Rechtsextremismus-Studie: Die Mitte muss sich positionieren


Autor*in: Universität Bielefeld

Alle zwei Jahre untersucht die Mitte-Studie rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen. Die neue Ausgabe, die heute in Berlin vorgestellt wird, zeigt: die „Mitte“ ist gefordert, Haltung zu zeigen, Postion zu beziehen und ihre Demokratie zu stärken. Herausgeber der Studie für die Friedrich-Ebert-Stiftung sind die Extremismusforschenden Professor Dr. Andreas Zick, Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld und Professorin Dr. Beate Küpper, Hochschule Niederrhein.

Selten war die gesellschaftliche Mitte so „gefordert“ wie heute. Rechtsextremismus, Populismus, Rassismus setzen ihr zu. Alle zwei Jahre untersucht die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in der deutschen Gesellschaft. Die aktuelle repräsentative Umfrage von Dezember 2020 bis Frühjahr 2021 zeigt: Die „Mitte“ ist gefordert, Haltung zu zeigen, Position zu beziehen und ihre Demokratie zu stärken! Dazu hat sie das Potenzial.

Hasskampagnen, Gewalt, rechter Terror und neue rechte Gruppen haben die Mitte in den vergangenen Jahren getroffen. Nun kommt die Coronapandemie mit globalen Unsicherheiten und unkalkulierbaren Folgekrisen dazu. Was heißt das für die demokratische Orientierung der Gesellschaft? Die hier vorliegende Mitte-Studie 2020/21 erkennt sowohl Entwicklungen, die die Demokratie fördern, als auch solche, die sie gefährden. Die Mitte selbst schätzt den Rechtsextremismus als größte Bedrohung für die Demokratie ein, und hierin liegt die Chance, ihm zu begegnen.

Was ist der positive Trend?

Die Mitte 2020/21…
… versteht sich demokratisch,
… wendet sich gegen Hass und Hetze und
… erkennt Rechtsextremismus als Bedrohung.
In fast allen Bereichen der Befragung gehen die klaren Zustimmungswerte zurück.

Was ist der negative Trend?

Die Mitte 2020/21…
… ist konfrontiert mit einem neuen antidemokratischen Populismus, der Einfallstore zum Rechtsextremismus öffnet,
… ist in Teilen aber auch selbst offen für antidemokratischen Populismus, stimmt extrem rechten Meinungen zu und
… ist anfällig für Antisemitismus.

Die wichtigsten Erkenntnisse der Mitte-Studie 2020/21

Die Mitte ist gefordert, sich zu positionieren.

Es gibt einen Rückgang bei eindeutigen Zustimmungen zu rechten Einstellungen in fast allen Kategorien. Aber: Es gibt wesentlich mehr „teils/teils“-Antworten. Das kann bedeuten, dass die Mitte weniger diskriminierende Einstellungen vertritt und sich der Gefahr bewusster wird. Das kann aber auch bedeuten, dass die Mitte in Teilen abwertend eingestellt ist und sich in den Graubereich flüchtet.
Ist dieser Rückgang auch in der Lebensrealität der von Rassismus betroffenen Menschen spürbar?
Es gibt keinen teil/teils-Rassismus!

Einstellungen und Gewaltbilligung in Deutschland 2020/21, Graphik

Was sind die Mitte-Studien?

Seit 2006 gibt die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) etwa aller zwei Jahre eine neue Ausgabe der „FES-Mitte-Studie“ heraus. Seit 2014 ist dafür von wissenchaftlicher Seite das Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) an der Universität Bielefeld verantwortlich. Entwickelt wurde dieses Konzept gemeinsam mit den Wissenschaftler_innen um Brähler/Decker an der Universität Leipzig. Seit 2014 arbeitet die FES mit dem IKG zusammen und konnte so das Konzept der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF) in die Mitte-Studien integrieren, das im Rahmen der Forschungsreihe „Deutsche Zustände“ seit 2002 entwickelt wurde.

Weitere Informationen und der Link zur Studie