Frauennotruf Bielefeld e.V.: 25 Jahre an der Universität


Autor*in: Universität Bielefeld

MeToo oder metooscience stehen für den Protest gegen sexualisierte Gewalt und Belästigung (SBDG) gegenüber Frauen. Heute kennen alle diese Schlagworte. Vor 25 Jahren machte die Universität Bielefeld einen wichtigen Schritt, Vorfälle von SBDG anzuerkennen, indem sie ein unabhängiges Beratungsangebot einführte. Die Gleichstellungsbeauftragte Dr. Uschi Baaken und die Beraterin des Frauennotrufs Bielefeld e.V., Larah Horstkotte, berichten aus der Historie und der heutigen Arbeit.

Warum ist ein externes Beratungsangebot für Betroffene von SBDG auf dem Campus wichtig?

Uschi Baaken: Der Frauennotruf Bielefeld e.V. ist eine externe Beratungsstelle, die in den Räumen der Universität Beratungsstunden abhält. Damit ist sie unabhängig von universitären Weisungsstrukturen. SBDG gibt es in allen gesellschaftlichen Bereichen. In einer wissenschaftlichen Einrichtung wie der Universität gibt es verschiedene Abhängigkeitsverhältnisse, die das Vorkommen von SBDG begünstigen. Denn Betroffene fürchten zu Recht negative Konsequenzen, wenn sie Übergriffe durch Menschen, von denen sie im Studium oder ihrer beruflichen bzw. wissenschaftlichen Karriere abhängig sind, öffentlich machen. Das externe Angebot gewährleistet Ansprechpersonen, die in keinerlei Strukturen der Universität eingebunden sind, die selbst in keinem Abhängigkeits- oder Vorgesetztenverhältnis stehen und die somit unabhängig beraten können. Außerdem können die Beraterinnen aus ihrem Beratungskontext Hinweise zur strukturellen Weiterentwicklung der Universität ableiten und ohne Beachtung von Hierarchien rückmelden.

Dr. Uschi Baaken, Gleichstellungsbeauftragte der Universität Bielefeld.
Dr. Uschi Baaken, Gleichstellungsbeauftragte der Universität Bielefeld.

Wie ist das Angebot zustande gekommen?

Uschi Baaken: Die Initiative kam aus einem Projekt in der soziologischen Geschlechterforschung von Professorin Dr. Ursula Müller zur „Asymmetrischen Geschlechterkultur“ und der damaligen universitären Frauenbewegung, die das Thema seit Anfang der 90er Jahre auf dem Schirm hatte. Es wurde eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, die ein Beratungsangebot etablieren und eine hochschulweite Richtlinie gegen SBDG anstoßen wollte. Für beides war die Uni Bielefeld eine Vorreiterin. Finanziert wurde das Beratungsangebot von der damaligen Frauenbeauftragten und ist in den letzten 23 Jahren von mir verstetigt und auf ein wöchentliches Angebot ausgeweitet worden.
Wichtig war, dass die Beratung von Expertinnen in dem Thema durchgeführt wird, dass die Beraterinnen Frauen sind und dass die Beratung parteilich ist. Da lag eine Kooperation mit dem Frauennotruf Bielefeld e.V. nahe. Der Verein ist eine etablierte Beratungseinrichtung in der Stadt Bielefeld und hatte Kapazitäten für die Universität.

Was hat sich verändert seit 1999?

Larah Horstkotte: Anfangs wurde viel Überzeugungs- und Öffentlichkeitsarbeit geleistet, insbesondere bei Funktionsträger*innen innerhalb der Universität. Inzwischen hat sich das Beratungsangebot etabliert. Die Bedeutung des Themas ist für den Arbeitsschutz und die Chancengleichheit in Arbeit und Ausbildung erkannt worden. Seit einigen Jahren bieten wir Fortbildungen zum Thema sexuelle Belästigung an der Hochschule an. Die Nachfrage ist hoch, denn Mitarbeitende, Personen in Leitungspositionen, Gleichstellungsbeauftragte und Studierende sehen die Notwendigkeit, mehr Sicherheit und Handlungsmöglichkeiten bei SBDG an der Hand zu haben. Wünschenswert wäre, wenn SBDG an der Hochschule nicht nur als „Gleichstellungsthema“ wahrgenommen, sondern in allen Bereichen von Ausbildung und Arbeit als ein zentraler Punkt betrieblicher Prävention und Qualitätssicherung angesehen würde.


Wie haben sich die Beratungszahlen in der Universität durch den Frauennotruf Bielefeld e.V. entwickelt?

Larah Horstkotte: Während der Pandemie konnten wir unser Beratungsangebot als telefonische und Online-Beratung weiter aufrechterhalten, jedoch gab es weniger Beratungsanfragen als zuvor. Seit dem Wintersemester 2022/2023 fand die offene Sprechzeit an der Uni wieder vor Ort statt. Seitdem steigen auch die Beratungsanfragen. Im Jahr 2023 nahmen die Beratungszahlen des Frauennotruf Bielefeld e.V. deutlich zu (19 Personen mit insgesamt 49 Beratungskontakten). Die Dunkelziffer ist nach wie vor sehr hoch.

Larah Horstkotte, Beraterin des Frauennotruf Bielefeld e.V.
Larah Horstkotte, Beraterin des Frauennotruf Bielefeld e.V.

Wie hilft der Frauennotruf?

Larah Horstkotte: Unsere Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt bietet seit über 40 Jahren Unterstützung bei SBDG an. Die Beratung ist kostenlos, vertraulich, auf Wunsch anonym und kann in verschiedenen Sprachen stattfinden. Dabei entscheidet die Ratsuchende selbst, was sie berichten möchte und welche Handlungsmöglichkeiten sie wählt. Wir bieten dabei sowohl stabilisierende Beratungsgespräche an, als auch Informationen zu Themen, wie zum Beispiel Strafanzeige, Strafverfahren, Rechte von Mitarbeitenden und Studierenden. Auf Wunsch begleiten wir auch zu Rechtsanwält*innen, Ärzt*innen, Polizei oder zu Gericht (Psychosoziale Prozessbegleitung).

Wie kann wer die Hilfe in Anspruch nehmen?



Jede Studierende und Mitarbeitende der Uni Bielefeld sowie Angehörige und Unterstützungspersonen können die Beratung in Anspruch nehmen. Die offene Sprechzeit findet immer donnerstags von 13 bis 15 Uhr im Universitätshauptgebäude, Raum L3-119 statt.
Gerne können Sie auch eine E-Mail an frauennotruf@uni-bielefel.de schreiben oder unsere Online-Beratung nutzen: Onlineberatung – Frauennotruf Bielefeld e.V. (frauennotruf-bielefeld.de).
Weitere Informationen finden Sie hier: Frauennotruf – Universität Bielefeld (uni-bielefeld.de) oder auf der Homepage des Frauennotruf Bielefeld e.V. Home – Frauennotruf Bielefeld e.V. (frauennotruf-bielefeld.de).

Weitere Anlaufstellen bei Belästigung und Gewalt an der Uni: www.uni-bielefeld.de/hilfe-bei-belaestigung