Wenn Forschende für ihre Publikationen zahlen müssen


Autor*in: Universität Bielefeld

Zwar sind Forschungsartikel heute oftmals kostenlos zugänglich. Dafür hat die Open-Access-Bewegung gesorgt. Doch Fachverlage sind inzwischen vermehrt dazu übergegangen, von Autor*innen aus der Wissenschaft Gebühren für Veröffentlichung zu verlangen. Das internatinale Forschungsprojekt ROARA befasst sich mit Konflikten zwischen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Interessen bei Publikationen. Es untersucht, wie sich die neue Entwicklung auf die Qualität der publizierten Artikel und die Bewertung der Forschung auswirkt. Gefördert wird das Projekt von der Volkswagenstiftung. An dem Projekt ist die Arbeitsgruppe Bibliometrie an der Fakultät für Soziologie beteiligt. Geleitet wird das Bielefelder Projektteam von Privatdozent Dr. Niels Taubert. ROARA startet im September 2024.

Publikationen spielen eine zentrale Rolle in der Wissenschaft. Mit ihrer Hilfe verbreiten Forschende ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse. Publikationen entscheiden aber auch über Karrieren, da sie zur Bewertung von Forschenden herangezogen werden. Artikel in renommierten Fachzeitschriften helfen Wissenschaftler*innen beispielsweise, sich um eine Professur zu bewerben oder einen Antrag auf Fördermittel zu stellen.

Risiko, dass Verlage die Qualität von Artikeln vernachlässigen

Das Projekt ROARA soll analysieren, wo mit Blick auf Forschungspublikationen ökonomische und wissenschaftliche Interessen kollidieren. Das kann etwa der Fall sein, wenn Verlage mehr veröffentlichen, um Einnahmen zu erhöhen, dabei aber auf eine ausreichende Qualitätskontrolle verzichten. Das Projekt untersucht diese Kollisionen und wie sie sich auf die Bewertung von Forschung auswirken. „Als wissenschaftliche Zeitschriften mehrheitlich noch gedruckt wurden, finanzierten Verlagshäuser sich durch Abonnements wissenschaftlicher Bibliotheken“, sagt Niels Taubert. Seitdem die Fachzeitschriften nahezu ausschließlich online vertrieben werden, setzt sich die Open-Access-Bewegung für die Beseitigung von Bezahlschranken ein, um wissenschaftliche Veröffentlichungen frei zugänglich zu machen.

Gebühren liegen oft bei tausenden Euro

Viele wissenschaftliche Institutionen unterstützen dies und Forschungsförderer verlangen zunehmend, dass die Ergebnisse geförderter Projekte via Open Access frei zugänglich sind. Niels Taubert, beobachtet eine zentrale Trendwende: „Wissenschaftsverlage reagieren auf die neue Entwicklung, indem sie ihre Geschäftsmodelle anpassen. Statt Gebühren für das Lesen zu verlangen, bitten viele nun Autor*innen für das Veröffentlichen zur Kasse.“ Diese Publikationsgebühren liegen dabei oft bei mehreren tausend Euro pro Artikel.

Ein Mann mit Brille mit grau-schwarzer Strickjacke steht vor einem Gebäude.
„Verlage generieren so enorme Profite, die überwiegend aus Steuergeldern stammen. Und wenn akademische Karrieren und profitable Geschäfte auf dem Spiel stehen, kann das zu fragwürdigen Veröffentlichungspraktiken führen“
PD Dr. Niels Taubert

Der Projekttitel ROARA steht für „Repercussions of Open Access on Research Assessment“ (Auswirkungen von Open Access auf die Forschungsbewertung). Das interdisziplinäre Projekt wird für vier Jahre von der Volkswagenstiftung gefördert. Für die Forschung kooperieren Wissenschaftler*innen von drei Standorten.

Geleitet wird ROARA von Professorin Dr. Isabella Peters von der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW) – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Das Projektteam der Universität Bielefeld wird von Dr. Niels Taubert geleitet. Er gehört der Fakultät für Soziologie an und leitet die Arbeitsgruppe Bibliometrie, die sowohl zur Fakultät als auch zum Institute for Interdisciplinary Studies of Science (I²SoS) gehört. Das Team der Universität Ottawa in Kanada wird von Professorin Dr. Stefanie Haustein von der dortigen der School of Information Studies geleitet. Haustein ist auch Kodirektorin des kanadischen Scholarly Communication Lab.

Die Teams in Bielefeld und Ottawa bringen umfassende Erfahrungen in der Mixed-Methods-Forschung in der wissenschaftlichen Kommunikation und Bibliometrie mit. Insgesamt vereint das ROARA-Team Perspektiven aus Bibliometrie, Bibliotheks- und Informationswissenschaften, Web Science, Wirtschaftswissenschaften und Wissenschaftssoziologie. „Die Ergebnisse des Projekts werden für Wissenschaftspolitik, wissenschaftlichen Kommunikation und Forschungsevaluation von großer Bedeutung sein“, kündigt Niels Taubert an.