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Wissensnetzwerk Rechtsextremismusforschung gestartet


Autor*in: Universität Bielefeld

Rechtsextremismus gilt als eine der größten Bedrohungen für die Demokratie. Welche Ursachen und Strukturen stecken hinter dem Phänomen? Welche Ansätze zur Prävention und Intervention haben sich bewährt? Das neue Wissensnetzwerk Rechtsextremismusforschung (Wi-REX) bündelt künftig Antworten auf diese Fragen und macht sie öffentlich zugänglich. Der Verbund führt vorhandenes Wissen und neue Erkenntnisse interdisziplinär und im Austausch von Wissenschaft und Praxis zusammen. Für das Netzwerk arbeiten vier Institute zusammen. Geleitet wird es vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert den Verbund für fünf Jahre mit 1,9 Millionen Euro.

„Bundesweit setzen sich Wissenschaftler*innen, Politiker*innen und Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft intensiv mit dem Rechtsextremismus auseinander – das neue Wissensnetzwerk soll eine zentrale Anlaufstelle für sie werden, um sich auszutauschen und zum Beispiel Erfahrungen mit Präventions- und Interventionskonzepten zu teilen“, sagt Professor Dr. Andreas Zick, Leiter des IKG. Auf seiner Idee beruht das Konzept der Wissensnetzwerke.

Bild der Person: Prof. Dr. Andreas Zick, Direktor Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Prof. Dr. Andreas Zick vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld leitet das Wissensnetzwerk Rechtsextremismusforschung.

Für das Wi-REX kooperieren das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld, das Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung (KreDo) an der Universität Leipzig, das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena und das Institut Social Concepts (SO.CON) an der Hochschule Niederrhein. Sie bauen drei Plattformen auf, die auf unterschiedliche Aspekte der Wissensproduktion und des Austausches fokussieren – ihre Themen: Wissenschaft, junge Forschung und Transfer.

Austausch von Wissenschaftler*innen fördern

Auf der Plattform Wissenschaft, verantwortet durch das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung, wird die Vernetzung der wissenschaftlichen Akteur*innen der Rechtsextremismusforschung untereinander gestärkt. Dazu gehören Reflexions- und Diskussionsräume, in denen Wissenschaftler*innen daran arbeiten, die Rechtsextremismusforschung selbstkritisch weiterzuentwickeln. Außerdem soll das Forschungsfeld systematisiert und Forschungslücken identifiziert werden. „Ich bin froh, dass wir das Wissensnetzwerk nun im Sinne eines Wissensspeichers und eines Instrumentes der exzellenten Wissensbildung in Deutschland entwickeln können“, sagt IKG-Leiter Professor Dr. Andreas Zick. „Auch wenn bereits vielfach zum Thema geforscht wird, fehlt ein eigenständiges Feld der Rechtsextremismusforschung, das Daten und Analysen zu dem Phänomen sammelt. Dank der Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung werden vorhandene und neue Erkenntnisse nun gebündelt und auch für die Zivilgesellschaft leichter abrufbar.“

Unterstützung für junge Forschende gewährleisten

Die Plattform Junge Forschung zielt darauf, Wissenschaftler*innen am Anfang ihrer Karriere zu fördern und zu vernetzen. Zuständig für die Plattform ist das Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung (KreDo) an der Universität Leipzig. Zu Rechtsextremismus forschen viele junge Wissenschaftler*innen, die über Deutschland verstreut sind. Gelegentlich fehlt es ihnen an Vernetzung und Unterstützung. Durch die Zusammenführung und Förderung von Early-Career-Forscher*innen soll gesichert werden, dass Themen der Forschung zu Rechtsextremismus und der extremen Rechten langfristig bearbeitet werden. „Ziel muss es auch sein, Transfer von Wissen zwischen den Generationen an Forscher*innen zu gewährleisten und neuen Ideen den Zugang zur Rechtsextremismusforschung zu gewähren“, sagt Professor Dr. Gert Pickel, stellvertretender Leiter des KreDo. „Dabei ist es uns auch wichtig, insbesondere weibliche Perspektiven in der männlich dominierten Rechtsextremismusforschung zu fördern“, sagt Pickel. Sein Kollege Professor Dr. Oliver Decker, Sprecher des KreDo und des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts an der Universität Leipzig, sieht eine große Chance, die Rechtsextremismusforschung zu verjüngen. „Diese Verjüngung muss durch digitale Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden.“

Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Praxis zusammenbringen

Auf der Plattform Transfer geht es um die wechselseitige Vernetzung und Diskussion zwischen Akteur*innen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Praxis. Koordiniert wird die Plattform vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) Jena, das sich in Trägerschaft der Amadeu Antonio Stiftung befindet. Das IDZ arbeitet dabei mit dem Institut Social Concepts (SO.CON) an der Hochschule Niederrhein zusammen. Viktoria Kamuf, Leiterin des Teilprojekts am IDZ, erklärt: „Fokus unserer Arbeit im Wissensnetzwerk ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse, praktisches Erfahrungswissen und zivilgesellschaftliche Recherchen zu verknüpfen. Dabei ist unser Ziel, durch die Verbindung von Wissen und Akteur*innen einen Beitrag zur Bekämpfung von Rechtsextremismus in Deutschland zu leisten“. Professorin Dr. Beate Küpper, stellvertretende Leiterin des SO.CON sagt: „Die Zivilgesellschaft ist in den Kommunen ganz nah dran am Phänomen Rechtsextremismus. Hier werden neue Entwicklungen oft zuerst erkennbar und als Bedrohung erlebt – in den letzten Jahren etwa die zunehmende Zahl scheinbar harmloser Bürger*innen, die aber antisemitische Verschwörung verbreiten und mit Rechtsextremen provokant durch die Straßen spazieren. Wir wollen diese Erfahrungen mit der Forschung verbinden, um gemeinsam Erkenntnisse zu gewinnen, gleichermaßen für Wissenschaft und Praxis.“

Die Wissensnetzwerk Rechtsextremismusforschung wird vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2027 gefördert. Von den 1,9 Millionen Euro der Fördersumme stehen rund 555.000 für das Teilprojekt der Universität Bielefeld zur Verfügung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Wissensnetzwerk in der Förderrichtlinie „Aktuelle und historische Dynamiken von Rechtsextremismus und Rassismus“. Damit setzt das Ministerium einen Teil der Maßnahmen des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus um, der im März 2020 angesichts der Anschläge in Halle und Hanau eingerichtet wurde. Über die Förderrichtlinie wird ebenfalls das Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa) ermöglicht. Die Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld gehört zu den Verbundpartnern von WinRa. Der Verbund wird vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) koordiniert. WinRa soll durch einen forschungsgeleiteten, interdisziplinären Austausch die verstreute und fragmentierte Rassismusforschung in Deutschland miteinander vernetzen und strategisch stärken.

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