DFG-Forschungsgruppe zu Thermalisierung wird weitere drei Jahre gefördert


Autor*in: Universität Bielefeld

Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschungsgruppe 2692 befasst sich seit 2018 mit der komplexen Fragestellung der Thermalisierung. An der Forschungsgruppe sind drei Professoren der Universität Bielefeld beteiligt. Nun hat die DFG die Finanzierung für weitere drei Jahre bekannt gegeben.

Beteiligt an der Forschungsgruppe „Fundamental Aspects of Statistical Mechanics and the Emergence of Thermodynamics in Non-Equilibrium Systems“ (FOR 2692) sind die Universitäten Osnabrück und Oldenburg sowie das Forschungszentrum Jülich. Insgesamt werden rund 1,57 Millionen Euro bereitgestellt, davon gehen rund 500.000 Euro an die Universität Bielefeld.

Das Prinzip: Systeme kommen immer ins Gleichgewicht


„Das Phänomen der Thermalisierung ist allgegenwärtig“, erklärt Professor Dr. Robin Steinigeweg von der Universität Osnabrück, Sprecher der Forschungsgruppe. „Überlässt man ein physikalisches System sich selbst, so wird es im Laufe der Zeit in ein Gleichgewicht kommen, welches weitestgehend unabhängig vom Anfangszustand ist. Es thermalisiert.“

„Dieses alltäglich erscheinende Phänomen ist deshalb aus wissenschaftlicher Sicht so ungewöhnlich, weil alle in diesem Zusammenhang relevanten fundamentalen mikroskopischen Gesetze der Physik zeitumkehrinvariant sind“, erklärt der Physiker Professor Dr. Peter Reimann von der Universität Bielefeld. Sie besitzen also keine ausgezeichnete Richtung in der Zeit, keinen Zeitpfeil, wie man auch sagt. Die Thermalisierung läuft aber immer in eine Richtung ab, praktisch nie in die andere; sie folgt einem Zeitpfeil. Zusammen mit Professor Reimann arbeiten seine Bielefelder Kollegen Professor Dr. Thomas Dahm und Professor Dr. Jürgen Schnack an der DFG-Forschungsgruppe mit.

Erforschung ermöglicht auch tieferes Verständnis von Quantencomputern

Im Mittelpunkt der Forschungsgruppe steht die Frage, wie dieses Phänomen auf der Grundlage mikroskopischer Prinzipien in der klassischen Mechanik und Quantenmechanik erklärt werden kann. Das ist eine Fragestellung, die für viele Gebiete der modernen experimentellen und theoretischen Physik eine wichtige Rolle spielt. „Äquilibrierung – also der Prozess, bei dem ein System in den Gleichgewichtszustand übergeht, – und Thermalisierung treten oft zusammen mit dem Phänomen der Dekohärenz auf. Für die Entwicklung und Anwendung von Quantencomputern ist es wichtig, die Dekohärenz besser zu verstehen, weil diese die Rechenprozesse in Quantencomputern stört und letztlich unbrauchbar macht“, sagt Jürgen Schnack, der in der Forschungsgruppe zu diesen Fragen eng mit Professorin Dr. Kristel Michielsen am Forschungszentrum Jülich zusammenarbeitet. Sein Bielefelder Kollege Professor Dr. Thomas Dahm forscht an Systemen, in denen Thermalisierung extrem verlangsamt werden kann.

„Obwohl die Forschungsgruppe sich auf die Klärung theoretischer Grundfragen fokussiert, sind die betrachteten Modelle auch eng verknüpft mit realen Materialien und Experimenten“, sagt der Co-Sprecher Professor Dr. Martin Holthaus von der Universität Oldenburg. „Angesichts der Komplexität solcher Modelle kann das Zusammenwirken der an den verschiedenen beteiligten Standorten entwickelten analytischen und numerischen Kompetenzen als eine besondere Stärke unseres Verbundprojekts betrachtet werden.“

Bielefelder Forschende wirken in fünf DFG-Forschungsgruppen mit


Die von der DFG geförderten Forschungsgruppen sind enge Arbeitsbündnisse mehrerer herausragender Wissenschaftler*innen, die gemeinsam eine Forschungsaufgabe bearbeiten. Forschungsgruppen tragen häufig dazu bei, neue Arbeitsrichtungen zu etablieren. Die DFG fördert die Forschungsgruppen maximal zweimal drei Jahre lang. Die Universität Bielefeld koordiniert derzeit zwei DFG-Forschungsgruppen. An weiteren drei Forschungsgruppen ist sie beteiligt

Für die Forschungsgruppe zur Thermalisierung kooperieren: Professor Dr. Thomas Dahm, Professor Dr. Peter Reimann und Professor Dr. Jürgen Schnack (jeweils von der Universität Bielefeld), der Sprecher Professor Dr. Robin Steinigeweg (Universität Osnabrück), sowie Co-Sprecher Professor Dr. Martin Holthaus und Professor Dr. Andreas Engel (Universität Oldenburg), Professor Dr. Jochen Gemmer und Professor Dr. Philipp Maass (jeweils von der Universität Osnabrück) und Professorin Dr. Kristel Michielsen (Forschungszentrum Jülich).