Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld, über einen Beitrag in der FAZ.
Rektor Sagerer, heute (11. März 2020) ist in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein Beitrag über das Universitätsranking von Times Higher Education (THE) erschienen. Darin werden methodische Mängel des Rankings am Beispiel der Universität Bielefeld beschrieben. Hat Sie das überrascht?
Sagerer: Nein, der Beitrag hat mich nicht überrascht. Wir wussten, dass er kommt, denn die Autor*innen sind Wissenschaftler*innen unserer Universität. Sie haben die zugrundeliegende Studie im Auftrag des Rektorats erarbeitet.
Was heißt „im Auftrag des Rektorats“?
Die großen Sprünge, die die Universität Bielefeld in den vergangenen Jahren im THE-Ranking gemacht hat, haben mich sehr gefreut. Sie bedeuten einen Renommee-Gewinn und sorgen für internationale Sichtbarkeit. Aber: Wir wollten im Rektorat verstehen, woher diese deutlichen Verbesserungen kommen. Frau Brankovic aus der Fakultät für Soziologe und Herr Taubert aus der Universitätsbibliothek sind Expert*innen für das Thema Ranking. Brankovic forscht dazu im Rahmen des Sonderforschungsbereich SFB 1288: „Praktiken des Vergleichens“. Da war es naheliegend, diese Expertise zu nutzen. Wir haben sie gebeten, die komplexen Details der Kriterien des Rankings genau in den Blick zu nehmen. Die beiden haben festgestellt, dass unsere großen Sprünge in den letzten Jahren durch die Kategorie „Zitationen“ zustande gekommen sind. Das ist natürlich zunächst einmal als positiv zu bewerten. Allerdings erzeugt dieses Ergebnis keinen validen Eindruck der Gesamtsituation der Universität im Hinblick auf „Zitationen“, da die Analyse von Frau Brankovic und Herrn Taubert gezeigt hat, dass die Sprünge nach oben letztlich auf nur wenige Publikationen zurückzuführen sind, bei denen Wissenschaftler*innen der Universität mit mehreren hundert Ko-Autor*innen weltweit publiziert haben. Auf den Punkt gebracht: Wir haben uns in unterschiedlichen Kategorien verbessert, aber die großen Sprünge gehen wahrscheinlich auf wenige extreme Ausreißer bei den Publikationen zurück. Da derartige Publikationen natürlich nicht nur die Universität Bielefeld betreffen, sondern weltweit viele andere Universitäten auch, müssen wir vor diesem Hintergrund die verwendete Methodik des THE-Rankings mit einem großen Fragezeichen versehen.
Zieht die Universität Bielefeld Konsequenzen?
Nein, aktuell nicht. Rankings haben eine große Bedeutung im weltweiten Universitätsbetrieb. Wir wollen uns auch in Zukunft mit anderen international vergleichen. Der Wettbewerb ist da, und dem stellt sich die Universität Bielefeld. Wir hoffen, dass Times Higher Education die Methodik verbessert und werden auch hinschauen, ob es tatsächlich Änderungen gibt.
Ich möchte unterstreichen: Wir haben diese Untersuchung nicht in Auftrag gegeben, um das Abschneiden der Universität Bielefeld in dem Ranking durch gezielte Maßnahmen zu verbessern. International ist ein solches Ranking-Marketing übrigens nicht unüblich. Unser Ansatz war wissenschaftsgetrieben. Daher war uns von Anfang an klar, dass die Ergebnisse im wissenschaftlichen Kontext veröffentlicht werden müssen, sie aber auch darüber hinaus von großem Interesse sind. Wir begrüßen es sehr, dass die Studie unserer beiden Wissenschaftler*innen nun öffentlich so stark sichtbar wird.
Das Interview bezieht sich auf den Artikel „So verrückt können Rankings sein“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 11.03.2020 von Jelena Brankovic, Ressort Forschung und Lehre, Seite N4. Auf dem Campus der Universität Bielefeld ist die FAZ frei zugänglich über die Universitätsbibliothek.