Uni im Hintergrund, im Vordergrund der Ast von einem Baum im Herbst

Der erste Nachhaltigkeitsbericht


Autor*in: Jana Haver

Zum ersten Mal veröffentlicht die Universität Bielefeld einen Nachhaltigkeitsbericht. Er ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Universität. Der Bericht für das Jahr 2023 stellt den Status Quo der Nachhaltigkeitsaktivitäten in den Bereichen Governance, Studium und Lehre, Forschung, Betrieb, inklusive Treibhausgasbilanz sowie Engagement dar. Dabei orientiert er sich an einem umfassenden Nachhaltigkeitsverständnis mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Perspektiven entlang des Nachhaltigkeitsleitbilds der Universität. Auch Strukturen und Strategien zum Umgang mit Nachhaltigkeit werden aufgezeigt. Sechs Beteiligte und ihre Perspektive auf den Bericht.

Professorin Dr. Alexandra Kaasch ist Prorektorin für Wissenschaft und Gesellschaft an der Universität Bielefeld. Dieser Nachhaltigkeitsbericht ist für sie ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Universität.

„In den letzten zwei bis drei Jahren haben wir an der Universität Bielefeld große Fortschritte in der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie gemacht. Neben unserem Leitbild und diversen Maßnahmen in den Bereichen Forschung, Studium und Lehre sowie Campusleben und Betrieb legen wir nun unseren ersten Nachhaltigkeitsbericht vor. Hier geben wir einen umfassenden Einblick in unsere Aktivitäten und Fortschritte im Bereich der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes. Wir stellen hier den Status Quo dar, um Transparenz und eine Grundlage für die zukünftige Darstellung von Entwicklungen in diesem Bereich zu ermöglichen. Wir als Universität haben uns mit unserem Nachhaltigkeitsleitbild dazu verpflichtet, nachhaltiges Denken und Handeln über die gesamte Institution hinweg zu fördern und zu integrieren. Der Nachhaltigkeitsbericht dient als Dokumentation dieses Fortschritts und wird regelmäßig aktualisiert. Wir stehen vor großen Herausforderungen – doch das motiviert uns umso mehr, innovative Lösungen zu entwickeln und unseren Teil zu einer nachhaltigen Zukunft beizutragen.“

Bild der Person: Alexandra Kaasch
Prof‘in Dr. Alexandra Kaasch ist Prorektorin für Wissenschaft und Gesellschaft an der Universität Bielefeld.

Dr. Stephan Becker ist Kanzler der Universität Bielefeld. In dem Nachhaltigkeitsbericht soll transparent aufgezeigt werden, vor welchen Herausforderungen die Universität steht. Ein wichtiger Aspekt ist die Bilanzierung der Teibhausgasemissionen.

„Erstmals hat die Universität Bielefeld ihre Treibhausgasemissionen bilanziert. Dabei werden verschiedene Geltungsbereiche berücksichtigt: direkte Emissionen, z. B. aus der Verbrennung von Heizöl, indirekte Emissionen durch zugekaufte Energie wie Strom und Fernwärme und sonstige Emissionen in der Wertschöpfungskette, die beispielsweise durch Pendelwege und Dienstreisen verursacht werden. Die Zusammenstellung der Daten nach dem sogenannten „Greenhouse Gas Protocol“-Standard war ein aufwendiger Prozess, der jedoch den Grundstein für die Erreichung der Klimaschutzziele der Universität legt. Durch die Berechnung wurde deutlich, dass die drei größten Emissionsquellen in den Bereichen Pendelwege, Strom und Fernwärme liegen. Diese Erkenntnisse ermöglichen nun gezielte Maßnahmen. Die Universität hat sich zudem dem Projekt „Klimaneutrale Landesverwaltung“ des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE) angeschlossen, um die Bilanzierungsmethodik an andere Universitäten in NRW anzupassen.“

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Dr. Stephan Becker ist Kanzler der Universität Bielefeld.

Professor Dr. Dominik Schwarz ist Kosmologe an der Fakultät für Physik. Er verantwortete bei der Leitbildentwicklung den Bereich Nachhaltigkeit im Betrieb. Der Nachhaltigkeitsbericht deckt vielfältige Bereiche ab, wie Bau & Campusgestaltung, Energie, Ressourcen & Abfallwirtschaft, Beschaffung, Mobilität, Essen & Trinken, IT und Detaillierter Datenanhang inklusive Treibhausgasbilanz.

„Selbstverständlich erforscht die Universität Bielefeld vielfältige Aspekte der Nachhaltigkeit und vermittelt Wissen zum Umgang mit den Herausforderungen von Natur und Gesellschaft. Darüber hinaus hat sie auch eine gesellschaftliche Verantwortung zur nachhaltigen Gestaltung der Universität selbst. Dazu zählen unter anderem Themen zu denen breiter Konsens herrscht, wie z. B. die Planung energieeffizienter Gebäude oder die Förderung der Biodiversität auf dem Campus. Aber es gibt auch kontroverse Themen, wie z. B. die Wahl des täglichen Verkehrsmittels für den Weg zur Arbeit beziehungsweise zum Studium. Der Nachhaltigkeitsbericht spiegelt wider, dass es schon etliche Bemühungen seitens der Universität gibt, die Bereiche Energie, Beschaffung, Mobilität etc. nachhaltiger zu gestalten. So setzt die Universität beispielsweise bei der Energieversorgung zum Großteil auf emissionsärmere Fernwärme. Es gibt aber auch noch viel Potential, Maßnahmen zu entwickeln, um eine bilanzielle Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2035 zu erreichen.“

Bild der Person: Dominik Schwarz
Prof. Dr. Dominik Schwarz verantwortet im Auftrag des Rektorats den Bereich Betrieb.

Professorin Dr. Eleonora Rohland ist Professorin für Verflechtungsgeschichte der Amerikas in der Vormoderne an der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie. Sie ist zudem vom Rektorat für Nachhaltigkeit im Bereich Forschung beauftragt. Im Bericht wird eine exemplarische Auswahl verschiedener Forschungsprojekte zu ökologischer, ökonomischer oder sozialer Nachhaltigkeit von den Forscher*innen selbst vorgestellt.

„Im ersten Nachhaltigkeitsbericht unserer Universität wird die Bedeutung von nachhaltiger Forschung und forschungsbasierter Lehre hervorgehoben. Eine umfassende Bestandsaufnahme von Forschungsprojekten zu Nachhaltigkeitsthemen zeigte, dass gegenwärtig zu einem breiten Spektrum an Schwerpunkten, wie Klimawandel, Food Security, nachhaltiges Wohnen und Anthropozän geforscht wird. Sowohl der Nachhaltigkeitsbericht als auch das Nachhaltigkeitsleitbild zeigen die gesteigerte Sensibilität der Universität, einen neuen Fokus auf nachhaltige Forschungsbedingungen zu legen, ohne dabei die Forschungsfreiheit einzuschränken. Im Nachhaltigkeitsleitbild hat sich die Universität das Ziel gesetzt, eine Plattform zur Bündelung und Sichtbarmachung der Forschung zu Nachhaltigkeitsthemen zu schaffen sowie die Vernetzung der Forscher*innen zu fördern, um so die interdisziplinäre Ausrichtung der Universität weiter zu stärken. Der Nachhaltigkeitsbericht unterstreicht die thematisch breit gefächerte Expertise in verschiedenen Bereichen von Nachhaltigkeit und erlaubt zukünftig die Evaluation der Infrastrukturen für Nachhaltigkeitsforschung und deren systematische Verbesserung.“

Bild der Person: Eleonora Rohland
Prof’in. Dr. Eleonora Rohland verantwortet im Auftrag des Rektorats den Bereich Forschung.

PD Dr. Lore Knapp ist Akademische Rätin auf Zeit im Fach Literaturwissenschaft. Sie ist gemeinsam mit Dr. Thomas Hermann vom Rektorat für den Bereich Nachhaltigkeit in Studium und Lehre beauftragt worden. Sie beschäftigt sich mit Fragen, wie Nachhaltigkeit in Studium und Lehre verankert ist. Im Bericht werden aktuelle Projekte an der Universität vorgestellt.

  „Studium und Lehre sind entscheidend für die Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele, da Absolvent*innen zukünftige Multiplikator*innen in unserer Gesellschaft und der Arbeitswelt sind. Sie müssen dazu befähigt werden, das Ausmaß der Klimakrise zu verstehen, Lösungen für komplexe Probleme zu finden und immun gegen Desinformation zu werden. Der Nachhaltigkeitsbericht gibt einen Überblick, welche Projekte bereits an der Universität Bielefeld umgesetzt wurden. Beispiele sind der Qualitätsfonds Plus, der unter anderem die Erprobung neuer Lehrformate mit Nachhaltigkeitsbezug förderte oder ein Preis für Abschlussarbeiten im Bereich der Nachhaltigkeit. Der Bericht macht aber auch deutlich, an welchen Stellen die Universität noch anknüpfen muss, um die Transformation hin zu einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Gesellschaft zu erreichen und die Rolle von Studium und Lehre in diesem Prozess zu stärken: Fortbildungen für Lehrende und das Einbringen von Nachhaltigkeitsthemen in die Lehre sollen weiterhin ausgebaut und gefördert werden.“

Bild der Person: Lore Knapp
PD Dr. Lore Knapp ist eine von zwei Verantwortlichen des Bereichs Nachhaltigkeit in Studium und Lehre.

Leo Binnewies studiert Psychologie an der Universität Bielefeld. Er engagiert sich bei Students for Future und ist im Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) tätig. Im Nachhaltigkeitsbericht geht es unter dem Stichwort (Engagement um Möglichkeiten, sich als Studierende*r in die Unipolitik einzubringen.

„Engagement im Klimaschutz ist meiner Meinung nach eine Notwendigkeit, denn die politischen Taten im Kampf gegen die Klimakrise sind zu schwach. Auch die Universität als gesellschaftliche Institution trägt dabei Verantwortung. Die finalen Entscheidungen trifft zwar das Rektorat, aber auch wir Studierende haben Möglichkeiten zur Mitsprache, z. B. durch das Studierendenparlament, den AStA, Gremien oder Hochschulgruppen. Wir von der Hochschulgruppe Students for Future organisieren regelmäßig eine Infowoche rund um Klimagerechtigkeit: die Public Climate School. Gleichzeitig sitzen wir auch im StuPa, AStA und verschiedenen Gremien und engagieren uns im Austausch mit anderen Statusgruppen für eine umweltfreundliche und sozial gerechte Uni. Der AStA setzt sich seit Jahren für den Ausbau veganer Mensaangebote oder Gleichstellungsthemen ein und bietet soziale Beratungsangebote. Mir ist dieses Engagement sehr wichtig, da mir die Zukunft unserer Welt am Herzen liegt. Solch ein ehrenamtliches Engagement ist jedoch ein Privileg, was sich nicht jede*r neben dem Studium leisten kann. Aber allein durch das jährliche Gebrauchmachen des Uni-Wahlrechts können Studierende Einfluss nehmen.“

Bild der Person: Leo Binnewies
Leo Binnewies engagiert sich in der Hochschulgruppe „Students for Future“.

Hintergrund Nachhaltigkeitsbericht

Der erste Nachhaltigkeitsbericht der Universität Bielefeld ist im Auftrag der Universitätsleitung, koordiniert vom Prorektorat für Wissenschaft und Gesellschaft und unter Federführung des Nachhaltigkeitsbüros, konzipiert und verfasst worden. Dieser Nachhaltigkeitsbericht ist Ausgangspunkt für ein regelmäßiges Monitoring und Qualitätsmanagement, um Transparenz über den Prozess und den Stand beim Erreichen der im Nachhaltigkeitsleitbild formulierten Ziele zu schaffen.

Das Nachhaltigkeitsleitbild

Das Nachhaltigkeitsleitbild ist zentrales Element der Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie. Entstanden ist es auf Grundlage eines partizipativen Prozesses im Jahr 2022, an dem verschiedene Universitätsmitglieder mitgewirkt haben. Im Juli 2023 wurde das Nachhaltigkeitsleitbild der Universität Bielefeld im Senat verabschiedet und aktuell von einer Redaktionsgruppe angepasst. Es stellt ein Commitment zum Thema Nachhaltigkeit der Universität nach außen dar und signalisiert gleichzeitig die Bereitschaft der Universitätsmitglieder, sich der nachhaltigen Entwicklung der Universität zu widmen. Abgebildet sind das grundlegende Nachhaltigkeitsverständnis und langfristige Zielformulierungen für die Verfolgung einer nachhaltigen Entwicklung der Universität. Das Leitbild ist der Handlungsleitfaden für zukünftige Entscheidungen in unterschiedlichen Bereichen der Universität, es ist jedoch selbst kein Maßnahmenkatalog.