehmerinnen immer noch mit Begeisterung an ihr Semester in Edmonton zurück: „Ich würde den Austausch sofort wieder machen.“ Luisa Köllner empfindet die Zeit in Kanada als große Bereicherung und einmalige Gelegenheit: „Die internationale, kulturelle Vielfalt ist unglaublich und horizonterweiternd.“ Und Emelie Gottschling ergänzt: „Studierende sollten die Möglichkeit eines Auslandsemesters auf jeden Fall wahrnehmen und während der Zeit im Ausland alle möglichen Erfahrungen sammeln.“