Wie wirken sich regionale Ungleichheiten auf die politische Orientierung und das Verhalten bestimmter Bevölkerungsgruppen aus? Und welche Folgen hat das für den gesellschaftlichen Zusammenhalt? Mit diesen Fragen befasst sich in den nächsten vier Jahren der „SOEP RegioHub“, der neue Leibniz-WissenschaftsCampus der Universität Bielefeld und des Sozio-oekonomischem Panels (SOEP) des Deutsches Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin. Der an der Universität Bielefeld angesiedelte Wissenschaftscampus wurde jetzt von der Leibniz-Gemeinschaft bewilligt. Im Juli 2020 nimmt er seinen Betrieb auf.
Rund 20 Wissenschaftler*innen aus Bielefeld und Berlin kooperieren im SOEP RegioHub. Die Leibniz-Gemeinschaft fördert insgesamt drei neue Leibniz-WissenschaftsCampi, um die Zusammenarbeit von universitärer und außeruniversitärer Forschung zu stärken. „Ich freue mich außerordentlich über die erfolgreiche Einwerbung dieses Kooperationsprojekts“, sagt Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. „Das ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg, außeruniversitäre Forschung nach Bielefeld zu holen. Wir arbeiten in unterschiedlichen Formaten mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen zusammen. Diese Kooperation mit der Leibniz-Gemeinschaft ist nicht nur eine sehr weitreichende Partnerschaft, sie ist zudem ein wichtiger Baustein für die Entwicklung des Bielefeld Research and Innovation Campus.“
„Das zentrale Anliegen des Wissenschaftscampus ist es, mit Hilfe der seit 1984 erhobenen repräsentativen, längsschnittlichen Haushaltsdaten des SOEP Antworten auf brennende gesellschaftliche Fragen zu finden“, sagt SOEP-Direktor Professor Dr. Stefan Liebig. „Wir freuen uns sehr, dass wir dabei in den nächsten Jahren noch enger als bisher mit der Universität Bielefeld zusammenarbeiten können.“ Dabei gehe es auch darum, junge Forscherinnen und Forscher mit dem Datenschatz des SOEP vertraut zu machen und innovative Forschung aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven zu fördern.
Das SOEP und die Universität Bielefeld kooperieren seit rund zehn Jahren über gemeinsame Professuren, Forschungsprojekte und Promotionen. „Mit dem Leibniz-WissenschaftsCampus vertiefen und verstetigen wir unsere starke Verbindung“, sagt Gerhard Sagerer.
Das neue Forschungsprojekt nutzt und erweitert die Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), der größten und am längsten laufenden multidisziplinären Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP ist am DIW Berlin angesiedelt. „Der SOEP RegioHub at Bielefeld University ist damit die erste Forschungseinrichtung, die sich damit befasst, regionale und räumliche Bezugszahlen zu ermitteln und mit repräsentativen Daten aus Meinungsumfragen zu verbinden“, sagt Juniorprofessorin Dr. Anna Zaharieva von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Bielefeld. Sie ist für die Universität Bielefeld Sprecherin des SOEP RegioHub.
In dem Kooperationsprojekt untersuchen die Wissenschaftler*innen die Unterschiede zwischen den 96 Regionen in Deutschland – zum Beispiel Ostwestfalen, das Ruhrgebiet, Bitterfeld-Wittenberg oder Franken. „Die Regionen in Deutschland entwickeln sich unterschiedlich“, sagt Anna Zaharieva. „Das bedeutet, dass in einigen Regionen die Bevölkerung im Durchschnitt älter ist als andernorts, die Wirtschaft ist schwächer, die Infrastruktur schlechter. Diese regionalen Ungleichheiten beeinflussen, welche Chancen Menschen in den Regionen haben. Abhängig sind diese Chancen zum Beispiel von regional verschiedenen Perspektiven im Arbeitsmarkt und davon, welche Ausbildungseinrichtungen die Region zu bieten hat.“
Die Wissenschaftler*innen des neuen Leibniz-WissenschaftsCampus erforschen, wie sich die Unterschiede der Regionen Deutschlands auf politische Einstellungen und die Lebensbedingungen auswirken. „Das hat eine hohe gesellschaftliche Bedeutung“, sagt Stefan Liebig. „Denn wenn wir verstehen, wie sich regionale Ungleichheiten individuell auswirken, können wir nachvollziehen, wie sie gesellschaftliche Konflikte verstärken oder mildern.“
Für den „SOEP RegioHub at Bielefeld University“ arbeiten rund 20 Professor*innen und Nachwuchsforschende aus verschiedenen Disziplinen zusammen: Soziologie, Statistik und Datenwissenschaft, Politikwissenschaft, Gesundheitswissenschaft, Wirtschaftswissenschaften sowie Klinische Psychologie, Entwicklungs- und Sozialpsychologie.
Der neue Leibniz-WissenschaftsCampus heißt mit vollem Namen: „Studying Regional Development Dynamics and their Political Consequences: SOEP RegioHub at Bielefeld University“ (Untersuchung regionaler Entwicklungsdynamiken und ihrer politischen Konsequenzen: SOEP RegioHub an der Universität Bielefeld). Er wird zunächst bis 2024 gefördert, nach erfolgreichem Antrag ist dann eine Bewilligung für weitere vier Jahre möglich. Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von 900.000 Euro.
Außer dem Leibniz-WissenschaftsCampus des SOEP und der Universität Bielefeld fördert die Leibniz-Gemeinschaft zwei weitere neue WissenschaftsCampi in Bochum und in Saarbrücken. Mit den jetzt geförderten Vorhaben steigt die Gesamtzahl der aktuell laufenden Leibniz-Wissenschafts-Campi auf 25. Mit den Leibniz-WissenschaftsCampi will die Leibniz-Gemeinschaft die Zusammenarbeit von universitärer und außeruniversitärer Forschung stärken. Damit sollen Netzwerke entstehen, um Forschungsbereiche weiter zu entwickeln und das wissenschaftliche Umfeld für bestimmte Themen zu stärken.
Weitere Informationen:
• Pressemitteilung der Leibniz-Gemeinschaft: „Zahl der Leibniz-WissenschaftsCampi steigt auf 25“ vom 15.05.2020
• Pressemitteilung zum Bielefeld Research and Innovation Campus (BRIC) vom 30.10.2018
• Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP)