Der Vortrag präsentiert und diskutiert aktuelle Auftrittsprotokolle der Politik sowohl in demokratischen wie in autokratischen Systemen der Gegenwart. Er beobachtet eine Wiederkehr triumphaler Auftrittsformen, die historisch hergeleitet und in ihren Neuprägungen beschrieben werden. Dabei soll umrissen werden, was bei einem politischen Auftritt auf dem Spiel steht, welche rhetorischen Strategien zu seinem Gelingen führen und mit welchen Gegenkräften beim Auftreten zu rechnen ist. Neben Beispielen aus den Medien werden Beispiele aus der dramatischen Literatur herangezogen, in denen sich das Wissen um die Komplexität von Auftrittssituationen verdichtet und die Krisen hervortreten, die den politischen Akt des In-Erscheinung-Tretens zu einem riskanten und prekären Vorgang mit ungewissem Ausgang werden lassen.
Juliane Vogel ist seit 2007 Professorin für Neuere Deutsche Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Konstanz. Nach ihrem Studium in Wien und Freiburg promovierte (1987) und habilitierte (2001) sie in Wien. Ihre Forschungstätigkeit hat sie im Rahmen von Gastprofessuren und Fellowships u.a. nach München, Berlin, Berkeley, Chicago, Princeton und an die John Hopkins University geführt. Vogel ist u.a. Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des ZfL Berlin, Mitherausgeberin der DVjs, sie war Vorstandsmitglied des Konstanzer Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration“ und ist Sprecherin des NOMIS-Forschungsprojekts „Traveling Forms“ sowie Leiterin der Forschungsstelle „Formtheorie und historische Poetik“ in Konstanz. Sie profilierte sich mit ihren zahlreichen Veröffentlichungen zu europäischer Dramaturgie, Poetik, Formelementen und Szenografie des Dramas im historischen Kontext und kulturwissenschaftlicher Perspektive, darunter ihre Habilitationsschrift Die Furie und das Gesetz. Zur Dramaturgie der großen Szene in der Tragödie des 19. Jahrhunderts (2001) und Aus dem Grund. Auftrittsprotokolle zwischen Racine und Nietzsche (2018). Vogel ist eine der bedeutendsten Dramenforscher*innen Deutschlands und wurde 2020 mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis geehrt.