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EU-Projekt: Vertrauenswürdige KI für bessere Entscheidungen 


Text: Lisa Janowski

Wie können Unternehmen fundierte Entscheidungen treffen – schneller, effizienter und gleichzeitig fairer? Mit dieser Frage beschäftigt sich das europäische Promotionsnetzwerk CoRDS (Confident Data-Driven Decision Support, übersetzt: Zuverlässige datengestützte Entscheidungshilfe). Das Projekt, das von der Universität Bielefeld koordiniert wird, erhält über das Programm Marie Skłodowska-Curie Actions (MSCA Doctoral Networks) von der EU bis 2029 insgesamt 4,6 Millionen Euro Förderung. In CoRDS werden 15 Doktorand*innen an der Schnittstelle von Forschung und Praxis ausgebildet. Ziel ist es, die nächste Generation von KI-gestützten Entscheidungssystemen zu entwickeln – und die Expert*innen gleich mit.

Ob es um die gerechte Verteilung von Blutspenden, die effiziente Steuerung von Schiffscontainern oder die faire Zuteilung von Ressourcen im Gesundheitswesen geht – Organisationen stehen heute vor komplexen, dynamischen und oft widersprüchlichen Entscheidungsproblemen. Herkömmliche Werkzeuge aus der Optimierungsforschung (Operations Research, OR) sind zwar mathematisch ausgefeilt, erfordern aber meist detailliertes Expert*innenwissen und reagieren nur begrenzt auf neue Daten. Durch Methoden des maschinellen Lernens (Machine Learning, ML) lassen sich wiederum große Datenmengen verarbeiten und daraus Muster erkennen, sie sind jedoch oft intransparent und ungeeignet für Entscheidungsfindung unter komplexen Nebenbedingungen.

KI-Systeme im Einklang mit ethischen Prinzipien

Genau hier setzt CoRDS an: OR und ML werden zu datenbasierten Optimierungsverfahren kombiniert, die strukturiert vorgehen. CoRDS entwickelt diese Methoden nicht nur weiter, sondern sorgt mit einem gezielten Trainingsprogramm dafür, dass sie in die Praxis überführt werden – etwa bei Partnern wie Hapag-Lloyd, Allianz, Sanquin, Elsevier, OPTANO oder Cargoful. Das Besondere daran: Die Methoden sollen nicht nur technisch leistungsfähiger, sondern auch vertrauenswürdig im Sinne europäischer KI-Regulierungen sein – also erklärbar, robust, fair und nachvollziehbar.

Im Zentrum von CoRDS steht ein interdisziplinäres Doktorand*innennetzwerk mit 15 individuell betreuten Promotionsprojekten. Die Forschungsthemen reichen von Deep Reinforcement Learning (Tiefes Verstärkungslernen) für Logistikprozesse, über transparente Zuordnungsverfahren in wissenschaftlichen Begutachtungssystemen, bis hin zu fairen Optimierungsmodellen für Organtransplantationen. Alle Doktorand*innen durchlaufen mindestens eine mehrmonatige Industrie-Secondment bei einem der Unternehmenspartner, um die entwickelten Methoden direkt an realen Problemen zu erproben. Ergänzt wird dies durch PhD-Schools, Online-Seminare, eine geplante MOOC-Serie (offene Online-Kurse) sowie gemeinsame Publikationen, Open-Source-Toolboxen und Benchmarks, um den Wissenstransfer nachhaltig zu sichern.

Ein Mann mit schwarzem Sakko, weißem Hemd und Brille steht vor einer Betonwand.
„Mit CoRDS schaffen wir eine Brücke zwischen zwei Welten – Optimierungsforschung und maschinelles Lernen. Dabei entwickeln wir nicht nur innovative Technologien, sondern auch eine neue Generation von Expert*innen, die diese verantwortungsvoll einsetzen können. Uns geht es um praxisnahe, vertrauenswürdige Systeme, die Organisationen in ganz Europa dabei unterstützen, bessere Entscheidungen zu treffen – und das im Einklang mit ethischen Prinzipien.“
Professor Dr. Kevin Tierney, Koordinator des Projekts

Warum CoRDS ein europäisches Schlüsselprojekt ist

Das Projekt ist laut Tierney in mehrfacher Hinsicht von strategischer Bedeutung für die europäische Innovationslandschaft: Erstens stelle es ein dringend benötigtes Ausbildungsangebot für ein neues Berufsprofil bereit – Expert*innen an der Schnittstelle zwischen KI, Optimierung und Ethik. Zweitens fördert es den Aufbau vertrauenswürdiger KI-Systeme, die mit den neuen EU-Regulierungen im Einklang stehen und auf gesellschaftliche Akzeptanz zielen. Drittens fokussiert CoRDS auf reale Anwendungsfelder mit hoher gesellschaftlicher Relevanz: Transport, Gesundheit, Energieeffizienz, Publikationsprozesse und Industrieproduktion. Nicht zuletzt leistet das Projekt einen Beitrag zu mehreren UN-Nachhaltigkeitszielen, etwa zur Klimaschutzstrategie, zum Zugang zu Gesundheitsversorgung und zu mehr Chancengleichheit.

Innovatives Ausbildungsnetzwerk

Das EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizont 2020“ fördert das Netzwerk als Marie Skłodowska-Curie Innovative Training Network (Innovative Ausbildungsnetzwerk, ITN). Durch die neuen Bewilligungen ist die Universität Bielefeld an insgesamt zwölf ITN beteiligt. Die Netzwerke forschen unter anderem in den Disziplinen Chemie, Erziehungswissenschaft, Informatik, Physik, Psychologie und Wirtschaftswissenschaften. Fünf dieser Netzwerke leitet die Universität Bielefeld als Koordinatorin.

Übersicht Marie Skłodowska-Curie Actions an der Universität Bielefeld