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Die neuen Anfechtungen der Frauen- und Geschlechterrechte


Autor*in: Universität Bielefeld

Gleiche Rechte für alle Menschen aller Geschlechter: Das galt lange als ein zwar noch nicht erreichtes, aber unumstrittenes Ziel. Doch diese Einigkeit ist in letzter Zeit brüchig geworden – der Einsatz für Gleichheit wird als „Gender-Ideologie“ kritisiert. Warum und auf welche Weisen sind Frauen- und Geschlechterrechte in verschiedenen Ländern weltweit zu einem umstrittenen Feld geworden? Damit befasst sich ab Oktober die neue ZiF-Forschungsgruppe „Global Contestations of Women’s and Gender Rights“ (Weltweite Anfechtungen von Frauen*- und Geschlechterrechten) im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld. Die Forschungsgruppe startet ihre Arbeit mit einer vor Ort und online abgehaltenen internationalen Eröffnungstagung vom 7. bis zum 9. Oktober am ZiF.

Die Organsisatorinnen der ZiF-Forschungsgruppe
Sie organisieren die Auftaktkonferenz der neuen ZiF-Forschungsgruppe (v.li.): PD Dr. Alexandra Scheele, Prof’in Dr. Heidemarie Winkel, Prof’in Dr. Julia Roth und Anna Efremowa. Foto: Universität Bielefeld/M. Richter

„Menschen- und Gleichheitsrechte waren niemals wirklich universell und inklusiv“, sagt die Soziologin Privatdozentin Dr. Alexandra Scheele von der Universität Bielefeld. Sie leitet die Forschungsgruppe zusammen mit Professorin Dr. Julia Roth (Amerika-Studien und Gender-Forschung) und Professorin Dr. Heidemarie Winkel (Soziologie), ebenfalls beide von der Universität Bielefeld. „Ein neues Phänomen ist, dass die bisherige Einigkeit über die Wichtigkeit von Gleichheit seit einiger Zeit strittig ist“, berichtet Julia Roth. „Das beobachten wir zum Beispiel in Ungarn, Polen, Russland, Brasilien und den USA, aber auch in Deutschland.“

Häufig gehe die Infragestellung von Gleichheitsrechten mit einer Dämonisierung von Geschlechterpolitiken und -rechten als „Gender-Ideologie“ einher, sagt Heidemarie Winkel. Damit werde versucht, Stimmung gegen Gleichheitsstandards und Geschlechterrechte zu machen. Dies führe dazu, Grenzen zwischen Bevölkerungsgruppen zu ziehen und gefährde so den sozialen Zusammenhalt.

Um eine interdisziplinäre und internationale Perspektive auf diese Vorgänge zu gewinnen, haben die Bielefelder Forscherinnen 17 renommierte Wissenschaftler*innen eingeladen: unter anderem aus Kolumbien, Pakistan, Israel, Palästina, Nigeria, Ungarn, Großbritannien und den USA. Beginnend mit der Eröffnungskonferenz werden sie von Oktober 2020 bis Juli 2021 für zehn Monate gemeinsam am ZiF forschen.

„Wir möchten klären, was Gleichheit unter den aktuellen Bedingungen überhaupt bedeuten kann“, sagt Julia Roth. Dazu werden die Teilnehmer*innen nach den strukturellen, institutionellen und
sozio-kulturellen Ursachen der weltweit zunehmenden Anfechtungen von Gleichheitsprinzipien fragen. Außerdem untersuchen sie die Gemeinsamkeiten und wechselseitigen Abhängigkeiten dieser Prozesse. Dabei stehen vor allem drei Themen im Vordergrund: Staatsbürgerschaft und sexuelle Rechte, geschlechtliche Arbeitsteilung sowie die Instrumentalisierung von Religion.

Die Eröffnungstagung der ZiF-Forschungsgruppe trägt den Titel „Mapping Women’s and Gender Rights as a Globally Contested Arena“. An der Tagung werden die Fellows (Mitglieder) der Forschungsgruppe und darüber hinaus weitere international renommierte Forscher*innen teilnehmen. Zudem sind zum ersten Mal Stipendiatinnen des neuen Norbert-Elias-Förderprogramms für afrikanische Forscher*innen an der Forschungsgruppe beteiligt.

Das Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld ist eine unabhängige, thematisch ungebundene Forschungseinrichtung und steht Wissenschaftler*innen aller Länder und aller Disziplinen offen. ZiF-Forschungsgruppen sind längerfristige, interdisziplinäre Projekte und stehen im Mittelpunkt der Arbeit des ZiF. Neben regelmäßigen Arbeitstreffen veranstalten die Forschungsgruppen Konferenzen, Workshops und Vorträge.

Für Interessierte ist eine Online-Teilnahme möglich. Dazu wird um Anmeldung im ZiF-Tagungsbüro bei Marina Hoffmann (marina.hoffmann@uni-bielefeld.de) gebeten. Journalist*innen sind herzlich eingeladen, über die Tagung zu berichten. Die Tagungssprache ist Englisch.

Weitere Informationen:
Website der Forschungsgruppe