Im letzten Jahr wurde das 75jährige Jubiläum des Grundgesetzes gefeiert. Hierzu gehört auch Artikel 3 Grundgesetz, der die Gleichstellung von Frauen garantiert und geschlechtliche Minderheiten vor Diskriminierung schützt. Verfassungsgarantien sind aber wesentlich an ihrer Umsetzung zu messen. Und hier fällt die Bilanz im Rückblick gemischt aus.

Das Jahr begann mit dem Befund, dass die Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs nicht der Verfassung entspricht, doch §§ 218ff Strafgesetzbuch sind weiterhin in Kraft. Eine (erstmalige) Mehrheit weiblicher Richterinnen am Bundesverfassungsgericht währte nur kurz. Paritätsregelungen für Parlamente gelten weiterhin als verfassungswidrig. Geschlechtsbezogene Segregation des Arbeitsmarktes, Gender Pay Gap und Gender Care Gap scheinen unveränderbar. Ob die strukturelle Diskriminierung von Frauen existiert, ist umstritten.

Am 1. November 2024 ist endlich das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft getreten. Es löst die unzumutbaren und verfassungswidrigen Regelungen des sog. Transsexuellengesetzes ab, doch es verfestigt zugleich anti-emanzipatorische Geschlechtervorstellungen. Geschlechtsbezogene Gewalt gegen Cis-Frauen und LGBTIQ*-Personen hat zugenommen. Und rechtsextreme Bewegungen und Parteien haben erfolgreich von Antifeminismus und Anti-Gender-Hetze profitiert.

Was also bleibt vom Jubiläumsjahr? Und wie geht es weiter?