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Wie werden Frauen- und Geschlechterrechte angegriffen?


Autor*in: Universität Bielefeld

Gleiche Rechte für alle Menschen aller Geschlechter: Das galt lange als ein zwar noch nicht erreichtes, aber unumstrittenes Ziel. Seit einiger Zeit ist dieser Konsens jedoch brüchig geworden – der Einsatz für Frauen- und Geschlechterrechte wird von unterschiedlichen Seiten als „Gender-Ideologie“ kritisiert. Doch warum und auf welche Weisen sind Frauen- und Geschlechterrechte in verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Kontexten weltweit zu einem so umstrittenen Feld geworden? Diese Frage steht im Mittelpunkt der internationalen Tagung „Framing Global Contestations of Women’s and Gender Rights“ („Die weltweiten Anfechtungen von Frauen und Geschlechterrechten einordnen“), die im Hybrid-Format vom 24. bis zum 26. März am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld stattfindet. Die meisten der 140 teilnehmenden Wissenschaftler*innen werden digital zugeschaltet.

„In den letzten Jahren konnten wir beobachten, wie verschiedene Gruppierungen in unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Kontexten Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter in Frage stellen“, erklärt die Soziologin Privatdozentin Dr. Alexandra Scheele von der Universität Bielefeld. „Dabei wird ‚Gender‘ als Ideologie bezeichnet und es werden Forderungen nach Geschlechterrechten diskreditiert. Es ist wichtig, diese Auseinandersetzungen im Kontext von gesellschaftlichem Wandel, sozialen und ökonomischen Krisen und Verunsicherungen zu dechiffrieren und insbesondere auch eine globale Perspektive einzunehmen.“

Sie organisieren die Auftaktkonferenz der neuen ZiF-Forschungsgruppe (v.li.): PD Dr. Alexandra Scheele, Prof’in Dr. Heidemarie Winkel, Prof’in Dr. Julia Roth und Anna Efremowa. Foto: Universität Bielefeld/M. Richter

Alexandra Scheele leitet zusammen mit ihren Bielefelder Kolleginnen Professorin Dr. Julia Roth (American Studies und Gender Studies) und Professorin Dr. Heidemarie Winkel (Soziologie) die ZiF-Forschungsgruppe „Global Contestations of Womens‘ and Gender Rights“ („Weltweite Anfechtungen von Frauen- und Geschlechterrechten, die die Tagung organisiert. Dass Gleichstellung als Ziel vermehrt angezweifelt wird, zeige sich besonders deutlich in den erneut aufflammenden Debatten um Abtreibungsrechte, um die Ehe für alle, um sexuelle Früherziehung oder in den Anfeindungen gegenüber Feministinnen und Gender Studies.

Auf der internationalen Tagung wird die Forschungsgruppe unterschiedliche Erklärungsansätze für diese Entwicklung zur Diskussion stellen, die sie in den vergangenen Monaten am ZiF erarbeitet hat. „Dabei geht es um die Reflektion zentraler Perspektiven wie Intersektionalität oder Universalismus, die Analyse des globalen Kapitalismus als Krisenherd, die Auseinandersetzung mit hegemonialen Wissensproduktionen, etwa auch in religiösen Kontexten, sowie die Infragestellung von globalen Normativitäten“, erklärt Co-Leiterin Julia Roth.

Dazu gehören konkrete Themen wie globale Krisen und ihre Folgen für Staaten, Märkte oder Familien und konzeptuelle Überlegungen zu grundlegenden Begriffen der internationalen Genderforschung und dazu, wie Vorstellungen des Normalen entstehen. „Uns liegt besonders daran, eine internationale und vergleichende Perspektive zu entwickeln, um einerseits die Konflikte und Angriffe auf Frauen- und Geschlechterrechte besser verstehen zu können, andererseits aber auch vermeintliche Grenzziehungen zu überwinden und Gemeinsamkeiten in den Auseinandersetzungen um Recht, Anerkennung und Umverteilung zu identifizieren“, sagt Co-Leiterin Heidemarie Winkel.

Gerahmt wird die Konferenz von zwei Keynote- Vorträgen: Die Soziologin Professorin Dr. Manuela Boatcă (Universität Freiburg) eröffnet die Konferenz am Mittwoch mit dem Vortrag „Gendering Global Entanglements – Decolonializing Inequalities“, („Globale Verflechtungen aus der Perspektive der Gender-Forschung betrachten – Ungleichheiten dekolonialisieren“), die Bundesverfassungsrichterin Professorin Dr. Susanne Baer (Karlsruhe und Humboldt-Universität zu Berlin) reflektiert zum Abschluss „Gendered Normativities: The Role and Rule of Law“ („Normativität und Geschlechtergerechtigkeit: Die Bedeutung der Gesetze und der Rechtstaatlichkeit“).

Am Vorabend der Tagung, am 23. März um 18 Uhr, präsentieren die Kulturwissenschaftlerin Professorin Dr. Gabriele Dietze (Berlin) und Julia Roth gemeinsam mit der Politikwissenschaftlerin Professorin Dr. Birgit Sauer (Wien) ihr Buch „Right-Wing Populism and Gender. European Perspectives and Beyond“, („Rechtsorientierter Populismus und Geschlecht. Europäische Perspektiven und darüber hinaus“) das im letzten Jahr im Bielefelder Transcript Verlag erschienen ist.