Was verbindet Biotechnologie, Molekularbiologie und Bioinformatik? Genau: Gemeinsam mit weiteren Fächern, die mit Biologie zu tun haben, bilden sie die sogenannten Life Sciences. 1996 gründeten Promotionsstudierende in Köln die btS (biotechnologische Studenteninitiative e.V.) – als erste ihrer Art auf diesem Gebiet. Inzwischen gibt es 27 Geschäftsstellen in ganz Deutschland, in denen längst nicht mehr nur Studierende der Biotechnologie aktiv sind. Und weil die Studiengänge der Mitglieder inzwischen so vielfältig sind, hat sich der Verein vor zwei Jahren umbenannt: btS – Life Sciences Studierendeninitiative. In der hiesigen Geschäftsstelle der btS setzen sich Studierende der Life Sciences seit fast zwanzig Jahren dafür ein, ihre Kommiliton*innen untereinander, aber auch mit Hochschule und Industrie zu vernetzen sowie Wissen(schaft) in die Gesellschaft zu bringen. Für dieses ehrenamtliche Engagement sind sie nun für den Preis „Engagiert studiert“ des Ehemaligennetzwerks der Universität Bielefeld e.V. nominiert.
In Bielefeld hat die btS rund 100 Mitglieder, ungefähr 25 davon arbeiten aktiv in der Hochschulgruppe mit. „Wir sind derzeit die größte Geschäftsstelle“, sagt die 21-jährige Lara Hanses, die sich seit zweieinhalb Jahren in der btS engagiert. Seit April dieses Jahres ist die Studentin der Molekularen Biotechnologie Vorstandsvorsitzende und behält in dieser Funktion den Überblick über die Geschäftsstelle an der Uni Bielefeld, repräsentiert sie nach außen. Matthias Otto ist bereits seit sechs Jahren mit dabei, zunächst auch lokal im Vorstand. Aktuell kümmert sich der 28-jährige Promotionsstudent um bundesweite Kooperationen und um die Finanzen der gesamten btS, die in ganz Deutschland ungefähr 1.300 Mitglieder zählt.
Wir machen zum Beispiel Ersti-Tüten um die ganzen Erstsemester zu begrüßen. Wir machen verschiedene Workshops als Weiterbildungsmöglichkeiten. Wir machen auch Trainings, also quasi Workshops in einem größeren Umfang, auch zu verschiedenen Themen. Wir würden auch gerne im nächsten Jahr ein Großprojekt planen zum Thema Zukunft.
Aber wir haben auch immer wieder Projekte am Laufen, die die Gesellschaft abdecken sollen.Ich kann da zum Beispiel nennen, dass wir vor ein paar Monaten die sogenannten Flower Bombs hergestellt haben,
also kleine Kügelchen mit Blumensamen drin und wir wollten damit aktivauf das Insektensterben aufmerksam machen und haben große Stände aufgebaut, Flyer ausgeteilt, um so ein bisschen Informationen neutral und wissenschaftlich fundiert zu verteilen.
Wir engagieren uns, weil wir glauben, dass vor allem im Bereich der Softskills, also sowas wie Kommunikation, Projektmanagement, Zeitmanagement, man im Studium selber eher weniger lernt. man ist da eher auf das Fachliche ausgerichtet und diese Lücke wollen wir damit einmal füllen und dabei uns selber weiterbilden. Aber natürlich auch Studierenden, die nicht Teil der btS sind. In der btS, auch wenn wir eine relativ große Gruppe sind, wächst man doch ziemlich zusammen.
Also man trifft sich nach der Sitzung noch, verbringt den Abend zusammen, macht Spieleabende, spielt zusammen Volleyball oder auch ganz viele verschiedene Sachen. Da entsteht wirklich Freundschaften,
die auch bis nach dem Studium sich noch weiter erhalten. Dadurch, dass Leute sich wirklich
in ihrer Freizeit diese Zeit nehmen und versuchen, sich und andere weiterzubringen,
macht einfach einen ungemeinen Unterschied.
Es gibt sehr viele Menschen, die sich engagieren, jeden Tag. Ohne die das Land nicht so gut funktionieren würde. Ob ich jetzt wirklich nur für mich kämpfe und nur für mich gucke, dass ich das bestmögliche Ergebnis aus meinem Studium rausbekomme oder ob ich auch gucke, dass meine Kommilitonen weiterkommen und dass ich dafür sorge, dass meine Kommilitonen sich auch weiterbilden können, auch wenn sie nicht Teil der Initiative sind.
Die btS verfolgt zwei Ziele: „Die Studierendenhilfe und das Weiterbringen der Wissenschaft“, erklärt Alina Schneider. Sie studiert Molekularbiologie und arbeitet seit eineinhalb Jahren in der Studierendeninitiative mit, erstellt als Vorstandsmitglied Quartalsberichte und Kostenabrechnungen. Auf die Frage, was die btS tue, um ihre Kernanliegen zu erreichen, kommen Schneider, Otto und Hanses eine ganze Weile gar nicht mehr aus dem Aufzählen raus. „Für die meisten Angebote oder Veranstaltungen müssen Teilnehmende nicht mal Mitglied in der btS sein“, stellt die 24-jährige Alina Schneider klar. Von dem Engagement können also nicht nur Vereinsangehörige profitieren, die für ihren Mitgliedsbeitrag unter anderem regelmäßig eine Fachzeitschrift bekommen, sondern grundsätzlich alle Studierenden der Life Sciences – und in manchen Fällen sogar Interessierte aus anderen Fächern.
Um Studierende beruflich, aber auch persönlich weiterzubringen, ihnen die Vorzüge eines funktionierenden Netzwerks bieten zu können, plant und organisiert die btS unterschiedliche Formate. „In diesem Wintersemester stehen Workshops zur Finanzplanung sowie zu Rhetorik und Kommunikation auf dem Programm“, beginnt Lara Hanses die Aufzählung. „Ebenso gibt es regelmäßig sogenannte GxP-Trainings, bei denen Teilnehmende in der guten wissenschaftlichen Arbeitspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln geschult werden.“ Zwar könnten entsprechende Zertifikate auch noch nach dem Studium erworben werden, seien bei dem von der btS organisierten Angebot aber deutlich vergünstigt. „Um die Studierenden der Life Sciences untereinander zu vernetzen, führen wir Socializing Events durch“, fährt Alina Schneider fort und Matthias Otto ergänzt: „Und um Kontakte in die Industrie herzustellen, organisieren wir zum Beispiel Firmenexkursionen oder den Businessbrunch mit Unternehmensvertreter*innen, bei dem die Teilnehmenden herausfinden können, ob die Firma oder der Beruf etwas für sie wäre.“ Und auch für die Vernetzung von Studierenden mit der Hochschule sorgt die btS, indem sie beispielsweise eine Broschüre zusammenstellt, in der die Arbeitsgruppen der Universität aus dem Life Science-Bereich samt Ansprechpersonen und Möglichkeiten, Abschlussarbeiten dort zu schreiben, aufgelistet sind.
Neben dieser Unterstützung Studierender, ist es der Gruppe jedoch genauso wichtig, den Wissenstransfer in die Gesellschaft voranzutreiben. Dafür veranstaltet sie unter anderem Podiumsdiskussionen, beispielweise zu der Frage, ob Tierversuche noch zeitgemäß sind. Außerdem experimentieren Mitglieder bei Veranstaltungen wie dem Sparrenburgfest gemeinsam mit Kindern. „So versuchen wir, Familien naturwissenschaftliche Themen näher zu bringen“, erklärt Otto. „Kinder dafür zu begeistern.“ Derartige öffentliche Veranstaltungen sollen dabei helfen, in zweierlei Hinsicht Vorurteile abzubauen. „Mit den Street Science-Formaten möchten wir zeigen, dass Naturwissenschaften nicht nur etwas für Nerds sind, sondern im Gegenteil richtig cool sein können“, sagt Hanses. „Und Vorträge oder Podiumsdiskussionen sind ein gutes Mittel, um Aufklärung zu betreiben oder mit Vorurteilen zu einem bestimmten Thema aufzuräumen.“
Sollte die btS bei „Engagiert studiert“ den ersten Platz gewinnen, würde der Verein in diesem Sinne gern eine große, NRW-weit beworbene Veranstaltung auf die Beine stellen, die sich einem Zukunftsthema wie „Future Food“ widmet oder über einen Bereich wie Gentechnik aufklärt, bei dem in der Gesellschaft viel Unsicherheit und Unwissen herrscht. Welche Projekte und Veranstaltungen die btS genau umsetzt und anbietet, hängt auch von den Präferenzen der jeweiligen Mitglieder ab. „Jede*r kann sich so einbringen, wie es am besten passt und Projekte angehen, für die sie oder er wirklich brennt“, sagt Schneider. Hilfreich dabei ist, dass die Gruppe großen Wert auf Wissensspeicherung legt, sodass jemand, der ein neues Projekt plant, nicht wieder bei Null anfangen muss, weil es zum Beispiel bereits einen Leitfaden zum Ablauf gibt. So muss sich die btS bei ihrer Arbeit nicht lange mit dem Wie aufhalten, sondern kann sich darauf konzentrieren, Studierende bei ihrem Werdegang zu unterstützen und die Öffentlichkeit mit der eigenen Begeisterung für Naturwissenschaften anzustecken.
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