Die Auswirkungen des Hochschulfreiheitsgesetzes von 2007 auf die positiven Entwicklungen der Universität zeigte Rektor Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer den Gästen des Jahresempfangs auf. Aus dem Regelungsregime des Ministeriums entlassen, konnte die Universität relativ frei wirtschaften. Aber es bedeutete auch ein völliges Umdenken, Schaffung neuer Strukturen für eine selbstständige Hochschule und neuer Leistungs- und Aufsichtsgremien. Aber erst diese Freiräume ermöglichten beispielsweise den Aufbau der Medizinischen Fakultät quasi in Eigenregie oder ganz aktuell den Ausbau des Studienangebots in der Psychotherapie, erläuterte Gerhard Sagerer. In Hochschulen zu investieren, lohne sich: „Ein Euro Grundfinanzierung für die Universitäten bringen vier Euro Wertschöpfung für Nordrhein-Westfalen“.
Den Festvortrag „Künstliche Intelligenz in der Medizin – Neue Möglichkeiten und Herausforderungen“ hielt Professor Dr. rer. nat. habil. Heinz Handels vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Lübeck. Professor Handels leitet seit 2021 den Forschungsbereich Künstliche Intelligenz in der medizinischen Bildverarbeitung am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Lübeck und ist seit 2010 Direktor des Instituts für Medizinische Informatik an der Universität zu Lübeck. Er befasst sich mit der Entwicklung problemoptimierter, lernfähiger Bildverarbeitungsmethoden und ihrer Integration in hybride Bildverarbeitungssysteme zur Unterstützung der medizinischen Diagnostik und Therapie. So erläuterte Handels, dass mittlerweile vierdimensionale bildgebende Verfahren im Einsatz seien, die bei der Diagnose und Therapie helfen. Auch die Möglichkeiten des Homemonitoring für bestimmte Krankheiten, zum Beispiel die altersbedingte Makulardegenration (AMD), werde gerade entwickelt. Der Patient erhält durch die automatische Auswertung sofort eine Rückmeldung, ob zum Beispiel ein Arztbesuch notwendig ist. Obwohl bereits große Datenmengen vorlägen, benötigten die Systeme weitere Falldaten um die KI optimal zu trainieren. Die Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Einrichtungen in „Datenintegrationszentren“ soll hier Abhilfe schaffen.
Beim Jahresempfang werden zudem zwei Preise der Universität Bielefeld verliehen: der Gleichstellungspreis und der Karl Peter Grotemeyer-Preis für hervorragende Leistungen und persönliches Engagement in der Lehre. Der Karl Peter Grotemeyer-Preis geht an die Soziologin Dr. Christina Beckord und wurde von der Prorektorin für Studium und Lehre, Professorin Dr. Birgit Lütje-Klose und von der Universitätsgesellschaft Bielefeld überreicht. Der Gleichstellungspreis wurde in der Kategorie „Erfolge bei der Professorinnengewinnung” vergeben. Professorin Dr. Alexandra Kaasch, Prorektorin für Wissenschaft und Gesellschaft übergab diesen Preis an Professorin Dr. Veronique Zanetti, Abteilung Philosophie, und Professor Dr. Johannes Voit, Dekan der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft.
Gleichstellungspreis für die Linguistik und Literaturwissenschaft und die Philosophie
Der Bielefelder Gleichstellungspreis geht in diesem Jahr an die Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft und an die Abteilung Philosophie der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie. Professorinnen gewinnen: Dieses Ziel haben beide Fakultäten in den Jahren 2018 bis 2021 besonders erfolgreich umgesetzt und teilen sich hierfür das Preisgeld von 10.000 Euro.
„Wenn mehr Professorinnen gewonnen werden und der Professorinnenanteil steigt, sind das wichtige Indikatoren für Gleichstellung“, betont Professorin Marie I. Kaiser, die Prorektorin für Personalentwicklung und Gleichstellung. „Bei den absoluten Zahlen beeindruckt die Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft, die mit großem Abstand die meisten Professorinnen gewinnen konnte.“ Von 16 durchgeführten Berufungsverfahren (im Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2021) wurden 11 Stellen mit Frauen besetzt. Damit hat die Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft mit 58 Prozent den zweithöchsten Professorinnenanteil der Fakultäten und Abteilungen der Universität Bielefeld. Die Abteilung Philosophie hat den höchsten Professorinnenanteil. Dieser liegt mit 63 Prozent mehr als doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt in Philosophie mit 28 Prozent, was ihr ebenfalls den diesjährigen Gleichstellungspreis sichert.
Die Universität Bielefeld lobt seit 2013 den Bielefelder Gleichstellungspreis aus. Er ist in drei Kategorien der Gleichstellungsförderung aufgeteilt und wird jährlich in jeweils einer der Kategorien verliehen. Die Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft bekommt den Preis nach 2013 bereits zum zweiten Mal, ebenso die Abteilung Philosophie, die bereits 2019 eine der Preisträgerinnen war.
Grotemeyer-Preis für hervorragende Leistungen in der Lehre
Mit gleich sieben Einreichungen haben Studierende die Soziologin Dr. Christina Beckord für den Karl Peter Grotemeyer-Preis 2022 für hervorragende Leistungen und persönliches Engagement in der Lehre nominiert. Ausschlaggebend für die Auszeichnung von Christina Beckord: Ihr gelingt es, auch unter erschwerten Bedingungen der Online-Lehre Begeisterung für das angstbehaftete Pflichtfach Statistik bei Studierenden zu wecken. Die Jury musste sich in diesem Jahr unter 22 nominierten Lehrenden entscheiden. Der Karl Peter Grotemeyer-Preis wird von der Universitätsgesellschaft Bielefeld gestiftet und ist mit 3.000 Euro dotiert.
Die Studierenden beschrieben Christina Beckord im Video als aufgeschlossene, engagierte Lehrende, die immer gut gelaunt und hochmotiviert sei. Durch ständigen positiven Zuspruch schaffe sie es, fast jede*n Studierende*n für das Fach Statistik an der Fakultät für Soziologie zu begeistern. Beckords eigene Freude am Fach und ihr Vertrauen in die Studierenden sei ansteckend und gäbe ihnen die Möglichkeit, über sich hinaus zu wachsen. Den Studierenden zufolge schafft sie es, komplizierte mathematische Sachverhalte einfach zu erklären; mit praktischen Beispielen und auf Augenhöhe. Dabei habe sie zudem sehr viel Rücksicht auf die unterschiedlichen Lernerfolge der Studierenden genommen.
„Ich versuche mit meinen Studierenden eine Kultur des Fragens zu leben: Es gibt keine dummen Fragen in meiner Vorlesung, gerade in einem Fach wie Statistik, das mit Angst belegt ist“, sagt Dr. Christina Beckord und ergänzt: „Der Preis ist eine Riesen-Ehre für mich.“
Authentisch, witzig.
Nahbar, freundlich und einfach eine gute Ansprechpartnerin
auch über Statistik hinaus.
Vor allem hat sie auch immer gute Laune.
Ich war total überrascht. Ich meine, wer rechnet damit, wenn man wahrscheinlich in einem der unbeliebtesten Module für die Soziologen, Sozialwissenschaftler und Politikwissenschaftler unterwegs ist?
Also da die Statistik ja sehr mathematisch ist und vor allem für uns Geisteswissenschaftler sehr weit weg von dem, was wir sonst machen. Hat Sie versucht, ihre Vorlesungen und ihre Folien so zu gestalten, dass jemand, der wirklich absolut nichts in Mathe, Statistik oder diesem ganzen Bereich zu tun hat, das nachvollziehen kann.
Also ich habe Christina Beckord nominiert, weil sie bisher in meinem Soziologiestudium
eine der Dozierenden ist, die wirklich super nahbar war, bei der ich immer das Gefühl hatte, ich könnte sie bei Fragen ansprechen sogar zu später Stunde antwortet sie auf Emails.
Sie baut irgendwie diese Nähe zu Studenten auf und motiviert Studierende einfach mitzumachen
und vielleicht auch Dinge zu tun oder auszuprobieren, die sie sich vorher nicht getraut hätten.
Ich konnte herausfinden, dass 80 % der Studierenden gesagt haben, dass sie zumindest etwas Angst vor dem ganzen Thema haben, dass sie sich mit Zahlen nicht wohlfühlen.
Sie lässt einfach keinen hängen, sie lässt keinen zurück.
Es gab sogar ein extra Treffen für Leute, die super Angst vor Statistik haben. Da hat sie sich einfach die Zeit genommen und mit den Leuten noch mal irgendwie in Ruhe. Ich persönlich war jetzt nicht dabei, aber was ich so gehört habe, war das sehr erfolgreich, weil ich von Leuten gehört habe,
die wirklich mehrmals schon durchgefallen sind und die haben es jetzt geschafft mit Frau Beckord.
Sie hat versucht, immer Alltags-Beispiele aus ihren eigenen Forschungsarbeiten zu nehmen, die in der Kriminalsoziologie oder Kriminologie ja auch noch besonders interessant vielleicht für den einen oder anderen sind.
Sie hat viele Grafiken verwendet.
Sie ist langsam durch die Schritte durchgegangen in ihren Folien. Sie nimmt sich vor allem Zeit für die Arbeiten und die Forschungsarbeiten von Studierenden. Sie geht da auch sehr gründlich
ein, gibt auch ordentliches Feedback.
Man könnte auch in Bezug auf Frau Beckord
sagen: Für zukünftige Leute, die Statistik wählen Habt keine Angst, wählt das ruhig. Frau Beckord wird euch hundertprozentig da durchbringen. In Verbindung mit den Tutorien müsst ihr euch da absolut gar keine Sorgen machen.
Weitere Informationen zum Bielefelder Gleichstellungspreis
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