Künstliche Intelligenz ist ein Gebiet, in dem seit Jahrzehnten geforscht wird. Aber selten waren die Erfolgsmeldungen sensationeller und die Vorhersagen über weitere zu erwartende Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten euphorischer als in den letzten Jahren, in denen tiefe neuronale Netze erstaunliche Leistungen in verschiedenen Gebieten gezeigt haben. Auch wenn aktuell sogenannte generative KI im Fokus steht, die Texte und Bilder generieren kann, die ein breites Verstehen suggerieren, bietet das klassischere Einsatzgebiet der Klassifikation möglicherweise tiefergehende Fortschritte und Erkenntnisse. Selbst mit sogenannten Whitebox-Ansätzen, die im Gegensatz zu den Blackbox-Verfahren neuronaler Netze eine – wenn auch nicht immer einfach nachzuvollziehende – Transparenz bieten und weniger Daten benötigen, dafür aber weniger gute Vorhersagen treffen, können bereits hilfreiche Assistenzsysteme entwickelt werden. Ein Beispiel für die Verwendung von KI in der Therapie ist die Entwicklung eines Assistenzsystems, das gemeinsam in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des evangelischen Klinikums Bethel entwickelt und dort eingesetzt und evaluiert wurde. Mit dem Assistenzsystem können PatientInnen lernen, sich auch auf unangenehme oder langweilige Aufgaben zu konzentrieren ohne sich ablenken zu lassen. Ein zentrales Element des Systems besteht darin, die Aufmerksamkeit des Patienten anhand des Blickverhaltens zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Da das Blickverhalten aber auch von anderen Dingen beeinflusst werden kann, soll das System erweitert werden auf die Integration von EEG Daten, die sich als gut geeignet herausgestellt haben, um den Aufmerksamkeitsstatus einer Person automatisch zu klassifizieren.Neben der Therapie wird KI zunehmend auch in der Diagnostik eingesetzt. Beispielsweise ist die Erkennung bestimmter Arrhythmien auf EKG-Daten bereits Standard in vielen EKG-Geräten. Aktuelle Forschungsansätze adressieren nun das schwierigere Thema, intermittierendes Vorhofflimmern anhand eines EKGs vorherzusagen, das mit bloßem Auge keine Auffälligkeiten aufweist. Bei solchen Ansätzen ist der Einsatz von sogenannter „erklärbarer KI“ („explainable AI“ oder „XAI“) besonders hilfreich, weil man sich damit neue Erkenntnisse über VHF und der damit zusammenhängenden Diagnostik verspricht.Am Ende des Vortrags wird es die Gelegenheit geben, mit der Ada-App auf dem eigenen Smartphone eine KI-basierte App für die Diagnose von Krankheiten auszuprobieren.