Die Erfassung der Gesundheitsdaten von Migrant*innen und geflüchteten Menschen erfolgt in europäischen Ländern uneinheitlich und lückenhaft. Das stellt eine Studie heraus, die heute (27.10.2023) in der Fachzeitschrift The Lancet Regional Health Europe erscheint. Die 18 internationalen Autor*innen entwickeln einen Aktionsplan für die europäischen Gesundheitssysteme, um die Situation zu verbessern. Dazu gehört der Ansatz, Methoden zu nutzen, die den Datenschutz wahren und zugleich ermöglichen, Daten aus verschiedenen Quellen zu verknüpfen. Für die Analyse kooperierten Wissenschaftler*innen, Vertreter*innen von Organisationen der Vereinten Nationen, von Regierungen und europäischen Institutionen. Geleitet wurde die Studie von Professor Dr. Kayvan Bozorgmehr (Universität Bielefeld) und Dr. Soorej Jose Puthoopparambil (Universität Uppsala, Schweden).
Die globale Mobilität steigt – und damit nimmt der Anteil von Migrant*innen und geflüchteten Menschen in den Gesundheitssystemen in europäischen Ländern zu. Die Datensysteme vieler Länder haben jedoch nicht mit der steigenden Mobilität Schritt gehalten, sodass gesundheitliche Bedarfe laut der Studie derzeit nur unzureichend festgestellt werden. Datenlücken kaschieren Ungleichheiten „Gesundheitsdaten zu Migrant*innen und geflüchteten Menschen sind mehr als nur Statistiken“, sagt Kayvan Bozorgmehr. „Es geht um Menschenleben und Wohlbefinden, aber auch um verdeckte Ungleichheiten, wenn Gesundheitsbedarfe nicht erhoben werden.“ Migrant*innen und geflüchtete Menschen würden aufgrund der mangelhaften Datenerhebung teils auch an der Wahrnehmung ihrer grundlegenden Rechte gehindert. Der Bielefelder Gesundheitswissenschaftler stellt fest: „Gesundheitssysteme, die sich für eine inklusive und gerechte Gesundheitsversorgung einsetzen, müssen sicherstellen, Migrant*innen und Flüchtlinge nicht systematisch von der Datenerhebung auszuschließen.“
© Mike-Dennis Müller
Die Studie befasste sich mit den migrationsbezogenen Gesundheitsdaten aus allen 53 Ländern, die der europäischen Region der Weltgesundheitsorganisation zugerechnet werden. In diesen Ländern leben schätzungsweise 36 Prozent aller internationalen Migrant*innen. Migration und Gesundheit in Politik unzureichend berücksichtigt Die Studie folgert, dass die bestehenden Lücken in der Datenerfassung widerspiegeln, wie stark Migration und Vertreibung in der Politik vernachlässigt werden. „Europäische Länder sollten von einer Ad-hoc-Datenerhebung zu systematischen Erhebungen übergehen und Migrant*innen und geflüchtete Menschen proaktiv in Datensysteme integrieren, um damit gesundheitliche Chancengleichheit zu unterstützen“, sagt der schwedische Co-Autor Soorej Jose Puthoopparambil.
© Mikael Wallerstedt
Als Reaktion auf die Mängel der Gesundheitsinformationssysteme schlagen die Autor*innen einen Aktionsplan vor, um die Erfassung der Daten zu verbessern. Sie schlagen vier Ansätze vor:
- Systematische Datenerfassung: Umsetzung von Strategien, die sicherstellen, dass Gesundheitsdaten von Migrant*innen und geflüchteten Menschen strukturiert erhoben, analysiert und berichtet werden, um evidenzbasierte politische Entscheidungen zu unterstützen.
- Datenschutz und Datenintegration: Nutzung von Methoden, die höchste Standards des Datenschutzes erfüllen und gleichzeitig erlauben, Daten aus unterschiedlichen Quellen miteinander zu verknüpfen.
- Inklusive Erhebungsmethoden: Anwendung von Verfahren, die die unterschiedlichen Hintergründe und die Diversität von Migrant*innen und geflüchteten Menschen bei der Durchführung von Umfragen berücksichtigen.
- Befähigung durch Partizipation: Einbindung von Migrant*innen und geflüchteten Menschen in die Entscheidungsfindung über ihre Gesundheit und Gesundheitsdaten. Ihre Stimmen sollten die Politik und Praktiken beeinflussen, die sich auf ihr Leben auswirken. Die Untersuchung ging aus dem Lancet Migration European Hub hervor. Das Netzwerk bringt Forschende, die Zivilgesellschaft, Nichtregierungsorganisationen, multilaterale Organisationen, politische Entscheidungsträger und Migrant*innen zusammen – mit dem Ziel, Erkenntnisse aus Wissenschaft, Politik und Praxis zu verknüpfen. Die Autor*innen der Studie stammen von zehn europäischen Universitäten, drei nationalen Gesundheitsbehörden, drei Kollaborationszentren der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie mehreren Institutionen und Organisationen der Vereinten Nationen, dem WHO-Regionalbüro Europa, der Internationalen Organisation für Migration und dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF).
Die Untersuchung ging aus dem Lancet Migration European Hub hervor. Das Netzwerk bringt Forschende, die Zivilgesellschaft, Nichtregierungsorganisationen, multilaterale Organisationen, politische Entscheidungsträger und Migrant*innen zusammen – mit dem Ziel, Erkenntnisse aus Wissenschaft, Politik und Praxis zu verknüpfen. Die Autor*innen der Studie stammen von zehn europäischen Universitäten, drei nationalen Gesundheitsbehörden, drei Kollaborationszentren der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie mehreren Institutionen und Organisationen der Vereinten Nationen, dem WHO-Regionalbüro Europa, der Internationalen Organisation für Migration und dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF).