Wie Vulkane Klima und Menschheitsgeschichte beeinflussen


Autor*in: Universität Bielefeld

Vulkanausbrüche können das Klima beeinflussen und das Klima wiederum beeinflusst den Lauf der Geschichte. Die Erforschung dieser komplexen Zusammenhänge ist herausfordernd, denn Forscher*innen unterschiedlicher Disziplinen müssen zusammenarbeiten. Wie dies gelingen kann und wie sich interdisziplinäre Kooperationen verbessern lassen, hat die internationale Forschungsgruppe „Volcanoes, Climate and History“ (Vulkane, Klima und Geschichte) seit 2021 am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld unter-sucht. Auf ihrer Abschlusstagung vom 8. bis zum 12. Januar diskutiert die Gruppe nicht nur ihre Ergebnisse, sondern kuratiert auch eine Kunstausstellung am ZiF.

Der Sommer des Jahres 536 dürfte der kälteste der letzten 2000 Jahre gewesen sein. Die Ursache war ein Vulkanausbruch, dessen Asche den Himmel verdunkelte. Die Menschen wunderten sich über das fahle Licht, es kam zu Missernten, die Pest brach aus und das Oströmische Reich geriet ins Wanken. Auch das Jahr 1816 ist als „Jahr ohne Sommer“ in die Geschichtsbücher eingegangen, dieses Mal war ein Vulkan in Indonesien schuld.
Um besser zu verstehen, wie Gesellschaften auf die Folgen von Vulkanausbrüchen auf unterschiedlichen Raum- und Zeitskalen reagieren, haben in der Forschungsgruppe Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Disziplinen zusammengearbeitet: aus Archäologie, Geschichtswissenschaft, Geo-, Klima- und Paläowissenschaften. Die Gruppe hat sich im Laufe ihrer Arbeit immer wieder neue Schwerpunkte gesetzt: So haben die Forscher*innen archäologische Spuren untersucht, sie haben die Leistungsfähigkeit von Computersimulationen getestet und sich historische Quellen angeschaut.

Die Forschungsgruppe am ZiF: Untere Reihe (v. l.): Prof. Dr. Jan Esper, Prof'in Dr. Eleonora Rohland, Dr. Franz Mauelshagen, Prof. Dr. Michael Frachetti, Prof. Dr. Clive Oppenheimer und Prof'in Dr. Nicola Di Cosmo. Obere Reihe (von links): Prof. Dr. Ulf Büntgen, Anna Gudjónsdóttir und Dr. Lamya Khalidi.
Die Forschungsgruppe am ZiF: Untere Reihe (v. l.): Prof. Dr. Jan Esper, Prof’in Dr. Eleonora Rohland, Dr. Franz Mauelshagen, Prof. Dr. Michael Frachetti, Prof. Dr. Clive Oppenheimer und Prof’in Dr. Nicola Di Cosmo. Obere Reihe (von links): Prof. Dr. Ulf Büntgen, Anna Gudjónsdóttir und Dr. Lamya Khalidi.

Geladene Expert*innen brachten neue Impulse

„Außerdem haben wir immer wieder Expert*innen eingeladen, die uns bei speziellen Fragen weiterhelfen konnten“, sagt der Leiter der Forschungsgruppe, Professor Dr. Ulf Büntgen, der an der

Universität Cambridge Umwelt-Systemanalyse lehrt. Diese Kooperationen haben der Gruppe nicht nur zu wichtigen Erkenntnissen über direkte und indirekte Auswirkungen von Vulkanausbrüchen verholfen, sondern sie auch mit den Herausforderungen interdisziplinärer Zusammenarbeit konfrontiert. „Die Kolleg*innen arbeiten etwa mit unterschiedlichen Maßeinheiten oder definieren Begriffe anders“, berichtet Büntgen.
Die Forschungsgruppe hat diese Erfahrungen unter anderem dazu genutzt, ein interdisziplinäres Analyse-Instrument zu entwickeln, das „Dahliagramm“. Außerdem hat sich die Gruppe von einem Film-Team begleiten lassen, welches unter der Regie des Vulkanologen und Filmemachers Dr. Clive Oppenheimer, ebenfalls Professor an der Universität Cambridge und Fellow der Gruppe, die Arbeit am ZiF begleitet hat.

Ausstellung verbindet künstlerische und wissenschaftliche Aspekte

Teil der Abschlusstagung ist die gemeinsame Ausstellung „Curiosity Unbound – Volcanoes, Climate and History“ (Entfesselte Neugier – Vulkane, Klima und Geschichte) der Forschungsgruppe und der isländischen Künstlerin Anna Guðjónsdóttir. Auch sie ist Fellow der Gruppe und hat während der Workshops mit den Wissenschaftler*innen wiederholt künstlerische Experimente durchgeführt. Sie hat sich besonders dafür interessiert, mit welcher Neugierde und Offenheit die Forscherinnen auf das Thema und die unterschiedlichen Sicht- und Herangehensweisen aller Beteiligten zugegangen sind. Dies visualisiert sie unter anderem mit Gegenständen, die für die Arbeit der Forscher*innen wichtig sind. So treffen in der Ausstellung das Eigenständige und Persönliche auf die wissenschaftlichen und künstlerischen Gedanken. „Die Perspektive der Kunst hat uns noch einmal eine neue Dimension des Fragens und Interagierens, aber auch Möglichkeiten der Präsentation von Forschungsergebnissen aufgezeigt“, so Ulf Büntgen. „Wir haben viel darüber gelernt, wie Vulkanausbrüche gesellschaftliche Entwicklungen und zum Beispiel Pandemien beeinflussen können. Genauso wichtig war es uns aber auch, die Grenzen zwischen den akademischen Disziplinen zu überwinden, und eine unserer Erkenntnisse ist, dass die Kunst definitiv dazu beitragen kann.“

Anna Guðjónsdóttir
Die isländische Künstlerin Anna Guðjónsdóttir hat als Fellow der Forschungsgruppe mit den Wissenschaftler*innen die neue Ausstellung im Zentrum für interdisziplinäre Forschung entwickelt

Die Vernissage der Ausstellung findet am Donnerstag, 11. Januar, um 19.30 Uhr am ZiF statt. Gesprochen wird hierbei Englisch und Deutsch. Die Anmeldung ist auf der Website zur Ausstellung möglich. Die Abschlusstagung findet auf Englisch statt. Journalist*innen sind herzlich eingeladen, über die Tagung zu berichten. Professor Büntgen steht für Anfragen gerne zur Verfügung.