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Der Preis in Form einer Kerze mit Kippschalter

Zukunft der Labormedizin ausgezeichnet


Autor*in: Lisa Janowski

Für ihre neuartige Entwicklung in der Labordiagnostik erhalten Prof. Dr. med. Thorsten Kaiser, Chefarzt und Leiter des Instituts für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und klinische Pathobiochemie sowie Dr. phil. nat. René Staritzbichler, Leiter der digitalen Unterstützungssysteme klinischer Entscheidungen und spektroskopischen Medizin am Universitätsklinikum OWL der Universität Bielefeld, den renommierten Jörg Schwarzbich Inventor Award. Der mit 40.000 Euro dotierte Preis wird von der Universitätsgesellschaft Bielefeld (UGBi) in enger Zusammenarbeit mit der Universität Bielefeld vergeben, um herausragende wissenschaftliche Erfindungen zu ehren, die das Potenzial haben, das Leben der Menschen nachhaltig zu verändern. Die Preisträger wurden im Rahmen des Neujahrsempfangs der Rektorin ausgezeichnet. 

„Diese Innovation zeigt, wie Wissenschaft die Kraft besitzt, unser Leben nachhaltig zu verändern. Mit dem Zusammenspiel aus Künstlicher Intelligenz und intensiver Forschung wird hier ein Weg geebnet, der nicht nur die medizinische Diagnostik revolutioniert, sondern auch neue Maßstäbe für personalisierte Therapien setzt. Wir sind stolz, solch visionäre Arbeit an unserer Universität zu fördern.“, erklärte Rektorin Professorin Dr. Angelika Epple.

Von der Theorie zur praktischen Lösung

Die moderne Labordiagnostik ist ein unverzichtbares Fundament der Medizin, da sie essenzielle Informationen für Diagnosen, Therapien und Verlaufskontrollen liefert. Aktuelle Verfahren sind jedoch oft ressourcenintensiv, teuer und auf die gezielte Anforderung von spezifischen Biomarkern angewiesen. Traditionelle Labortests messen meist nur vorab definierte Parameter, was dazu führen kann, dass unbekannte oder nicht angeforderte Biomarker unentdeckt bleiben und so die Diagnose verzögern – mit möglicherweise negativen Folgen für die Behandlung.

Die Preisträger Professor Dr. med. Thorsten Kaiser und Dr. phil. nat. René Staritzbichler mit dem Jörg Schwarzbich Inventor Award.

Genau an dieser Stelle setzt die Innovation von Professor Dr. Kaiser und Dr. Staritzbichler an. Seit acht Jahren arbeiten die beiden Mediziner gemeinsam mit ihrem Team an der Entwicklung eines neuartigen Diagnostiksystems namens „Spectimprover“. Die Forschung fiel dabei in die Freizeit – nicht selten in die Nachtstunden.

Obwohl es sich dabei noch um ein Forschungsprojekt handelt und noch kein fertiges Produkt vorliegt, zeigt die Technologie bereits vielversprechende Ergebnisse. Besonders entscheidend für den Erfolg ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz, die speziell auf molekulare Marker trainiert wird. Mit jeder neuen Probe, die analysiert wird, verbessert sich das System weiter und liefert präzisere Ergebnisse.

Eine neue Ära der Diagnostik

Im Gegensatz zu herkömmlichen Labortests, die nur einzelne Parameter messen, ermöglicht „Spectimprover“ die gleichzeitige Analyse mehrerer Biomarker ohne den Einsatz von Reagenzien. Dies geschieht durch die innovative Kombination von Ramanspektroskopie und Künstlicher Intelligenz, die es ermöglicht, zahlreiche Biomarker in einer Probe zu identifizieren – und zwar unabhängig davon, ob diese vorher angefordert wurden. Damit wird diese Methode zu einer sichereren Diagnostik beitragen.

Was ist Ramanspektroskopie? 

Die Ramanspektroskopie ist eine analytische Technik, bei der eine Probe mit Laserlicht bestrahlt wird. Dabei wird ein Teil des Lichts durch die Moleküle in der Probe verändert, und diese Veränderungen geben Aufschluss über die chemische Struktur und die Eigenschaften des Materials. Das Verfahren ist schnell, berührungslos und benötigt keine chemischen Zusatzstoffe – ein entscheidender Vorteil in der Medizin, Chemie und Materialforschung.

Der Weg zur praktischen Anwendung

Da „Spectimprover“ ohne Reagenzien auskommt, reduziert er Kosten, schont Ressourcen und ermöglicht eine schnelle sowie umfassende Analyse von Proben wie Blut oder Urin. Durch die Integration bioinformatischer Algorithmen liefert das System nicht nur präzise Messergebnisse, sondern auch wertvolle Hinweise auf mögliche Erkrankungen oder medizinische Komplikationen.

Das Diagnostiksystem wird derzeit weiterentwickelt. Nach erfolgreichen wissenschaftlichen Studien und der Anmeldung eines europäischen Patents stehen nun die nächsten Schritte an: Weitere Patente werden angemeldet, und eine Ausgründung des Projekts wird geplant. Die Fördersumme des Jörg Schwarzbich Inventor Awards wird dabei nicht nur genutzt, um bereits getätigte Investitionen zu refinanzieren, sondern auch, um die Technologie für den alltäglichen Einsatz weiterzuentwickeln. 

Portrait von Professor Dr. med. Thorsten Kaiser
Mit der Fördersumme möchten wir die Grundlage schaffen, um die Forschung unabhängig voranzutreiben und nicht auf externe Geldgeber angewiesen zu sein. So können wir die Entwicklung weiter intensivieren
Thorsten Kaiser

Würdigung herausragender Innovationen

Seit 2019 vergeben die Universitätsgesellschaft Bielefeld (UGBi) und die Universität Bielefeld gemeinsam den Jörg Schwarzbich Inventor Award. Mit dieser Auszeichnung werden herausragende wissenschaftliche Erfindungen und Innovationen geehrt, die das Potenzial haben, das Leben der Menschen nachhaltig zu verändern. Die Preisträger*innen kommen aus verschiedenen Fachbereichen und werden für Arbeiten ausgezeichnet, die sowohl wissenschaftliche Exzellenz als auch praxisorientierte Anwendbarkeit vereinen. Die Auszeichnung, die mit einem Preisgeld von 40.000 Euro dotiert ist, gehört zu den angesehensten Ehrungen an der Universität Bielefeld. Im Fokus stehen Projekte, die nicht nur theoretisch zukunftsweisend sind, sondern auch konkrete Lösungen für aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen bieten.

Wir freuen uns über diesen Preis insbesondere deswegen, weil es sich um einen technologischen Fortschritt handelt, welcher nicht nur von akademischem Interesse ist, sondern vielen Menschen wirklich nutzen kann.
René Staritzbichler