24.07.1967

„Die Universität soll eine Reformuniversität sein“

Am 24. Oktober 1967 beschließt das nordrhein-westfälische Landeskabinett, dass „beim Aufbau der Universität Bielefeld … die Empfehlungen, die der Gründungsausschuss für die Universität Bielefeld an 24.7.1967 beschlossen hat, die Grundlage der weiteren Planung bilden“ sollen. In ihnen wird die zur gründende Universität ausdrücklich als eine „Reformuniversität“ charakterisiert, die durch weitreichende Reformansätze in den Bereichen Organisation, Forschung, Studium und Lehre dazu beitragen soll, die sogenannte Bildungskatastrophe der Nachkriegszeit zu beheben.

Tagung des Gründungsausschusses auf der Sparrenburg am 13. Juni 1966 mit Vertretern von Stadt und Landkreis Bielefeld. V.l.n.r.: Dr. Joachim Wolfgang von Moltke (Direktor der Kunsthalle Bielefeld), Prof. Dr. Harald Weinrich, unbekannt, Prof. Dr. Helmut Schelsky, Eberhard Frh. von Medem, Prof Dr. Otto Wegner (Ministerialdirigent im Kultusministerium), Prof. Dr. Horst Rollnik, Prof. Dr. Werner Conze, Else Zimmermann (Landrätin), Prof. Dr. Ernst-Joachim Mestmäcker.

Foto: Freie Presse
Quelle: Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld

Gelungene Personalpolitik
Im November 1965 konstituierten sich die Gründungsgremien der „Universität im ostwestfälischen Raum“: Gründungsausschuss und Wissenschaftlicher Beirat. Die gelungene Personalauswahl Schelskys wies – im Gegensatz zu den Gründungsausschüssen anderer Neugründungen der 1960er Jahre – weniger etablierte Gelehrte als vielmehr jüngere, vielversprechende und reformoffene Wissenschaftler auf, die im Idealfall bereit sein sollten, einen Ruf an die von ihnen geplante Universität anzunehmen.

Nach nur wenigen Monaten legte der Gründungsausschuss am 1. März 1966 mit den „Strukturmerkmalen der neuen Universität in Ostwestfalen“ das Struktur- und Reformkonzept einer ganzen – wenn auch kleinen – Universität vor, das auf der wegweisenden „Schwaghof-Tagung“ im März 1967 als „verfassungsmäßige Grundlage“ der Universität einhellig gebilligt wurde.

  • Während der Klausurtagung im Schwaghof in Bad Salzuflen am 9. März 1967. V.l.n.r.: Eberhard Frh. Von Medem, Kultusstaatssekretär Prof. Dr. Hermann Lübbe, der Bielefelder Oberbürgermeister Herbert Hinnendahl, der Bielefelder Verkehrsdirektor Josef Fuchs und Prof. Dr. Helmut Schelsky.

    Fotograf: Ed. Heidmann
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01884.
  • Vortrag des Soziologen Prof. Dr. Heinz Hartmann auf der Schwaghof-Tagung in Bad Salzuflen am 9. März 1967.

    Fotograf: Ed. Heidmann
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01885
  • Sitzung des Gründungsausschusses der Universität Bielefeld am 12. Oktober 1968 in der Lampe Bank in Bielefeld. Vorne rechts Universitätskanzler Dr. Eberhard Firnhaber, vorne vorm Kopfende der Vorsitzende des Gründungsausschusses Prof. Dr. Ernst Joachim Mestmäcker (Rückansicht), am anderen Kopfende Prof. Dr. Harald Weinrich.

    Fotograf: Ed. Heidmann
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01886
  • Sitzung des Gründungsausschusses der Universität Bielefeld am 12. Oktober 1968 in der Lampe Bank in Bielefeld.

    Fotograf: Ed. Heidmann
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01887
  • Die Soziologen Prof. Dr. Niklas Luhmann und Prof. Dr. Franz-Xaver Kaufmann am Rande der gemeinsamen Sitzung von Gründungsausschuss und Wissenschaftlichem Beirat im Rathaus der Stadt Bielefeld am 27. Januar 1969.

    Fotograf: Günter Rudolf
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01888.
  • Gemeinsame Sitzung von Gründungsausschuss und Wissenschaftlichem Beirat im Rathaus der Stadt Bielefeld am 27. Januar 1969. V.l.n.r.: Prof. Dr. Helmut Schelsky, Prof. Hartmut von Hentig PhD, Prof. Dr. Horst Rollnik, Prof. Dr. Friedrich Hirzebruch und Prof. Dr. Karl Peter Grotemeyer.

    Fotograf: Günter Rudolf
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01907.

Reformuniversität

Mit dem Beschluss des Landeskabinetts vom Oktober 1967 gingen Gründungsausschuss, Wissenschaftlicher Beirat und die für die einzelnen Fächer zuständigen Fachbereichskommissionen an die konkrete Ausformung der Strukturmerkmale. Neuartige Einrichtungen wie das Zentrum für interdisziplinäre Forschung, Universitäts- oder Forschungsschwerpunkte, das Zentrum für Wissenschaft und berufliche Praxis wurden der Öffentlichkeit präsentiert. Einige Schlagworte, die für die Reformen der neuen Universität in den Bereichen Forschung und Lehre standen, sorgten für deutschlandweites Aufsehen im Hochschul- und Wissenschaftsbereich: „Forschung als Amtspflicht der Professoren“ und damit verbunden der „jährliche Wechsel von Forschung und Lehre“ oder „struktureller numerus clausus“, womit eine festgeschriebene Betreuungsrelation von einem Professor oder einer Professorin auf 30 Studierende gemeint war, waren genauso sensationell wie „Steigerung der Ausbildungseffizienz“. Es war also nicht verwunderlich, dass diese Strukturmerkmale kontrovers diskutiert wurden – vor dem Hintergrund der an Fahrt aufnehmenden Studierendenbewegung und der zu erwartenden Studierendenschwemme.

Dabei zeigte sich jedoch schon bald, dass das mutige Reformkonzept nicht eins zu eins umsetzbar sein würde.

Ausschnitt aus der Rede des nordrhein-westfälischen Kultusministers und Vorsitzenden des Gründungsausschusses Prof. Dr. Paul Mikat anlässlich der Konstituierung des Gründungsausschusses für eine ostwestfälische Universität am 11. November 1965 in Düsseldorf.

Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, TDS 1.

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