Wenn Kriminalitäts- und Migrationskontrolle verschmelzen


Autor*in: Universität Bielefeld

Migration ist kein Verbrechen. Dennoch werden zur Kontrolle von Migrant*innen immer häufiger auch Strategien und Methoden aus dem Bereich der Kriminalitätsbekämpfung verwendet. Wie diese beiden – eigentlich getrennten – Bereiche immer mehr vermischt werden, ist Thema der Online-Tagung „Krimmigration. Zur Verschmelzung von Kriminalitätskontrolle und Migrationskontrolle“. Sie wird am Dienstag, 12. Oktober, vom Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld ausgerichtet.

„Wenn Migrant*innen erkennungsdienstlich behandelt werden, wenn ihre Handydaten ausgelesen und sie für Grenzübertritte oder unerlaubte Aufenthalte inhaftiert werden, verwischen die Grenzen von Kriminalitätskontrolle und Migrationskontrolle“, erklärt die Juristin Professorin Dr. Christine Graebsch von der Fachhochschule Dortmund. Sie leitet die Tagung zusammen mit der Sozialwissenschaftlerin Dr. Martina Althoff von der Universität Groningen (Niederlande), der Kriminologin Dr. Bettina Paul von der RWTH Aachen, der Sozialwissenschaftlerin Professorin Dr. Birgit Menzel von der Universität Hamburg, der Juristin Professorin Dr. Dorothea Rzepka von der Evangelischen Hochschule Darmstadt und dem Historiker Professor Dr. Klaus Weinhauer von der Universität Bielefeld.

In den USA werde vor allem seit den Anschlägen des 11. Septembers 2001 zur Konstruktion von unerwünschten Fremden geforscht und dazu, wie deren Ausschluss immer stärker durch das Ineinandergreifen der beiden Normenprogramme Kriminalität und Migration bewerkstelligt werde. „Das Ergebnis ist der Abbau von Rechten“, sagt Christine Graebsch.

International habe sich die Krimmigration als fruchtbare Forschungsperspektive erwiesen, in Deutschland fehle bislang der interdisziplinäre Austausch. Stattdessen werde noch immer an der Fiktion zweier getrennter Rechtsgebiete, Strafrecht und Migrationsrecht, festgehalten. Die Forschenden haben deshalb fünfzig Kolleg*innen aus Kriminologie, Geschichtswissenschaft, Soziologie, Politikwissenschaft und Jura eingeladen, um die empirische Datenlage zu diskutieren und Theorien zu analysieren.

„Wir werden an die internationale Diskussion anknüpfen und versuchen, die Besonderheiten des europäischen Raums herauszuarbeiten, um das Forschungsfeld auch hier zu etablieren“, kündigt Christine Graebsch an. Vorträge zu juristischen Praktiken stehen dabei ebenso auf dem Programm wie solche zu den sozialen, technischen und politischen Dimensionen von Migration und Migrationskontrolle.