Geisteswissenschaften im Labor – auch ohne weißen Kittel


Autor*in: Universität Bielefeld


Was in den naturwissenschaftlichen Disziplinen eine etablierte Arbeitsweise ist, ist in den Geisteswissenschaften bisher noch die Ausnahme – das Forschen und Erproben im Labor. Die Bielefelder Wissenschaftlerin und ausgebildete Gymnasiallehrerin Vanessa Neumann verfolgt das Ziel, die Vorteile der Laboridee zu übertragen und für die geisteswissenschaftliche Arbeit nutzbar zu machen. Im Rahmen des Sonderforschungsbereich (SFB) 1288 „Praktiken des Vergleichens“ an der Universität Bielefeld bietet Neumann zusammen mit Doktorand*innen des SFB Workshops für und mit Schüler*innen an, die als geisteswissenschaftliche Schüler*innenlabore konzipiert werden. Im Fokus stehen Themen aus den Forschungszusammenhängen des SFB 1288, die sich die Teilnehmenden im Mitmachlabor erschließen und so ein tiefes und ganzheitliches Verständnis entwickeln sollen.

„‚Die Entnazifizierung anhand von Akten aus der amerikanischen Besatzungszone‘ oder ‚die Sparrenburg als das Wahrzeichen von Bielefeld‘, sind Beispiele für regional verortete Forschungsthemen, die in den Workshops erarbeitet werden können“, erklärt Neumann: „Die Schulgruppen widmen sich den Fragen mit Hilfe von anregendem Quellenmaterial“. Indem die Schüler*innen gemeinsam mit Bielefelder Wissenschaftler*innen arbeiten, sollen die Workshops Einblicke in die Arbeitsweisen geisteswissenschaftlicher Forschung bieten.

Bild der Person: Vanessa Neumann
Die Bielefelder Wissenschaftlerin Vanessa Neumann bietet im Rahmen des Sonderforschungsbereich (SFB) 1288 geisteswissenschaftliche Schüler*innenlabore an.


Teilnehmende arbeiten in unterschiedlichen Formaten

„Das geschieht in ganz unterschiedlichen Formaten: Die Schüler*innen erarbeiten sich teilweise in Gruppen unbekanntes Material vollkommen selbstständig oder erlangen anhand von unterschiedlichen Stationen neue Erkenntnisse oder entwickeln in der Medienpraxis der Universität Bielefeld ein Thema kreativ in Form von Videos und Podcasts“, sagt Dr. Lars Deile, Professor für die Didaktik der Geschichte und Teilprojektleiter im SFB 1288. Die Schüler*innen arbeiten in den vier- bis fünfstündigen Workshops mit Akten, stöbern in Forschungsliteratur und entdecken Zusammenhänge und weiterführende Fragen. „So erfahren sie geisteswissenschaftliche Forschung aus erster Hand“, zeigt sich Neumann von der Laboridee überzeugt. Das jeweilige Material zu den Themen wird den Gruppen digital auf der Plattform „Taskcards“ zur Verfügung gestellt.

Bild der Person: Lars Deile
Professor Dr. Lars Deile ist Professor für die Didaktik der Geschichte und Teilprojektleiter im SFB 1288.


Für die beteiligten Wissenschaftler*innen sind die Labore eine Herausforderung der besonderen Art: Sie müssen sich Wege überlegen, wie ihre Spezialthemen auch ein öffentliches Publikum erreichen können. Und damit wird die Arbeit mit den Schüler*innen ein Labor für Wissenschaftskommunikation.

Eine Gruppe Schüler*innen arbeitet in einem Workshop mit
Schüler*innen arbeiten in einem Workshop des SFB 1288 und lernen so geisteswissenschaftliche Forschung aus erster Hand kennen.

Ergänzung zu den etablierten teutolabs

Mit den teutolabs bietet die Universität Bielefeld bereits Mitmach- und Experimentierlabore für die Förderung von Motivation und Interesse von Schüler*innen in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) an. Die teutolabs stellen eine Verbindung zwischen der Universität und den Schulen her. Aus dem SFB 1288 wird dieses Angebot nun um die geisteswissenschaftlichen Schüler*innenlabore erweitert.

Die einzelnen Themenangebote sind auf der Webseite des SFB zu finden. Anmeldungen und Terminabsprachen sind über das auf der Homepage hinterlegte Anmeldeformular möglich und an sfb1288lab@uni-bielefeld.de zu senden.