Über Schmerzen sprechen


Autor*in: Universität Bielefeld

Schmerzen lassen sich bis heute nicht objektiv messen. Sie sind eine subjektive und individuelle Erfahrung, doch wer Hilfe sucht, muss versuchen, die Schmerzen in Worte zu fassen. In den Sprachwissenschaften und auch in der Medizin, der Psychologie sowie der Pflegewissenschaft wird dazu geforscht, wie Menschen über Schmerzen sprechen. Allerdings tauschen sich die Disziplinen bislang wenig über ihre Forschung aus. Dies zu ändern ist das Ziel der interdisziplinären Tagung „Sprache und Schmerz: Medizin und sprachbezogene Wissenschaften im Dialog“, die am 5. und 6. Mai am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld stattfindet.

„Schmerz ist eine zutiefst sprachliche Erfahrung. Um Schmerzen zu diagnostizieren, zu therapieren und die Therapie zu bewerten, müssen sich Behandler*innen im Wesentlichen darauf stützen, was die Patientinnen und Patienten sagen und wo sie schweigen“, sagt die germanistische Sprachwissenschaftlerin Dr. Carolin Schwegler von der Universität zu Köln. Sie leitet die Tagung zusammen mit Prof. Dr. Gerhard Schmid-Ott, Chefarzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Berolina Klinik in Löhne bei Bad Oeynhausen und dem Politikwissenschaftler und Wissenschaftlichen Mitarbeiter dieser Klinik, Prof. Scott Stock Gissendanner, PhD. Trotz der großen Bedeutung der Sprache in der Schmerztherapie fänden die Forschungsergebnisse zum Sprechen über Schmerzen aus den Sprachwissenschaften bisher aber eher selten Eingang in die medizinische Forschung und Behandlung. „Das könnte daran liegen, dass die Sprachwissenschaften nach sprachlichen Mustern und deren Funktionen suchen, die Medizin aber eher fragt, wie man mit Sprache am besten helfen kann“, so Schwegler. „Aber Funktion und Wirkung hängen natürlich zusammen und alle beteiligten Disziplinen interessieren sich im Grunde für Sprache und Sprachgebrauch.“

Der Flyer zur Veranstaltung enthält Datum und Thema der Tagung.
Die Leiter*innen der interdisziplinären Tagung freuen sich auf den konstruktiven Austausch zum Thema „Sprache und Schmerz“.

Drei Themenbereiche stehen im Fokus

Dies haben die Leiter*innen zum Anlass genommen, Forschende aus Medizin, Psychologie, Pflegewissenschaft, Neurowissenschaft, Linguistik, Sprachgeschichte, Kommunikationswissenschaft und Theologie am ZiF zusammenzubringen. Sie werden sich vor allem mit drei Themenbereichen befassen: zum einen, wie Gespräche über Schmerzen in der Regel aussehen und welchen Einfluss die Sprache auf die Behandlung hat, zum anderen, warum die verschiedenen Disziplinen noch nicht gut zusammenarbeiten und als dritter Schwerpunkt sollen die gesellschaftlichen Erwartungen an Schmerzerleben und der Ausdruck von Schmerzen betrachtet werden.

Welche Faktoren haben Einfluss auf das Sprechen über Schmerzen

„Uns interessiert auch, welchen Einfluss Geschlechterrollen, kulturelle Faktoren und auch die Diskussion über Schmerzempfindungen in themenspezifischen Foren, Online-Selbsthilfegruppen und Plattformen wie Twitter auf das Sprechen über Schmerzen haben“, erklärt Scott Stock Gissendanner. Denn Überzeugungen über den Zusammenhang von Leib und Seele oder Vorstellungen vom Sinn des Lebens spielen bei der Erfahrung und Beschreibung von Schmerz ebenso eine Rolle wie recherchiertes Wissen aus dem Internet und die dort zum Teil emotional geführten Diskussionen. So soll die Veranstaltung dazu beitragen, die Grenzen zwischen den Disziplinen zu überwinden. „Wir möchten den interdisziplinären Dialog zwischen den Wissenschaften befördern und dazu die Werkzeuge, Ansätze und Methoden der beteiligten Wissenschaften zusammenführen“, so Gerhard Schmid-Ott. „Unser Ziel ist, Methoden zu übertragen, Perspektiven zu erweitern und Ergebnisse zu teilen.“

Die Veranstaltung findet in deutscher und englischer Sprache statt. Eine Anmeldung ist erforderlich bei Marina Hoffmann: marina.hoffmann@uni-bielefeld.de.