„Unter den Waffen schweigen die Gesetze“ – so ist es von keinem Geringeren als Cicero überliefert. Indessen ist die in diesem Satz anklingende und auch heute durchaus verbreitete Vorstellung nicht richtig. Denn das geltende Völkerrecht trifft Aussagen sowohl zum „Ob“ als auch zum „Wie“ des Einsatzes militärischer Gewalt in den internationalen Beziehungen. Gewiss lässt sich sagen, dass die entsprechenden normativen Aussagen zu typischerweise hochpolitischen Sachverhalten an der Grenze des Rechts angesiedelt sind und insofern einen prekären Status haben. Umso bemerkenswerter ist es in Anbetracht dessen jedoch, dass der aktuelle Gaza-Krieg derzeit Gegenstand von gleich vier Verfahren vor internationalen Gerichtshöfen ist. In dem Vortrag des Völkerrechtprofessors und Richters am IGH Claus Kreß soll es darum gehen, Gegenstände und denkbare Entwicklungen in diesen brisanten Verfahren zu beleuchten. Im Hintergrund wird dabei die Frage nach dem angemessenen Platz des Rechts in Fragen von Krieg und Frieden stehen.

Claus Kreß ist seit 2004 Professor für Strafrecht und Völkerrecht an der Universität zu Köln. Dort ist er Inhaber des Lehrstuhls für deutsches und internationales Strafrecht und (seit 2012) Direktor des Institute for International Peace and Security Law an der Universität zu Köln. Sein Forschungsschwerpunkt betrifft das Völkerrecht der Friedenssicherung in einem weiten, das Recht der bewaffneten Konflikte, das Recht der Friedenskonsolidierung und das Völkerstrafrecht einschließenden Sinn. 2019 wurde er zum Richter ad hoc am Internationalen Gerichtshof im Fall Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (The Gambia v. Myanmar) ernannt und seit 2021 ist er Sonderberater des Anklägers des Internationalen Strafgerichtshofs zum Verbrechen der Aggression.