Am 2. Juni besuchte Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, den Bielefeld Research and Innovation Campus (BRIC), um das Innovationsökosystem rund um den Campus und die an der Initiative beteiligten Akteure kennenzulernen. Im direkten Gespräch mit Forschenden, transferinteressierten Unternehmen und Start-ups überzeugte sie sich von den vielversprechenden Aktivitäten und den künftigen Plänen.
Wissenschaftsministerin Ina Brandes: „Spitzenforschung und regionale Wirtschaft finden hier am BRIC vorbildlich zusammen. Um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern, brauchen wir einen schnellen Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis. Von diesem Austausch profitiert der Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen. Die smarten Anwendungen, die dadurch entstehen, werden sehr vielen Menschen zugute kommen!“
© BRIC
BRIC – hinter den vier Buchstaben verbirgt sich eine gemeinsame Initiative von Universität Bielefeld, Hochschule Bielefeld (HSBI), Stadt Bielefeld und der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die sich zum Ziel gesetzt hat, Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft systematisch auszubauen. Die „third mission“, also die Aufgabe der Hochschulen, Transferprojekte durchzuführen, ist am Campus Bielefeld gelebte Praxis und zeigt sich in einer enormen Vielfalt an umgesetzten und in Bearbeitung befindlichen Kooperationsprojekten. Ministerin Brandes zeigte sich im Gespräch mit Vertreter*innen der beteiligten Gesellschafter beeindruckt:
Vom eigenen Kooperationspotenzial sind die Gesellschafter überzeugt. Professor Dr. Reinhold Decker, Prorektor für Informationsinfrastruktur und Wirtschaft der Universität Bielefeld und von Anfang an bei BRIC engagiert, erklärt: „Durch die breite wissenschaftliche Expertise am Campus und die Zusammenarbeit der vier Gesellschafter existiert eine exzellente Basis für Transferprojekte unterschiedlichster Art. Unternehmen finden hier ein nahezu einmaliges Angebot von der Grundlagenforschung bis zur anwendungsnahen Forschung. Die Konzentration auf Themenfelder mit hoher forschungs- und innovationsstrategischer Relevanz ermöglicht eine für die Transferpartner spannende und damit auch erfolgversprechende Entwicklung von Problemlösungen.“
Erfolgreicher Transfer benötigt einen „Kümmerer“
„Zu dem genannten Potenzial benötigt es aber auch einen ‚Kümmerer‘, der durch proaktive Angebote die Umsetzung unterstützt und vorantreibt, sowohl auf Seiten der Unternehmen als auch der Forschenden“, betont Ben Schattenberg, Referent Technologie und Innovation der IHK.
Diese Unterstützung finden die Projektpartner unter anderem beim ThinkTank OWL, der zentralen Anlaufstelle am BRIC. Er übernimmt eine wichtige Lotsenfunktion, verbindet konkrete Herausforderungen der Unternehmen mit der passenden Expertise am Campus und begleitet sie bis zum erfolgreichen Projektstart. Wie wichtig diese Unterstützung ist, bestätigten auch die drei eingeladenen Unternehmen Sita Bauelemente GmbH, Hersteller von Entwässerungssystemen für Flachdächer, Weber Data Service IT GmbH, ein spezialisierter IT-Lösungsanbieter für die Logistik-Branche, und das Start-up Renephro, das eine neue und qualitativ bessere Dialysetechnologie entwickelt. Sie berichteten von ihren eigenen Erfahrungen mit Transferprojekten und der Zusammenarbeit mit den beiden Bielefelder Hochschulen.
Über die Perspektive der Forschenden berichtete Professor Dr. Uwe Rössler, Beauftragter der Präsidentin für den Transfer an der HSBI: „Wir stellen fest, dass forschende Kolleginnen und Kollegen immer mehr Aufgaben bewältigen müssen und die Anforderungen in Bereichen wie Lehre und Administration steigen. Die Priorisierung von Transferprojekten leidet darunter. Mit BRIC und der bedarfsgerechten Unterstützung durch den ThinkTank OWL wird der Aufwand, neue Kooperationsprojekte anzubahnen, minimiert. BRIC ist daher für uns eine strategisch wichtige Initiative“.
Ausgewählte Projekte zeigen beispielhaft die Themenvielfalt
Professor Dr. Ulrich Rückert von der Universität Bielefeld und Professor Dr. Jens Haubrock von der HSBI stellten der Ministerin ihre erfolgreiche Zusammenarbeit mit ihren Unternehmenspartnern vor. In mehreren aufeinander aufbauenden Kooperationsprojekten arbeiten sie an innovativen Bausteinen der Energiewende. Ihr Lösungsansatz beinhaltet den Einsatz von intelligenten Algorithmen und Künstlicher Intelligenz im verbrauchernahen Stromnetz, dem sogenannten Verteilnetz. Hier gilt es, die schwankende Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien und den veränderten Stromverbrauch, zum Beispiel durch Elektromobilität, intelligent zu steuern und besser miteinander zu vernetzen. Die Projektmitarbeiter Melina Gurcke und Bastian Steinhagen zeigten dabei am Beispiel des Prototyps einer „intelligenten Ladesäule“, wie diese Lösungen auch ganz konkret in der neuen Mobilitätspraxis umgesetzt werden können.
Der Bielefelder Landtagsabgeordnete Tom Brüntrup, auf dessen Initiative das Gespräch mit der Ministerin stattgefunden hat, resümierte: „An Bielefelds Hochschulen ist das Wissen und der Willen vorhanden, praxisbezogene Probleme zu erforschen und zu lösen. Davon können und sollen unsere Unternehmen in der Region profitieren. Gerade kleine und mittelgroße Unternehmen wissen aber oftmals nichts von den Kooperationsmöglichkeiten. Ich freue mich deshalb sehr, dass wir mit dem ThinkTank OWL und BRIC diese Lücke schließen. Dies stärkt sowohl den Wissenschafts- als auch den Wirtschaftsstandort Bielefeld“.
Weiterentwicklung der Plattform
Mit dem ThinkTank OWL, der im Rahmen der REGIONALE 2022 aus EU-Fördermitteln eine Anschubfinanzierung erhalten hatte, und den bisher erreichten Ergebnissen zeigt sich Herbert Vogel, Geschäftsführer der BRIC GmbH, sehr zufrieden. Er betont zusätzlich: „Mit der Gründung der BRIC GmbH im Jahr 2019 als eigenständiges Unternehmen wollten wir unterstreichen, dass es für die Weiterentwicklung unserer Initiative unternehmerisches Denken braucht. Der ThinkTank OWL ist dabei ein wichtiger Baustein, das haben alle vier Gesellschafter nach Auslaufen der Förderung mit Ihrer Zusage einer Brückenfinanzierung bestätigt. Nun geht es darum, auch die weiteren Bausteine in die konkrete Umsetzung zu bringen.“
Gregor Moss, Beigeordneter der Stadt Bielefeld und Geschäftsführer der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bielefeld mbH (WEGE), bestätigt diese Einschätzung und weist zusätzlich in die Zukunft: „Bielefeld ist das Oberzentrum einer der wirtschaftsstärksten Regionen Nordrhein-Westfalens. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt ist der Campus Bielefeld ein wichtiger Standortfaktor, in den wir investieren wollen und müssen. Das hat das Land NRW erkannt, Stichwort Medizinische Fakultät, aber auch wir als Stadt. Deshalb beteiligen wir uns aktiv an der BRIC-Initiative und stellen so die Weichen für eine zukunftsfähige und innovative Region.“
Hintergrund: Bielefeld Research and Innovation Campus (BRIC)
Mit dem Bielefeld Research and Innovation Campus entsteht ein eigenes lokales Innovationsökosystem, das auf drei Säulen fußt. Im ThinkTank OWL werden insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Deep-Tech Spin-Offs angesprochen und in Kooperationsformate mit der Wissenschaft eingebunden, um einen niedrigschwelligen Zugang zur Spitzenforschung zu erhalten. Forschungsorientierte Unternehmen können auf dem Campus Bielefeld wissenschaftliche Projekte umsetzen und dafür auch die Infrastrukturen der Hochschulen nutzen. Die Gewinnung und Ansiedlung von Instituten außeruniversitärer Forschungseinrichtungen schafft einen weiteren Impuls für innovative Forschungskooperationen auf dem Campus Bielefeld. Die BRIC GmbH, die zu diesem Zweck im Jahr 2019 von den vier Gesellschaftern – Universität, Hochschule und Stadt Bielefeld sowie IHK Ostwestfalen – gemeinsam gegründet wurde, ist dabei die zentrale Schnittstelle. Unter dem gemeinsamen Dach bündeln die Gesellschafter Ihre Aktivitäten im Bereich Technologie- und Wissenstransfer und schaffen eine Plattform, wo Unternehmen mit Spitzenforschung an den Herausforderungen der Zukunft arbeiten.