30.08.1974

Die Universität macht Schule – Eröffnung von Laborschule und Oberstufenkolleg

Lernen auf freien Flächen statt in engen Räumen, altersgemischter Unterricht und keine Schulnoten bis zur 9. Klasse – das sind die Kennzeichen der Bielefelder Laborschule. Lernen ohne Noten in der Eingangsphase, zweiwöchige Projekte in jedem Schulhalbjahr und fächerübergreifende Grundkursprofile charakterisieren das Oberstufen-Kolleg. Als der Pädagogik-Professor Hartmut von Hentig 1968 an die Universität Bielefeld berufen wird, will er den Grundsatz Interdisziplinarität der neu gegründeten Hochschule auf die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung übertragen: Schule als „Labor“, um Theorie und Praxis direkt miteinander zu verbinden.

  • Luftaufnahme des Universitätsgeländes von Osten, im Vordergrund Laborschule und Oberstufenkolleg und dahinter das Universitätshauptgebäude, 1975.

    Fotograf: Günter Rudolf
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01548
  • Laborschule und Oberstufenkolleg nach Fertigstellung der Ausbauarbeiten am Universitätshauptgebäude, 1974.

    Fotograf: unbekannt
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 00130
  • Von Schülern gebaute Bude in der Laborschule, 1976.

    Fotograf: Jürgen Volkmann
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 00552
  • Unterricht im Maschinenschreiben in der Laborschule, 1976.

    Fotograf: Jürgen Volkmann
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 00554
  • Werkunterricht in der Laborschule, 1976.

    Fotograf: Jürgen Volkmann
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 00555
  • Blick auf ein Lernfeld in der Laborschule, ca. 1975.

    Fotograf: Jürgen Volkmann
    Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 00557

Aber Hartmut von Hentig wollte nicht nur die Lehrinhalte, sondern auch die Lehrmethoden ändern. Von 1970 bis 1974 erarbeitete eine Aufbaukommission die Lernziele und Curricula der beiden Schulen und plante die dazu passenden Schulgebäude. Eine demokratische Schulkultur, die den Schülerinnen und Schülern den Wert von Mit- und Selbstbestimmung sowie sozialer Verantwortung vermittelt, war der Grundgedanke. Die Offenheit nach innen und außen ist bis heute ein wesentliches Prinzip beider Versuchsschulen, die sich auch in der Schularchitektur widerspiegelt.

In der Laborschule beispielsweise gibt es keine Klassenräume, sondern der Unterricht findet auf sogenannten Feldern statt. Die Grundkonzeption sieht die Schule als Lebens- und Erfahrungsraum und als Gesellschaft im Kleinen. Wichtig war auch die Unterbringung beider Schulprojekte unter einem Dach, um Gemeinsamkeiten zu pflegen und Synergieeffekte zu nutzen.

Anekdote von Hartmut von Hentig, dem Gründer der Schulprojekte, zu Besonderheiten der Laborschule. Interview vom 20.10.2017.

Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FS 228

Schule als „Versuchslabor“
Am 30. August 1974 wurde das gemeinsame Gebäude der beiden Schulprojekte in einer kleinen Feierstunde an die Universität Bielefeld übergeben. Die Schultüren öffneten sich schließlich am 9. September, womit die Schulprojekte genau einen Monat vor dem Richtfest des Hauptgebäudes den Unterricht aufnahmen. Der Unterricht in der Laborschule startete mit 180 Kindern, angemeldet waren über 800.

Unterricht in der Laborschule 1985, Material aus dem Rohschnitt der Laborschulfilme.

Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld

Der Name „Laborschule“ wurde bewusst gewählt, da es sich weniger um eine Modellschule und mehr um eine Versuchsschule handeln sollte. An der Laborschule wurden und werden Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 0 (Vorschuljahr) bis 10 unterrichtet, wobei die Übergänge von einem Jahrgang zum nächsten fließend sind. Deshalb wird nach Stufen, die mehrere Jahrgänge zusammenfassen, unterteilt, die sich teilweise überschneiden und so altersgemischte Gruppen bilden. Das Oberstufen-Kolleg hatte zuvorderst den konzeptionellen Auftrag den Übergang von der allgemeinen Bildung zum Fachstudium didaktisch zu vermitteln.