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Attraktivere Bedingungen für wissenschaftlichen Mittelbau


Autor*in: Universität Bielefeld

Die Universität will mit dem Karriereweg „Academic Tenure“ Dauerstellen im akademischen Mittelbau als attraktive Option für Wissenschaftler*innen etablieren. Ein entsprechendes Konzept hat das Rektorat verabschiedet. Der Start ist für den Sommer 2023 geplant. Bis dahin wird die Umsetzung vorbereitet und es laufen Piloten mit einzelnen Fakultäten.

Die Arbeitsbedingungen des sogenannten wissenschaftlichen „Mittelbaus“ in Deutschland werden seit längerem diskutiert, seit 2021 und der Kampagne #IchBinHanna ist das Thema auch in einer breiteren Öffentlichkeit angekommen. In der Diskussion geht es vor allem um die geplante Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, das die Möglichkeiten zur Befristung von Arbeitsverträgen in der Wissenschaft regelt. Die politische Debatte dreht sich insbesondere um die Reglementierung von befristeten (Ketten-)verträgen für Wissenschaftler*innen und um die geringe Anzahl an Dauerstellen in der Wissenschaft. Neben dem Gesetzgeber sind auch die Hochschulen aufgefordert, sich mit den aktuellen Karrierebedingungen insbesondere für Wissenschaftler*innen in der Qualifikation zu befassen. „Für flexible und transparente Karrierewege braucht es neben ausreichend finanziellen Mitteln auch verlässliche Konzepte, um mehr auf Dauer beschäftigtes Personal in Forschung und Lehre einzustellen“, so Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld. „Hier tragen auch die Universitäten eine Verantwortung.“ Die Universität Bielefeld hat sich bereits 2019 – also vor der #IchBinHanna-Debatte – auf Grund einer Initiative von Sagerer auf den Weg gemacht, die Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs klarer zu strukturieren und eine bessere Planbarkeit der individuellen Karrieren sicherzustellen – dabei waren immer auch die besonderen Bedingungen von Forschung und Lehre im Blick.

„Mit unserem Konzept wollen wir Dauerstellen im akademischen Mittelbau – also Academic-Tenure-Stellen – als eine eigenständige, attraktive Karriereoption in der Wissenschaft etablieren“, so Professorin Dr. Marie I. Kaiser, Prorektorin für Personalentwicklung und Gleichstellung. Sie hat die Initiative für das Rektorat vorangetrieben und war federführend für den Prozess. „Nach einer Zeit als Postdoc sollen Wissenschaftler*innen sich bewusst für eine Academic-Tenure-Stelle oder für den Weg zur Professur auf einer befristeten Qualifikationsstelle entscheiden. Auch eine Karriere außerhalb der Wissenschaft kann eine attraktive Option sein und sollte in Betracht gezogen werden.“ Zentral ist also die Frage: Wohin soll die (wissenschaftliche) Karriere gehen?

Aber was genau sind die Aufgaben von „Academic Tenure“-Stellen? „Der Schwerpunkt dieser Stellen liegt darauf, im Bereich Lehre und Forschung Aufgaben zu übernehmen, die dauerhaft bzw. langfristig in einer Fakultät anfallen und für sie strategisch relevant sind. Diese Daueraufgaben sind sehr vielfältig; es sind Funktions- oder Serviceaufgaben in Forschung und Lehre darunter, ebenso fakultätsübergreifende Aufgaben sowie Aufgaben in Arbeitsgruppen“, so Kaiser. Dabei sind zwei unterschiedliche Ausprägungen möglich: als Academic Lecturer (Schwerpunkt: Lehre) oder Academic Researcher (Schwerpunkt: Forschung). Die konkreten Aufgabenprofile der Academic-Tenure-Stellen sind Entscheidungen der Fakultäten und sollen Gegenstand ihrer strategischen Personalplanung sein. „Einer der Aspekte, die Academic-Tenure-Stellen attraktiv und konkurrenzfähig machen sollen, sind die mindestens 20 Prozent der Arbeitszeit, die für eigenständige Aufgaben zur Verfügung stehen“, erklärt Professorin Marie I. Kaiser. „Dies sind Aufgaben in Forschung und/oder Lehre, die von den Stelleninhaber*innen für die eigene Profilentwicklung genutzt werden können.“

Dass es durch dieses Konzept zusätzlich neue Dauerstellen im Mittelbau gibt, liegt hauptsächlich im Verantwortungsbereich der Fakultäten. Diese identifizieren im Rahmen der obligatorischen strategischen Personalplanung die für sie wichtigen Daueraufgaben und leiten daraus gegebenenfalls einen zusätzlichen dauerhaften Personalbedarf ab. Aber auch die bereits bestehenden Dauerstellen können in Academic-Tenure-Stellen umgewandelt und so gegebenenfalls attraktiver gemacht werden. Für Neubesetzungen ist in der Regel eine Phase von zwei Jahren vorgesehen, in der sich der*die Stelleninhaber*in für die Daueraufgaben vollumfänglich qualifiziert („Tenure Track“). Die Bezahlung von Academic-Tenure-Stellen erfolgt in der Regel erst einmal nach E/A13, im Rahmen der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Stelleninhaber*innen soll aber die Möglichkeit zur Höhergruppierung/Beförderung nach E/A14 vorgesehen werden. Parallel werden zentrale Onboarding-Angebote und ergänzende Personalentwicklungsmaßnahmen für diese Zielgruppe eingeführt. Das Dezernat Personal/Organisation schafft für die Umsetzung aktuell die formalen und organisatorischen Voraussetzungen. Der Start ist im Sommer 2023 vorgesehen.

„Dieses Konzept ist aus Sicht des Rektorats eine Weichenstellung, deren Erfolge sich erst mit einer zeitlichen Verzögerung umfänglich zeigen werden“, erklärt Rektor Sagerer. „Wir haben aber durch den intensiven, fast dreijährigen Diskussionsprozess mit den Fakultäten rund um das Konzept schon viel in Bewegung gesetzt. Wir stehen im wissenschaftlichen Bereich in einem Wettbewerb um die guten Köpfe – da brauchen wir gute Angebote. Nach meiner Überzeugung haben die Fakultäten mit dieser neuen Karriereoption eine attraktive zusätzliche Option für die Gewinnung und langfristige Bindung von guten Wissenschaftler*innen. Gleichzeitig übernehmen wir Verantwortung für gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft.“

Das gesamte Konzept findet sich hier.