Was passiert durch den Vergleich zweier Kunstwerke? Wird durch diesen neuen Bezug zunächst Unsichtbares für Betrachtende erfahrbar? Beim „Blind Date mit der Kunst“ – so der Titel der Veranstaltung, die am Mittwoch, 18. Oktober, in der Kunsthalle Bielefeld Premiere feiert – haben Besucher*innen die Gelegenheit, es herauszufinden. Bei diesem „Blind Date“ können Kunstinteressierte miteinander ins Gespräch kommen und sich durch die vergleichende Betrachtung zweier Kunstwerke neue Perspektiven erschließen. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Ausstellungsreihe „miteinander gegenüber“ – einer Kooperation zwischen der Kunsthalle Bielefeld und dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereich (SFB) 1288 „Praktiken des Vergleichens. Die Welt ordnen und verändern“ der Universität Bielefeld statt.
Wie bei einem klassischen „Blind Date“ wissen die Besucher*innen vor der Veranstaltung nicht, was sie konkret erwartet, entwickeln sich die Eindrücke doch erst im Zuge der Vergleiche und Interaktionen mit anderen Kunstinteressierten. „Die gemeinsam mit dem SFB 1288 konzipierte Reihe ermöglicht es, ausgewählte Werke aus unserer Sammlung unter ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Das verdeutlicht nicht zuletzt, wie wandelbar die Fragestellungen an Kunst vor dem Hintergrund des jeweiligen Zeitgeschehens sein können“, beschreibt Laura Rehme, Kuratorin der Kunsthalle Bielefeld: „Besonders schön ist dabei, dass die Museumsbesucher*innen durch den Vergleich aktiv in diesen Deutungsprozess eingebunden sind, ihn durch ihre eigenen Interessen mitprägen. Wichtig sind dafür auch neue Veranstaltungsformate, wie unser Blind Date, die die Rahmenbedingungen schaffen, sich Kunstwerken auf unkonventionelle Weise im Dialog zu widmen.“
© Marina Böddeker
Achte Ausgabe der Ausstellungsreihe „miteinander gegenüber“
Das „Blind Date mit der Kunst“ findet im Rahmen der mittlerweile achten Ausgabe der Ausstellungsreihe „miteinander gegenüber“ statt. In dieser Reihe wird der Fokus auf ein Werk aus der Sammlung der Kunsthalle Bielefeld gerichtet, das in der Gegenüberstellung mit einer ausgewählten externen Arbeit zentrale Fragestellungen aufgreift. Im Jahr 2023 kooperiert die Kunsthalle mit der Herforder Stiftung Ahlers Pro Arte, die für insgesamt drei Interventionen die externen Kunstwerke als Leihgabe stellt.
Im Zentrum der Ausstellung steht immer der konzentrierte Vergleich der ausgewählten Arbeiten – dieses vergleichspraktische Element ist aufgrund der Ausrichtung des Sonderforschungsbereichs von besonderem Interesse. Denn das vergleichende Sehen führt oft zu überraschenden Sichtweisen. Dr. Britta Hochkirchen, Leiterin des Teilprojekts Ö im SFB 1288, ordnet diesen Bezug zu Vergleichspraktiken ein: „In einer Vergleichskonstellation werden bestimmte Aspekte der Werke hervorgehoben, die bei einer Einzelbetrachtung nicht so stark in den Vordergrund getreten wären. Die Ausstellungsreihe macht mit den wechselnden Konstellationen über vier Jahre hinweg darüber hinaus erfahrbar, welche unterschiedlichen Vergleichskriterien eine Rolle spielen können: Mal ist es das Motiv, mal das Format, die Gattung oder eine formale Qualität, die im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen“.
Vergleichende Betrachtung eröffnet neue Perspektiven
Bei dieser achten Ausgabe treffen zwei Arbeiten aufeinander, bei denen die Erwartungshaltung der Betrachtenden im Vordergrund steht: die Arbeit „Screens“ (2014) der deutschen Künstlerin Katrin Mayer (*1974) aus der Sammlung der Kunsthalle und „Package“ (1963) von Christo (1935-2020) aus der ahlers collection. Die Teilnehmenden werden nach einer kurzen Einführung zu beiden Kunstwerken dazu eingeladen, sich mit wechselnden Gesprächspartner*innen über das „miteinander gegenüber“, über das Gesehene und das nicht Gesehene ins Gespräch zu kommen und die jeweils eigenen Perspektiven zu vergleichen: Was haben Christos Arbeit „Package“ und die „Screens“ von Katrin Mayer gemeinsam? In beiden Arbeiten kommen Textilien zum Einsatz, die auf etwas darunter Liegendes verweisen. Beide Künstler*innen spielen mit den Erwartungen der Betrachtenden, machen deren Rolle für die Deutung von Kunstwerken ersichtlich und somit auch Vergleichspraktiken. Während bei Christo ein verschnürtes Leinenbündel zum Kunstwerk wird, thematisiert Mayers die Geschichte der textilen Wandpaneele des Museums.