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Wie Gemeinschaften von Mikroorganismen interagieren


Autor*in: Universität Bielefeld

Die Universität Bielefeld beteiligt sich an dem neuem Sonderforschungsbereich „Mikrobielle Netzwerke – von Organellen bis hin zu Reich-übergreifenden Lebensgemeinschaften“ (MiBiNet, SFB 1535) der Universität Düsseldorf. Wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) heute bekannt gegeben hat, wird der Verbund aus der Biologie für die kommenden vier Jahre gefördert.

Mikroorganismen sind keine Einzelgänger, sondern sie leben in komplexen Gemeinschaften. Diese haben einen enormen Einfluss auf die Gesundheit und auf viele Ökosysteme. Ähnlich wie bei menschlichen Gemeinschaften leben die Mikroorgansimen nicht als autarke Einheiten zusammen, sondern sie interagieren und kommunizieren, indem sie Nährstoffe und Informationen miteinander austauschen.

Einblicke in die Evolution

Unter dem Begriff „Mikrobielles Netzwerken“ (englisch „Microbial Networking“) fasst der neue SFB diese Interaktion und Kommunikation zusammen. Es findet auf verschiedenen Ebenen statt: Von den sogenannten intrazellulären Endosymbionten – im Laufe der Evolution als Organellen in Zellen aufgenommene, vormals autonome Organismen – wie Mitochondrien und Chloroplasten bis hin zu interzellulären Gemeinschaften, die aus pro- und eukaryotischen Mikroorganismen bestehen können, wie zum Beispiel das Mikrobiom im menschlichen Darm.

MibiNet will das mikrobielle Netzwerken in seiner umfassenden Komplexität verstehen, um so wichtige Einblicke in die Evolution von Organellen sowie die Funktion von Mikrobiomen zu erlangen. Dabei kommen modernste Techniken zum Einsatz, die in den lebenden Organismen selbst messen können („in vivo“), ohne diese durch den Messprozess zu beeinträchtigen. Zum Beispiel ermöglichen optogenetische Schalter und Biosensorsysteme eine minimalinvasive Analyse intrazellulärer Netzwerke sowie die Erforschung speziesübergreifender Interaktionen.

Wie die Photosynthese in die Pflanze kam

Die Biochemikerin Dr. Marion Eisenhut von der Universität Bielefeld ist Co-Leiterin eines Teilprojekts des Sonderforschungsbereichs. Das Projekt wird daran arbeiten, die Evolution von Zellen mit Zellkern (Eukaryoten) nachzuvollziehen. Dafür stoßen die Wissenschaftler*innen in winzigen Gefäßen die schrittweise Umwandlung eines Cyanobakteriums in einen Chloroplasten an. Chloroplasten sind Bestandteile in einer Pflanzenzelle, die für die Photosynthese zuständig sind. Wie das Cyanobakterium erzeugen Chloroplasten Zucker und Sauerstoff mit Hilfe von Sonnenstrahlen (Photosynthese). „Vor etwa einer Milliarde Jahren wurden diese speziellen Bakterien zu Organellen von Pflanzenzellen“, sagt Marion Eisenhut.

Bild der Person: Dr. Marion Eisenhut, Fakultät für Biologie / Computational Biology
Die Biochemikerin Dr. Marion Eisenhut gehört zum Leitungsteam eines Projekts in dem neuen Sonderforschungsbereich zu mikrobiellen Netzwerken.

„In unserem Projekt wollen wir nachvollziehen, wie das Zusammengehen von eukaryotischer Zelle und Cyanobakterium, unter Fachleuten als primäre Endosymbiose bekannt, abgelaufen ist. Dazu setzen wir synthetische Mikrobiologie, Biosensorsysteme, Mikrofluidik und computergestützte Analysen ein. Wir erwarten, dass wir den Prozess in seinen einzelnen Schritten nachvollziehen und damit eine zentrale Frage der Evolutionsbiologie beantworten können“, sagt Eisenhut.

Die Wissenschaftlerin forscht in der Arbeitsgruppe Computational Biology (computergestützte Biologie) an der Universität Bielefeld. Das SFB-Teilprojekt leitet Eisenhut gemeinsam mit dem Biotechnologen Professor Dr. Dietrich Kohlheyer vom Forschungszentrum Jülich und mit dem Biochemiker Professor Dr. Andreas Weber von der HHU Düsseldorf. Das Projekt trägt den Titel „In vitro evolution of a synthetic organelle inside a picolitre habitat” (In-vitro-Evolution einer synthetischen Organelle in einem Pikoliter-Habitat).

Mit neuen Daten Theorien und Modelle optimieren

Die Projekte des neuen SFB zielen darauf ab, von natürlichen Interaktionen zu lernen. Durch synthetisch konstruierte Designer-Organellen, -Endosymbionten oder mikrobielle Konsortien sollen dann die zugrundeliegenden Prinzipien überprüft werden. Die gewonnenen quantitativen Daten werden anschließend verwendet, um theoretische Konzepte und mathematische Modelle zu erstellen und zu verbessern.

Sprecher des Sonderforschungsbereichs ist Professor Dr. Michael Feldbrügge von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), Ko-Sprecherin ist Professorin Dr. Julia Frunzke vom Forschungszentrum Jülich, die auch Professorin an der HHU ist. Weitere Kooperationspartner außer der Universität Bielefeld sind die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, die Universität zu Köln und das Max-Planck für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln. Das Projekt umfasst insgesamt zwölf Forschungsgruppen, drei Zentralprojekte und das integrierte Graduiertenkolleg „MibiNeⓍt“. Das Fördervolumen beträgt insgesamt rund elf Millionen Euro.

Die DFG hat heute ebenfalls angekündigt, dass sie einen neuen gemeinsamen Sonderforschungsbereich der Universitäten Bielefeld und Paderborn fördert. Dieser mathematisch ausgerichtete Transregio befasst sich mit ganzzahligen Strukturen.